Opposition lehnt das Projekt als völlig unzureichend ab
Wien (pk) - Der Finanzausschuss sprach sich am 19.11. unter dem Vorsitz seines Obmannes Günter
Stummvoll für die Einrichtung einer Transparenzdatenbank und eines Transparenzportals aus, das BürgerInnen
über staatliche Leistungen und ihr durchschnittliches Monatseinkommen informieren soll. Mehr Transparenz bei
den Sozialtransfers sollen es dem Staat erlauben, seine Leistungen systematisch zu erfassen, gerechter aufeinander
abstimmen und Missbrauch abzustellen. Die Oppositionsparteien lehnten das aus ihrer Sicht ungenügend durchdachte
und mangelhaft vorbereitete Projekt entschieden ab. Wegen verspätet vorgelegter S-V-Abänderungsanträge
und der Weigerung der Koalitionsparteien, den Ausschuss zum Studium der Unterlagen zu unterbrechen, verließen
die Vertreter des BZÖ die Sitzung unter Protest.
Plenumsreif machte der Finanzausschuss EU-Anpassungen im Bankwesengesetz. BankmitarbeiterInnen sollen – eine Lehre
aus der Krise - künftig nicht für kurzfristige Gewinne durch riskante Geschäfte, sondern für
nachhaltige Leistungen im langfristigen Interesse der Institute belohnt werden. Ein neues E-Geld-Gesetz 2010 regelt
den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr mit elektronischem Geld, die Aufsicht der E-Geld-Institute durch
die FMA und den Schutz der Kunden. Außerdem passierten ein Beitrag Österreichs zur Stärkung der
Liquidität des IWF und eine neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Bulgarien den Ausschuss. Der Antrag der Abgeordneten
Gabriela Moser (G) auf Weiterführung der Konjunkturmaßnahme "Sanierungsscheck" wurde vertagt,
nachdem Staatssekretär Andreas Schieder die Abgeordneten über die Absicht der Bundesregierung informierte,
die 2009 erfolgreiche Aktion zur Förderung der thermische Gebäudesanierung im April des kommenden Jahres
fortzusetzen.
Transparenzdatenbank und Transparenzportal
Abgeordneter Robert Lugar (B) sprach sein Bedauern darüber aus, dass von den Ankündigungen des Finanzministers,
mehr Transparenz in die Sozialtransfers zu bringen, nichts übrig geblieben sei. Das vorliegende Transparenzdatenbankgesetz,
das nur den Leistungsempfängern, nicht aber den Behörden Zugriff auf die Daten einräumt, könne
nichts bringen und sei als "reine Geldverschwendung" abzulehnen.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) schloss sich den Ausführungen Lugars an und sprach von einem "katastrophalen
Projekt", das nicht funktionieren kann. So sei es etwa völlig unmöglich, die realen Kosten für
einzelne Studenten auszuweisen oder Familienbeihilfen und Gesundheitsausgaben individuellen Leistungsempfängern
zuzuordnen. Unlösbar seien auch die Datenschutzprobleme. Öllinger schloss mit der Feststellung, "bei
der Transparenzdatenbank handelt es sich um ein Fiaskoprojekt, das mit Transparenz nichts zu tun hat".
Abgeordneter Bernhard Themessl (F) bekannte sich grundsätzlich zur Idee, mehr Transparenz in das Transfersystem
zu bringen und auch Wirtschaftsförderungen einzubeziehen, warnte aber vor zusätzlichen bürokratischen
Belastungen der Unternehmen und lehnte die Vorlage ab.
Auch Abgeordneter Peter Westenthaler (B) hielt den Gesetzesentwurf für einen "Rohrkrepierer" und
riet den Regierungsparteien, ein falsch konzipiertes Projekt abzublasen, von dem nicht zu erwarten sei, dass es
zu mehr Transparenz bei den Sozialleistungen führe.
Abgeordneter Alois Gradauer (F), der prinzipiell ebenfalls für mehr Transparenz im Sozialwesen eintrat, hielt
es für äußerst zweifelhaft, dass der vorliegende Entwurf zu brauchbaren Ergebnissen führen
könne. Gradauer riet dazu, sich mehr Zeit für die Ausarbeitung eines brauchbaren Gesetzestextes zu nehmen.
Man sollte das "Riesenprojekt" Transparenzdatenbank schrittweise verwirklichen.
Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) trat der aus ihrer Sicht übertriebenen Kritik der Oppositionsparteien entgegen
und sprach sich im Interesse der wünschenswerten Transparenz im Sozialsystem nachdrücklich dafür
aus, dem Projekt Transparenzdatenbank eine Chance zu geben.
Staatssekretär Reinhard Lopatka unterstrich die Notwendigkeit, eine Gesamtdarstellung der Leistungen der öffentlichen
Hand für die einzelnen Transferbezieher zu erhalten und trat der Auffassung entgegen, die öffentliche
Hand würde keinen Nutzen von der Datenbank haben. Die Behörden werden die Datenbankauszüge, die
ihnen von den Bürgern bei Antragsstellungen zukommen, verarbeiten, sagte der Staatssekretär. Österreich
habe eine hohe Sozialquote und daher ein großes Interesse daran, sich einen besseren Überblick über
die Verteilung der Mittel zu verschaffen.
Der Gesetzentwurf wurde nach Ablehnung eines oppositionellen Vertagungsantrages in der Fassung eines von Abgeordnetem
Jakob Auer (V) eingebrachten Abänderungsantrages der Koalitionsparteien mit technischen Änderungen mit
S-V-Mehrheit angenommen. Eine Ausschussfeststellung galt der Unterstützung von Personen ohne eigenen Internetzugang
und der Einrichtung einer Schlichtungsstelle für den Fall von Streitigkeiten zwischen den Daten liefernden
Stellen und der Bundesregierung.
Prämien für nachhaltige Leistungen von Bankmitarbeitern
Eingangs der Debatte zur Änderung des Bankwesengesetzes legte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) einen umfangreichen
Abänderungsantrag mit technischen Ergänzungen, redaktionellen Verbesserungen und Klarstellungen sowie
weiteren Anpassungen an EU-Bestimmungen vor, was Proteste von Seiten der Oppositionsparteien auslöste, die
auf die Einhaltung der 24 Stunden-Frist für die Vorlage von Abänderungsanträgen drängten.
"Unter Protest", wie B-Mandatar Peter Westenthaler sagte, verließen er und sein Fraktionskollege
Robert Lugar unmittelbar vor der Abstimmung über die Änderung des Bankwesengesetzes den Saal.
Westenthalers Vorschlag, die Sitzung zu unterbrechen, war in der Minderheit geblieben. Ohne ausreichende Zeit,
den von SPÖ und ÖVP erst kurz vor Beginn der Sitzung eingebrachten Abänderungsantrag zu prüfen,
sei ein ordnungsgemäßer parlamentarischer Ablauf nicht möglich, kritisierte Westenthaler und bezeichnete
das Vorgehen der Regierungsparteien als "unfassbar" - das BZÖ nehme nicht an "Scheinabstimmungen"
teil.
Auch Grüne und Freiheitliche kritisierten das Vorgehen der Regierungsparteien. Sowohl Ruperta Lichtenecker
(G) als auch Wolfgang Zanger (F) unterstützten Westenthalers Antrag auf Unterbrechung der Sitzung. Auch Lichtenecker
hielt fest, dass sie den Abänderungsantrag nicht habe prüfen können und forderte getrennte Abstimmungen
über die Gesetzesvorlage und den Abänderungsantrag. Ausschussobmann Günter Stummvoll (V) räumte
ein, dass die Vorgehensweise "nicht optimal" gewesen sei, hielt aber die von den Grünen verlangte
getrennte Abstimmung für einen gangbaren Weg.
Auf die Vorlage inhaltlich eingehend sprach Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) im Hinblick auf die Regierungsvorlage
von einem Schritt in die richtige Richtung und stimmte der Vorlage ebenso zu wie die FPÖ, für die sich
auch Abgeordneter Zanger prinzipiell positiv geäußert hatte. Die Beurteilung des Abänderungsantrages
behielten sich die beiden im Ausschuss verbliebenden Oppositionsparteien bis zur Abstimmung im Plenum vor.
Für die Plenardebatte kündigten die Abgeordneten Kai Jan Krainer und Peter Michael Ikrath (V) weitere
Abänderungen an, mit denen, wie Ikrath ausführte, dem Umstand Rechnung getragen werden soll, dass die
EU-Richtlinie in erster Linie auf große Banken ziele, in denen in der Vergangenheit Bonifikationsexzesse
beobachtet wurden, was auf die vielen kleinen österreichischen Institute nicht zutreffe, wo daher Ausnahmeregelungen
erforderlich seien.
Staatssekretär Andreas Schieder erläuterte die Zielsetzung, Anreize für kurzfristige Risikogeschäfte
zu Gunsten von Leistungen für langfristig positive Entwicklungen in den Banken zurückzudrängen.
Elektronisches Geld erleichtert den Zahlungsverkehr
In der Debatte über das neue EU-konforme E-Geld-Gesetz 2010, das die Einrichtung spezieller Institute für
Elektronisches Geld fördern soll, gab Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) eine grundsätzlich positive
Wortmeldungen ab. Staatssekretär Andreas Schieder führte auf Detailfragen – auch des Abgeordneten Wolfgang
Zanger (F) – aus, er erwarte sich nur einen geringen Zusatzaufwand bei der FMA durch die Aufsicht über E-Geld-Institute.
Der Staatssekretär rechnet auch in Zukunft nur mit wenigen E-Geld-Instituten, wohl aber mit E-Geld- Angeboten
von Telekomunternehmen. Im Detail erläuterte der Staatssekretär die neuen Konsumentenschutzregelungen,
die Erweiterung der Informationspflichten und die Möglichkeit, E-Geld vollständig in echtes Geld zurückzutauschen.
– Die Regierungsvorlage wurde in Abwesenheit der Vertreter des BZÖ mit S-V-G-Mehrheit verabschiedet.
Krise erhöht den Liquiditätsbedarf des IWF
Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise braucht der Internationale Währungsfonds von seinen Mitgliedsländern
mehr Geld. Österreich soll mit 4,07 Mrd. € zur Neuen Kreditvereinbarung des IWF beitragen. Im schlechteste
Fall kann sich aus diesem Engagement der OeNB für die Republik eine um maximal 25,2 Mio. € reduzierte Gewinnabfuhr
der Notenbank ergeben.
Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) kündigte an, seine Fraktion werde nicht zustimmen, da man prinzipiell einen
anderen Zugang zur Lösung der Finanzkrise habe und das Vorgehen im Falle Griechenlands abgelehnt habe. Es
zeichne sich bereits ein Umdenken ab, wenn etwa von Seiten der deutschen Regierung bereits Überlegungen zu
einer eventuellen Zweiteilung der Eurozone angestellt würden. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) sprach
ebenfalls die unterschiedliche Entwicklung der Wirtschaft in Europa an, die gemeinsame Währung sei aber ein
wesentlicher Faktor des Zusammenhalts. Es sei richtig, das System zu stabilisieren, allerdings müsse man die
Rolle des IWF auch kritisch sehen, er habe vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit durch rigide Auflagen für
die ärmsten Länder der Welt oft eine fragwürdige Rolle gespielt.
Abgeordneter Wilhelm Molterer (V) verwies darauf, dass der IWF die einzige globale Institution sei, die in Finanzkrisen
eingreifen habe könne, wovon letztlich auch Österreich profitiere. Man solle dies auch nicht mit dem
europäischen Rettungsschirm für die Eurozone verwechseln, sagte er in Richtung von Abgeordnetem Podgorschek.
Der IWF sei außerdem ein wichtiger Faktor in der Entwicklungspolitik. Auch Abgeordneter Christoph Matznetter
(S) unterstrich die Rolle des IWF, ihn nicht zu unterstützen, wäre kontraproduktiv. Abgeordneter Alois
Gradauer (F) bekräftigte die Kritik seiner Partei am Agieren des IWF und der EU in der Finanzkrise. Abgeordneter
Werner Kogler (G) nahm die Debatte zum Anlass, den Standpunkt der Grünen in währungspolitischen Fragen
zu unterstreichen. Es könne nicht angehen, dass man durch Schutzschirme den Staat für die spekulativen
Risiken, die Private auf sich genommen hätten, bezahlen lasse. Man müsse mehr Druck auf diejenigen ausüben,
deren Verhalten die Krise ausgelöst habe, ihren Anteil zur deren Bewältigung zu leisten. Abgeordnete
Petra Bayr (S) teilte die Kritik am Agieren des IWF in entwicklungspolitischen Fragen in früheren Jahren,
es habe hier aber eine positive Entwicklung stattgefunden, die es weiter voranzutreiben gelte.
Staatssekretär Reinhold Lopatka stellte klar, dass die Mittel für den IWF nicht das Budget belasten,
sondern die OeNB beträfen. Es hätten auch alle Mitgliedsländer des IWF die Beteiligung an der Maßnahme
zugesichert. Für den österreichischen Finanzstandort habe das Eingreifen des IWF, etwa im Falle Ungarns,
positive Auswirkungen gehabt. Der Antrag wurde mehrheitlich (bei Abwesenheit von B) angenommen.
Neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Bulgarien
Dann machte der Finanzausschuss ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Bulgarien plenumsreif, das das v eraltete
Übereinkommen aus dem Jahr 1983 ersetzen soll. Der Antrag wurde ohne Debatte mit S-V-G-Mehrheit (in Abwesenheit
von B) angenommen.
Regierung will Aktion zur thermischen Sanierung fortsetzen
Der Antrag der Abgeordneten Gabriela Moser (G) auf Weiterführung der erfolgreichen Konjunkturmaßnahme
"Sanierungsscheck" wurde auf Antrag von Abgeordnete Petra Bayr (S) mit S-V-Mehrheit (in Abwesenheit des
BZÖ) vertagt. Abgeordnete Bayr verwies darauf, dass der Antrag erst mit Vorliegen der genauen Budgetzahlen
sinnvoll debattiert werden könne. Man arbeite derzeit an einem neuen Zuschussmodell, das sicher stellen soll,
dass thermische Sanierungen im privaten Wohnbau gerade von denen in Anspruch genommen werden können, deren
Wohnsituation am schlechtesten ist. Man denke hier an verschiedene Kredit- und Darlehensmodelle.
Die Antragstellerin hatte die Debatte mit der Frage eröffnet, woher die von Wirtschaftsminister Mitterlehner
für die Maßnahme angekündigten 100 Mio. € kommen würden. In den ihr bisher bekannten Budgetplänen
seien bisher nur 50 Mio. € ausgewiesen. Sie freue sich prinzipiell, dass mit der Ankündigung des Wirtschaftsminister,
die Aktion ab April des kommenden Jahres fortzusetzen, ein langjähriges Anliegen der Grünen umgesetzt
werde. Sie vermisse aber noch die Behandlung von zwei weiteren Anträgen, die sie zur Förderung des Energiesparens
eingebracht habe, im Ausschuss. Staatssekretär Andreas Schieder erläuterte, dass die Regierung übereingekommen
sie, die Mittel zur Hälfte aus dem Ressort der Umweltministers und zur anderen Hälfte aus dem Wirtschaftsressort
bereitzustellen. Die genauen Zahlen würden mit dem Budgetbegleitgesetz vorgelegt werden. Ausschussobmann Günter
Stummvoll sprach sich dafür aus, bei Vorliegen des Budgets auch die beiden Anträge von Abgeordneter Moser
zu behandeln. |