Mittelstandsbericht: Konjunkturpakete konnten Einbruch abfedern
Wien (pk) - Österreich schneide bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise im europäischen
Vergleich besonders gut ab. Dies sei neben den rasch umgesetzten und richtig dosierten Konjunkturpaketen vor allem
der Stärke unserer kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu verdanken, schickt Wirtschaftsminister Reinhold
Mitterlehner im Vorwort zum Mittelstandsbericht 2010 voraus. Die KMU seien das Rückgrat der heimischen Wirtschaft,
weil sie solide Werte schaffen, flexibel auf neue Herausforderungen reagieren können und gleichzeitig auf
Innovationen setzen, heißt es darin weiter.
Dieser Befund wird nun durch Daten und Fakten des Berichts untermauert. So waren im Jahr 2009 in der marktorientierten
Wirtschaft rund 299 000 KMU, das sind 99,6 % aller österreichischen Unternehmen, tätig. Diese beschäftigten
etwa zwei Drittel aller Erwerbstätigen bzw. 62 % aller ArbeitnehmerInnen und erzielten rund 60 % aller Umsatzerlöse
sowie 57 % der Bruttowertschöpfung der marktorientierten Wirtschaft.
Ein Blick auf die Größenklassen zeigt, dass es sich bei mehr als einem Drittel aller KMU um Unternehmungen
mit nur einem Beschäftigten, sogenannte Ein-Personen-Unternehmen handelte. Mehr als die Hälfte aller
KMU waren Kleinstbetriebe mit 2 bis 9 Beschäftigten, knapp 11 % der Betriebe waren Arbeitgeber für 10
bis 49 Personen, in rund 2 % der Unternehmen waren 50 bis 249 Personen beschäftigt.
Im Jahr 2009 waren fast 75 000 KMU im Handel tätig, dieser Sektor stellte damit fast ein Viertel aller KMU
in Österreich dar und war damit der größte Wirtschaftsbereich. Danach folgten die freiberuflichen
Dienstleistungen (knapp 55 000 KMU) und die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe (mehr als 45 000 KMU).
Wirtschaftskrise trifft auch Österreichs KMU
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise waren auch für Österreichs Betriebe spürbar und zeigten sich
vor allem in rückläufigen Beschäftigungs- und Umsatzzahlen. Am stärksten sanken sowohl die
Zahl der Arbeitskräfte (um fast 4 %) als auch die Umsätze (- 12 %) im produzierenden Bereich. Während
das nominelle Umsatzminus im Handel mit 5,5 % höher ausfiel als bei den sonstigen Dienstleistungen (- 4,7
%), war der Beschäftigungsrückgang in den beiden Sektoren mit jeweils rund 1 % in etwa gleich. Von einer
stabilen privaten Nachfrage konnte hingegen der Einzelhandel profitieren, dessen Umsatz 2009 gegenüber 2008
real nur um 0,3 % schrumpfte. Die Tourismusbetriebe wiederum verzeichneten 2009 das schlechteste Ergebnis seit
2004, wobei, wie der Bericht zu bedenken gibt, der Rückgang ausschließlich auf die internationalen Gäste
(Nächtigungen: - 3,2 %) zurückzuführen ist, während die Nächtigungszahlen bei den heimischen
Gästen um 1,7 % gestiegen sind. Im internationalen Vergleich schnitt der österreichische Tourismus allerdings
gut ab und konnte auch während der angespannten Konjunkturphase Marktanteile dazugewinnen.
Der Bericht erinnert weiters an die Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise gesetzt
wurden und hebt dabei das Finanzhilfepaket, die beiden Konjunkturpakete, die Arbeitsmarktpakete, die Steuerreform
und die Ökoprämie hervor. Mit Maßnahmen in der Größenordnung von 3,5 % des nominellen
BIP 2008 zähle Österreich zu jenen Ländern, die gemessen an der Wirtschaftsleistung die stärksten
Konjunkturimpulse gesetzt haben, resümiert der Bericht.
Österreichs KMU im internationalen Vergleich
Breiten Raum widmet der Bericht der EU-Ebene und geht dabei von dem 2008 von der Europäischen Kommission vorgestellten
Small Business Act (SBA) aus, der einen Rahmen für die europäische KMU-Politik schafft und in zehn Grundsätzen
Ziele festlegt und Maßnahmen vorschlägt. Österreich hat sich im Dezember 2008 zur Umsetzung des
SBA verpflichtet. Das nun jährlich für jedes Mitgliedsland erscheinende "SBA Fact Sheet" ermöglicht
eine Bestandsaufnahme der aktuellen KMU-Politik und einen europäischen Vergleich, wobei alle zehn Grundsätze
anhand von 88 Indikatoren beleuchtet werden.
Was etwa die unternehmerische Initiative betrifft, so ist in Österreich der Wunsch, selbständig tätig
zu sein, geringer ausgeprägt als im EU-Durchschnitt. Auch der Anteil der UnternehmerInnen an der Gesamtbevölkerung
ist hierzulande niedriger als im EU-Mittel, dafür gibt es aber überdurchschnittlich viele Unternehmen
mit hohem Wachstum. Gut schneidet Österreich auch bei der unternehmerischen Ausbildung ab.
Hinsichtlich des Prinzips "Vorfahrt für KMU" ("Think Small First"), das den Auftrag enthält,
für ein KMU-freundliches Umfeld zu sorgen, verweist der Bericht auf eine Studie, der zufolge in Österreich
die benötigte Zeit zur Erfüllung von Verwaltungsauflagen unter dem EU-Durchschnitt liegt. Etwa gleich
hoch wie im EU-Mittel ist laut dieser Studie der Anteil der KMU, die sich mit Problemen aufgrund von Verwaltungsvorschriften
konfrontiert sehen. Der Bericht hebt in diesem Zusammenhang das Entbürokratisierungsprogramm der Bundesregierung
und insbesondere die Initiative" Verwaltungskosten senken für Unternehmen" und das "One-Stop-Shop-Prinzip"
hervor und stellt im Übrigen fest, Österreich liege bei der Umsetzung des Grundsatzes, der eine KMU-freundliche
Verwaltung anstrebt, über dem EU-27-Schnitt. Spitzenwerte werden Österreich dabei vor allem in Sachen
E-Government-Angebot attestiert. So sind die wesentlichen Grunddienstleistungen der Verwaltung hierzulande zu 100
% online verfügbar, während der europäische Mittelwert in diesem Bereich bei bloß 59 % liegt.
Beim Grundsatz "Finanzierung", mit dem der SBA den erleichterten Zugang der KMU zu Krediten und Risikokapital
anstrebt, weist der europäische Vergleich Österreich einen Platz im Mittelfeld zu. Der Anteil der KMU,
die Probleme beim Zugang zu Finanzierungen haben, ist geringer als der EU-Durchschnitt. Unterdurchschnittlich fallen
in Österreich allerdings auch die Indikatoren zum Anteil von Risikokapital und Garantien am BIP aus.
Einen Nachholprozess ortet der Bericht überdies bei der Nutzung der Vorteile des Binnenmarktes durch die österreichischen
KMU. In der Gesamtbetrachtung des diesbezüglichen SBA-Grundsatzes liegt Österreich im europäischen
Mittelfeld, was vor allem auf Verzögerungen bei der Umsetzung überfälliger EU-Richtlinien zurückgeführt
wird. Gut ist Österreich hingegen im Bereich Innovation positioniert. So liegt etwa der Anteil der KMU mit
Beteiligung an Innovationstätigkeiten mit 49 % klar über dem EU-Schnitt von 36 %. Im EU-Schnitt rangieren
Österreichs KMU in Sachen Internationalität, der Anteil der Betriebe mit Auslandsinvestitionen ist in
Österreich aber überdurchschnittlich hoch. |