Wien (pk) - Wer bei der Hinterziehung von Abgaben betrügerisch, bandenmäßig und gewalttätig
vorgeht oder illegal Tabakwaren herstellt, muss künftig mit schwereren Strafen rechnen. Das sieht eine Finanzstrafgesetz-Novelle
2010 vor, die das Nationalratsplenum einstimmig beschloss. Vereinfachte und schnellere Prozesse sollen Finanzsündern
das Leben zusätzlich erschweren. Dazu kommt ein mit S-V-F-G-Mehrheit verabschiedetes Betrugsbekämpfungsgesetz
2010 gegen Schwarzarbeit in der Baubranche und Steuerhinterziehungen bei Zahlungen ins Ausland für Leistungen
im Inland.
Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und Abgabenbetrug
Abgeordneter Robert LUGAR (B) beklagte den Umstand, dass es immer wieder Firmen mit einer zweifelhaften Geschäftspraxis
gebe. Allerdings sei zu bezweifeln, ob die geplante Reaktion darauf wirklich zweckmäßig sei, denn seiner
Ansicht nach sei der vorliegende Entwurf über das Ziel hinausschießend.
Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) meinte, man brauche alle Härte des Gesetzes, um Betrügern das
Handwerk legen zu können, man müsse dabei aber darauf achten, dass nicht jene unter die Räder kämen,
die von der komplexen Gesetzesmaterie schlicht überfordert seien. Hier brauche es also die nötige Balance,
und das sei mit der Vorlage, wie der Redner erklärte, recht gut gelungen. Man sei also optimistisch, das anvisierte
Ziel mit diesem Entwurf zu erreichen.
Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) attestierte der Vorlage, in Teilbereichen die richtigen Antworten auf konkrete
Probleme zu geben. Allerdings vermisse er eine Neuregelung bei der Produktpiraterie, so der Redner. Hier bestehe
nach wie vor Handlungsbedarf, denn die Produktpiraterie sollte in das Finanzstrafrecht eingebaut werden.
Abgeordneter Jan KRAINER (S) sagte, er verstehe nicht, weshalb sein Vorredner nicht dem Gesetz zustimme, habe er
sich doch hörbar in Lobeshymnen über den Entwurf ergangen. Krainer selbst zählte weitere positive
Aspekte der vorliegenden Materie auf und empfahl die Annahme der in Rede stehenden Vorlage, sich über die
zu erwartende breite Zustimmung freuend.
Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) würdigte die Verdienste der KMU für den heimischen Arbeitsmarkt. Dennoch
gebe es in Einzelfällen grobe Verstöße gegen die Regeln, und gegen diese schwarzen Schafe müsse
man entsprechend vorgehen. Allerdings dürfe ein solches Vorgehen nicht nur unter den Auspizien einer Budgetsanierung
gesehen werden, mahnte der Redner.
Abgeordneter Werner KOGLER (G) forderte entsprechendes Vorgehen gegen Steuerkriminalität und zeigte sich überzeugt
davon, mit dem vorliegenden Maßnahmenbündel einen Schritt in die richtige Richtung setzen zu können.
Hier habe man es einmal mit einer Vorlage zu tun, die auch von der Opposition begrüßt werden könne,
resümierte der Redner.
Staatssekretär Reinhold LOPATKA dankte für die sachliche Debatte und zeigte sich erfreut darüber,
dass die Vorlage mehr Lob als Kritik geerntet habe. Die Regierung könne glaubwürdig den Beweis führen,
alles gegen Betrug zu unternehmen. Der Redner erläuterte die Zielsetzungen dieses Entwurfs und vertrat die
Ansicht, diese Vorlage biete eine gute Grundlage, diese Ziele auch zu erreichen, da man auch pekuniär wie
personell die nötige Unterstützung zur Verfügung stelle.
Abgeordneter Peter HAUBNER (V) sprach von einem ausgewogenen Gesamtpaket, mit dem man es hier zu tun habe. Die
redlichen Unternehmer würden unterstützt, unlauterer Wettbewerb hingegen falle entsprechender Verfolgung
anheim, und das sei zu begrüßen.
Abgeordnete Laura RUDAS (S) bekräftigte, Steuerhinterziehung sei kein Kavaliersdelikt. Um ein flächendeckendes
Gesundheitssystem und weitere staatliche Leistungen zu gewährleisten, müsse jeder einen solidarischen
Beitrag leisten, unterstrich sie. Als besonders wichtig wertete Rudas zudem Steuergerechtigkeit.
Abgeordneter Roman HAIDER (F) kündigte die Zustimmung der FPÖ zu beiden vorliegenden Gesetzentwürfen
an, auch wenn seine Fraktion, wie er sagte, nicht mit allen Details zufrieden sei. Zum einen gehen der FPÖ
manche Bestimmungen nicht weit genug, andere Punkte seien "überschießend". Was nicht sein
könne, sei, dass von der Sozialversicherung gebilligte Werkverträge später von Finanzamtprüfern
in Frage gestellt würden, unterstrich Haider, Unternehmen bräuchten Rechtssicherheit.
Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) äußerte die Hoffnung, mit den vorliegenden Gesetzesnovellen insbesonders
"große Fische" im Bereich der Steuerhinterziehung zu erwischen. In einer Zeit, in der das Budget
knapp sei, müsse man das Augenmerk verstärkt auf die Eintreibung zu bezahlender Steuern richten, bekräftigte
sie. Besonders begrüßt wurden von Tamandl auch bürokratische Vereinfachungen für vom Finanzamt
geprüfte Unternehmen und Adaptierungen bei der Selbstanzeige. Selbstanzeigen könnten nunmehr bei jedem
Finanzamt eingebracht werden.
Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) äußerte sich mit einzelnen Bestimmungen der Gesetzesvorlagen zufrieden
und wies etwa auf die Verlängerung der Verjährungsfrist hin.
Abgeordneter Konrad STEINDL (V) machte darauf aufmerksam, dass für "Finanzbetrügereien" künftig
Geldstrafen bis zu 10 Mio. € und Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren drohten. Generell drängte er in Bezug auf
Steuerfragen auf mehr Rechtssicherheit für Unternehmen.
Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) äußerte die Überzeugung, dass die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe
Steuerhinterziehern "das Leben ein Stückchen schwerer machen". Er ging im Detail auf einzelne Gesetzesbestimmungen
ein und betonte, die neuen Möglichkeiten im Kampf gegen Steuerbetrug und Abgabenhinterziehung dürften
nicht zu Lasten der ArbeitnehmerInnen gehen. Kaipel wies auch auf die erwarteten Mehreinnahmen in der Höhe
von 100 Mio. € hin.
Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) hielt fest, in einem Land mit einem Körperschaftssteuersatz für Unternehmensgewinne
von 25% sei es "mehr als angemessen", anfallende Steuern auch zu bezahlen. Er glaubt, dass die Steuermoral
in den letzten Jahren aufgrund der maßvollen Steuersätze gestiegen ist. Bartenstein zufolge ist es notwendig,
strikt gegen Steuerbetrug in großem Stil vorzugehen, es gehe um Kriminalität und Wettbewerbsverfälschung.
Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) meinte, er glaube nicht, dass Steuerbetrug in Österreich weit verbreitet
sei, wenn es jedoch keinen Betrug geben würde, bräuchte man das vorliegende Betrugsbekämpfungsgesetz
nicht. Haberzettl erwartet sich durch die neuen Bestimmungen mehr Fairness und mehr Steuergerechtigkeit.
Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) kündigte die Zustimmung des BZÖ zum Betrugsbekämpfungsgesetz
trotz deutlicher Bedenken seiner Fraktion gegen manche Bestimmungen des Gesetzes an. Man müsse aber ein Signal
setzen, dass Steuerhinterziehung nicht akzeptiert werde, argumentierte er. Kein Verständnis äußerte
Scheibner, dass manche Unternehmen, vor allem im Bankensektor, kaum noch Steuern zahlten.
Abgeordneter Jakob AUER (V) warnte vor zu viel Bürokratie für die Wirtschaft. Das könnte vor allem
für kleine Betriebe zum "Bumerang" werden, die sich im Gegensatz zu großen Unternehmen keine
Berater leisten könnten, mahnte er. "Schärfer nachschauen" muss man Auer zufolge bei Steuerbetrug
in großem Stil.
Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) gratulierte Finanzstaatsekretär Reinhold Lopatka zum vorliegenden Gesetz
und sprach sich dafür aus, das Augenmerk bei Steuerprüfungen verstärkt auf organisierten Steuerbetrug
zu richten. Es sei wichtig, die "wirklichen Täter" zu verfolgen und nicht "die Kleinen"
zu kriminalisieren, meinte er.
Abgeordneter Franz HÖRL (V) äußerte sich ebenfalls zustimmend zur vorliegenden Gesetzesnovelle
und hob etwa den Kampf gegen Schwarzarbeit am Bau hervor. Positiv ist für ihn außerdem die vorgesehene
Verfahrensvereinfachung für "kleinere Fälle". Dezidiert wandte sich Hörl gegen die Einführung
einer "Reichensteuer".
Die Finanzstrafgesetz-Novelle 2010 und das Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 wurden vom Nationalrat einstimmig
verabschiedet. Die dem Bericht des Finanzausschusses zum Betrugsbekämpfungsgesetz angeschlossenen Entschließungen
fand ebenfalls einhellige Zustimmung. |