Salzburg (universität) - Die Universität Salzburg vergab heuer bereits zum 5. Mal den Erika Weinzierl
Preis für eine hervorragende Abschlussarbeit aus dem Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung. Die Jury
entschied sich für Dr. Anna Wildt mit Ihrer Dissertation „Frauenspezifische Aspekte im Flüchtlingsrecht“.
„Die Arbeit zeichnet sich nicht nur durch ihre wissenschaftliche Relevanz für die Frauen- und Geschlechterforschung
aus, sondern gibt ebenso Einblick in die aktuelle Asylpolitik und Rechtsprechung“, betonte Jurymitglied Universitätsprofessor
Dr. Ralph Poole. Der Preis ist mit 1500,- Euro dotiert.
Anna Wildt beschäftigt sich in Ihrer Dissertation mit dem Blick der österreichischen Behörden und
Gerichte auf die Fluchtvorbringen von Frauen, die vor Diskriminierung, vor familiärer Gewalt und vor Genitalverstümmelung
nach Österreich flüchten. Die Untersuchung der Rechtspraxis zeigt, wie Flüchtlingsfrauen bei der
Flucht nach Österreich von einer geschlechterhierarchisch strukturierten Gesellschaft in die nächste
geraten und dabei benachteiligt werden können. Das wird auf die fehlende Vertrautheit der Judikative mit dem
Genderbegriff und auf traditionelle Rechtsprechungslinien zurückgeführt.
Mögliche Hürden für Frauen sind stereotype Rollenbilder im Ermittlungsverfahren und in der Rechtsauslegung.
Die Alltagsdiskurse über Geschlecht, über Wirtschaftsflüchtlinge und über Herkunftsländer
schlagen sich in der Beurteilung nieder. In der Dissertation wird die österreichische Rechtsprechung mit den
Empfehlungen des Flüchtlingshochkommissars (UNHCR) und der internationalen Auslegungspraxis zur geschlechtsspezifischen
Verfolgung verglichen. Die Unstimmigkeiten machen deutlich, dass der österreichische Gesetzgeber gefordert
ist, um zu einer einheitlichen Auslegungsweise und einer gendergerechten Beurteilung der Fluchtvorbringen von Frauen
zu gelangen.
Anna Wildt war Rechtsberaterin für Flüchtlinge und Opferschutzexpertin. Sie verfügt über jahrelange
Erfahrung in der Beratung und Prozessbegleitung für AsylwerberInnen und MigrantInnen u. a. im Gewaltschutzzentrum
und bei der Caritas Salzburg. Dies kommt in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit besonders durch die gelungene Querverbindung
zwischen Theorie und Praxis zum Ausdruck. Die hervorragende Arbeit wurde im Jan-Sramek-Verlag unter dem Titel „Frauen
im Asylrecht“ verlegt.
Mit der Verleihung eines Wissenschaftspreises, der diese interdisziplinären Inhalte würdigt, wird ein
wichtiger Beitrag zur Anerkennung von Frauen- und Geschlechterforschung geleistet. Gleichzeitig wird das (wissenschafts-)politische
Ziel, Geschlechterdemokratie zu fördern, öffentlichkeitswirksam unterstützt. Als Namensträgerin
für den Preis konnte die Grande Dame der österreichischen Zeitgeschichtsforschung, em. Univ.-Prof.in
Erika Weinzierl, gewonnen werden. Sie hat über Jahre in Forschung und Lehre an der Paris Lodron Universität
Salzburg gewirkt – damals als eine der ersten Professorinnen Österreichs. Der Preis wurde vom Frauenbüro
der Stadt Salzburg und der Stabsstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Frauenförderung
gestiftet. |