Wissenschafts- und Forschungsministerin skizziert neue Strukturen bei Finanzierung der außeruniversitären
Forschung – künftig drei thematische Säulen
Wien (bmwf) - Wissenschafts- und Forschungsministerin Dr. Beatrix Karl hat am 16.11. in einem gemeinsamen
Pressegespräch mit dem stv. Forschungsrat-Vorsitzenden Rektor Dr. Peter Skalitzky die neue Struktur der künftigen
Forschungsfinanzierung skizziert. „Wir stellen die Förderung für außeruniversitäre Forschung
auf neue Beine“, so die Ministerin. Anstelle der seit den 1970er Jahren bestehenden Basissubvention für außeruniversitäre
Einrichtungen und Vereine sollen künftig drei thematische Säulen stehen:
- Anreizbildung zur Integration von Forschungsexzellenz in bestehende Strukturen (Universitäten, ÖAW)
- Sicherung der EU-Rückflüsse
- Stärkung der Forschungsinfrastruktur im Bereich Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK)
Die Eckpfeiler des Budgets des Wissenschafts- und Forschungsministeriums (Universitäten, Fachhochschulen,
Wissenschaftsfonds FWF, Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Ludwig Boltzmann Gesellschaft, Institute
of Science and Technology Austria, Studienförderung) bleiben von den notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen
unberührt. In anderen Bereichen sind aber Einsparungen und damit zum Teil schmerzliche Einschnitte notwendig,
begründet die Ministerin das Einstellen der Basissubvention für außeruniversitäre Einrichtungen
und Vereine (ab 2012; für 2011 stehen noch Mittel in Höhe von vier Millionen Euro für begleitende
Maßnahmen zur Verfügung). „Es ist allerdings keine reine Budgetmaßnahme – es ist vor allem auch
eine Strukturreform, die seit längerem von mehreren Seiten empfohlen wird und wo es zweifelslos Handlungsbedarf
gibt“, verweist Beatrix Karl auf Empfehlungen des Wissenschaftsrates, des Rates für Forschung- und Technologieentwicklung
sowie des Rechnungshofes. „Österreich ist geprägt von einer kleinteiligen, sehr fragmentierten außeruniversitären
Forschungslandschaft. Künftig gilt es die Exzellenz zu bündeln und damit auch die internationale Sichtbarkeit
sowie die Inter- und Transdisziplinarität zu stärken“, so das Ziel des Ministerin.
Die Basissubventionen wurden in den 1970er Jahren und damit in einer Zeit eingeführt, als die Universitäten
keine Möglichkeit hatten, rasch auf Veränderungen wie etwa neue Forschungsfelder zu reagieren. „Die Basissubvention
entstand aus der Grundidee der ‚Anschubfinanzierung‘ und war nicht als Daueranspruch konzipiert“, betont Karl.
Mit dem Universitätsgesetz 2002 haben die Universitäten nun die notwendigen und flexiblen Instrumente
in der Hand und somit wird auch eine Änderung des bisherigen Finanzierungssystems, das stärker auch den
Charakter von „Wettbewerb statt Gießkanne“ haben soll, ermöglicht. Neben den drei institutionellen Säulen
der außeruniversitären Forschungslandschaft (ÖAW, LBG und IST Austria) soll es künftig drei
thematische Säulen geben:
1. Anreizbildung zur Integration von Forschungsexzellenz in bestehende Strukturen (Universitäten,
ÖAW)
Die auch auf europäischer Ebene voranschreitende Entwicklung zur stärkeren Konzentration in der
Forschungslandschaft macht vor Österreich nicht halt. 2002 hat etwa die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG)
erfolgreich begonnen, ihre kleinteilige Struktur in effiziente und wirkungsorientierte Institute umzuwandeln und
auch in der ÖAW läuft ein Prozess, der kleine Forschungseinrichtungen zu größeren Einheiten
zusammenfasst. Ziel der Ministerin ist es, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen verstärkt
in bestehende Strukturen wie die Universitäten und ÖAW zu integrieren. „Die Aufnahmebereitschaft der
Universitäten ist gegeben“, verwies die Ministerin auf erste Schritte an der Universität Graz und der
TU Wien. „Damit können wir aufgebaute Exzellenz dieser Einrichtungen an den Universitäten und der ÖAW
nachhaltig sichern“, dies sei insbesondere im sehr fragmentierten Bereich der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
notwendig. Es gebe daher eine Einladung mit einem entsprechenden Angebot und (finanziellen) Anreizen an Institutionen
und Universitäten, entsprechende Verhandlungen miteinander und mit dem Ressort zu führen. Kriterien sind
aus Sicht der Ministerin unter anderem eine starke kompetitive Einwerbung von Drittmitteln (FWF, FFG, private Unternehmen),
Rückflüsse aus den EU-Rahmenprogrammen, Einwerbung von hohen Preisen und Auszeichnungen (z.B. ERC, Wittgenstein,
START), wissenschaftlichen Publikationen und die Nachwuchsförderung.
2. Sicherung der EU-Rückflüsse im Bereich der außeruniversitären Forschungseinrichtungen
der GSK
Um EU-Rückflüsse zu sichern, gewährt das BMWF mit Wirkung vom 1. Jänner 2011 finanzielle
Unterstützung bei der Teilnahme an genehmigten Projekten im 7. EU-Rahmenprogramm. Mittels Teilfinanzierung
von Projektkosten, die zur Durchführung des Projekts unabdingbar sind, aber nachweislich nicht durch EU-Förderung
gedeckt werden, sollen so die Rückflüsse und damit wichtige Mittel für die Einrichtungen gesichert
werden. Dieses Instrument steht allen außeruniversitären Einrichtungen im Bereich GSK zur Verfügung,
und wird – je nach Projekt – zwischen 10 und 25 Prozent der EU-Förderung betragen. „Diese Maßnahme ist
ein wichtiger Hebel zur Stärkung der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften“, unterstreicht die Ministerin.
Die Abwicklung soll über die Forschungsförderungsgesellschaft FFG nach dem Prinzip „one-stop-shop“ erfolgen.
3. Stärkung der Forschungsinfrastruktur im Bereich GSK
Für jene derzeit geförderten Institutionen, die vor allem im Bereich der Archivierung und Dokumentation
von zeitgeschichtlichen Materialien tätig sind, wird die Möglichkeit eines „Dokumentationsnetzwerks der
politischen Ideengeschichte nach 1918“ überprüft. Dieses Netzwerk bildet als GSK-Infrastruktur eine wichtige
Voraussetzung, die den wissenschaftlichen, interdisziplinären Austausch ermöglicht. „Wir wollen hier
zunächst mit einem virtuelles Netzwerk beginnen, das dann kontinuierlich wachsen soll“, so die Ministerin.
Wichtig ist dabei, dass ein inhaltlicher Diskurs ermöglicht wird, der interdisziplinär und transdisziplinär
gestaltet ist und durch die Vernetzung auch die internationale Sichtbarkeit gefördert wird.
Bereits bisher hat das Ministerium mit zahlreichen der betroffenen Institutionen sehr gute und konstruktive Gespräche
geführt. „In das nun vorliegende Modell sind auch bereits Überlegungen aus den Gesprächen eingeflossen,
es entspricht also den Bedürfnissen der Einrichtungen aus der Praxis“, so die Ministerin. Für die skizzierten
Maßnahmen und Anreizbildungen stehen im kommenden Jahr vier Millionen Euro aus der bisherigen Basissubvention
zur Verfügung, weiters werden – entsprechend Bedarf und Nachfrage – Mittel aus den 80 Millionen Euro Offensivmittel
zur Verfügung stehen.
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