Mitterlehner: Mehr Wettbewerb und Kundenrechte am Energiemarkt    

erstellt am
16. 11. 10

Leichterer Lieferantenwechsel, mehr Transparenz und Liberalisierung erhöhen Wettbewerb
Wien (bmwfj) - Der Ministerrat hat am 16.11. ein Gesetzespaket beschlossen, mit dem das dritte Energiebinnenmarktpaket der Europäischen Union umgesetzt wird. Konkret handelt es sich um Novellen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) sowie des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG). "Damit bringen wir den Wettbewerb am Energiemarkt in Fahrt und stärken die Kundenrechte", betont Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner. "Gleichzeitig schaffen wir optimale Rahmenbedingungen für Investitionen ins Energiesystem und verbessern dadurch die Versorgungssicherheit mit Energie. Daher ist dieses Paket ein wichtiger Umsetzungsschritt der Energiestrategie Österreich", so Mitterlehner.
Stärkung der Rechte von Stromkunden

Die Novelle stärkt die Rechte von Haushalten und Gewerbebetrieben bei der Stromversorgung. Künftig gilt beim Lieferantenwechsel eine Drei-Wochen-Frist, bisher basierte der Wechsel nur auf Marktregeln und dauerte bis zu acht Wochen. Insbesondere sozial Schwache werden künftig besser geschützt - konkret durch eine Höchstpreisregelung für Abschaltkosten, Vorauszahlungszähler und Mahngebühren. Bisher verrechneten die Anbieter bis zu 70 Euro für Ab- und Anschaltungen, künftig wird dieser Betrag mit 30 Euro begrenzt. Vorauszahlungen sinken auf maximal eine Monatsrate, bisher wurden bis zu drei Raten verlangt. Darüber hinaus wird ein Recht auf Grundversorgung für private Endverbraucher sowie kleine Unternehmen (weniger als 50 Beschäftigte, Jahresumsatz von maximal zehn Millionen Euro, Verbrauch bis zu 100.000 Kilowattstunden) verankert.

Weitere Vorteile für die Kunden bringen eine zentrale Anlauf- und Beschwerdestelle bei der Regulierungsbehörde sowie die gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators. Die Gas- und Stromlieferanten sind verpflichtet, alle preisrelevanten Daten elektronisch zu übermitteln, damit genauere Rankings möglich sind. Um die Transparenz weiter zu erhöhen, werden künftig auch auf Rechnungen sowie Werbematerial verpflichtend mehr Informationen aufscheinen. Das gilt besonders für Preise, Tarife und die Zusammensetzung der Primärenergieträger.
Entflechtung belebt Wettbewerb

Änderungen gibt es gemäß den EU-Vorgaben für Verteilernetzbetreiber, die Unternehmen und Haushalte direkt beliefern. Diese müssen finanziell und personell unabhängig vom Mutterunternehmen agieren können, der Markenauftritt (Logo, Name etc.) muss künftig so erfolgen, dass die Kunden klar zwischen Netzbetreiber und Strom-Erzeuger unterscheiden können. Dafür müssen aber keine überflüssigen Parallelstrukturen geschaffen werden. Entsprechende Präzisierungen hat das Wirtschaftsministerium nach der Begutachtung in die Erläuterungen zur Novelle eingearbeitet. Dadurch konnten Bedenken bezüglich der Wahrung der Zuständigkeit der Bundesländer ausgeräumt werden. Diese sind - so wie bisher - für die Umsetzung der Entflechtungsregelung zuständig. Die bisher gültige Rechtslage wurde in diesem Punkt lediglich an die EU-Richtlinie angepasst.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Entflechtung der Übertragungsnetzbetreiber (Höchstspannungsnetz) von den übrigen Aktivitäten eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens. Dadurch kommt es zur Trennung der Netze von Erzeugung und Vertrieb des Stroms, um so mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Für die davon betroffenen Unternehmen Verbund, TIWAG und VKW stehen drei Modelle zur Auswahl:

  1. Der unabhängige Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator - ITO): dabei ist das Übertragungsnetz - wie schon bisher - in einer separaten Gesellschaft ausgelagert, darf aber im bestehenden Konzern bleiben. Es gelten jedoch nun strikte Trennungsvorschriften. Der ITO muss über ausreichende eigene personelle, technische und finanzielle Ressourcen verfügen, um unabhängig am Energiemarkt agieren zu können. Auch im Außenauftritt muss eine klare Unterscheidung zur Muttergesellschaft gegeben sein. Laut bisherigen Angaben werden alle drei heimischen Unternehmen dieses Modell wählen.
  2. Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell: dabei wird das Übertragungsnetz vollständig herausgelöst und verkauft.
  3. Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator - ISO): das Eigentum darf beim bisherigen Betreiber bleiben. Das gesamte Netz wird aber von einem gänzlich unabhängigen Unternehmen gemanagt.

Dieses Unbundling wird auf Basis eines EU-Zertifizierungsverfahrens durchgeführt, während die E-Control die Einhaltung der Vorschriften prüft. Die endgültige Genehmigung ist von einer Zustimmung der EU-Kommission abhängig.
Umbau der E-Control nach Vorbild der FMA

Aufgrund der EU-Richtlinie ist ein Umbau der Regulierungsbehörde E-Control notwendig: Demnach darf es nur eine einzige nationale und unabhängige Regulierungsbehörde sowie eine unabhängige Berufungsinstanz geben. Um diesen Vorgaben entsprechen zu können, hat sich das Wirtschafts- und Energieministerium für die Konstruktion einer Anstalt öffentlichen Rechts nach dem Vorbild der Finanzmarktaufsicht (FMA) entschieden. Der Vorstand wird künftig aus zwei Mitgliedern bestehen, das Vier-Augen-Prinzip ist angesichts der steigenden Kompetenzen - wie zum Beispiel im Konsumentenschutz, bei der Kosten- und Tarif-Festelllung sowie bei der Überwachung des "Unbundling" - wichtig und sinnvoll.
Höhere Versorgungssicherheit, mehr Energieeffizienz

Zudem steigt die Versorgungssicherheit durch langfristige Planungen und Investitionsanreize für die Unternehmen. So wird der Ausbau der Leitungen durch die Festschreibung der "Anreizregulierung" unterstützt. Die Systemnutzungsentgelte für die Netzbetreiber müssen eine angemessene Vergütung für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur sowie neue Investitionen in das Netz darstellen - sofern diese wirtschaftlich und effizient getätigt werden. Zudem ist vorgesehen, dass die Übertragungsnetzbetreiber der Regulierungsbehörde jährlich einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan vorlegen. Darin müssen die Unternehmen präsentieren, wie sie die hohe Qualität der Leitungen sichern wollen.

Die Novelle des ElWOG schafft darüber hinaus den rechtlichen Rahmen für die effiziente Einführung von intelligenten Mess-Systemen für den Stromverbrauch. Diese tragen zum effizienteren Einsatz von Energie bei und ermöglichen die bessere Integration erneuerbarer Energieträger in die Stromnetze.

Bis zum 3. März 2011 müssen die meisten Bestimmungen des Gesetzespakets in Kraft getreten sein. Für die Entflechtungs-Regelung gilt eine Frist bis zum 3. März 2012.

     
zurück