Leichterer Lieferantenwechsel, mehr Transparenz und Liberalisierung erhöhen Wettbewerb
Wien (bmwfj) - Der Ministerrat hat am 16.11. ein Gesetzespaket beschlossen, mit dem das dritte Energiebinnenmarktpaket
der Europäischen Union umgesetzt wird. Konkret handelt es sich um Novellen des Elektrizitätswirtschafts-
und -organisationsgesetzes (ElWOG) sowie des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG). "Damit bringen
wir den Wettbewerb am Energiemarkt in Fahrt und stärken die Kundenrechte", betont Wirtschafts- und Energieminister
Reinhold Mitterlehner. "Gleichzeitig schaffen wir optimale Rahmenbedingungen für Investitionen ins Energiesystem
und verbessern dadurch die Versorgungssicherheit mit Energie. Daher ist dieses Paket ein wichtiger Umsetzungsschritt
der Energiestrategie Österreich", so Mitterlehner.
Stärkung der Rechte von Stromkunden
Die Novelle stärkt die Rechte von Haushalten und Gewerbebetrieben bei der Stromversorgung. Künftig gilt
beim Lieferantenwechsel eine Drei-Wochen-Frist, bisher basierte der Wechsel nur auf Marktregeln und dauerte bis
zu acht Wochen. Insbesondere sozial Schwache werden künftig besser geschützt - konkret durch eine Höchstpreisregelung
für Abschaltkosten, Vorauszahlungszähler und Mahngebühren. Bisher verrechneten die Anbieter bis
zu 70 Euro für Ab- und Anschaltungen, künftig wird dieser Betrag mit 30 Euro begrenzt. Vorauszahlungen
sinken auf maximal eine Monatsrate, bisher wurden bis zu drei Raten verlangt. Darüber hinaus wird ein Recht
auf Grundversorgung für private Endverbraucher sowie kleine Unternehmen (weniger als 50 Beschäftigte,
Jahresumsatz von maximal zehn Millionen Euro, Verbrauch bis zu 100.000 Kilowattstunden) verankert.
Weitere Vorteile für die Kunden bringen eine zentrale Anlauf- und Beschwerdestelle bei der Regulierungsbehörde
sowie die gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators. Die Gas- und Stromlieferanten sind verpflichtet, alle preisrelevanten
Daten elektronisch zu übermitteln, damit genauere Rankings möglich sind. Um die Transparenz weiter zu
erhöhen, werden künftig auch auf Rechnungen sowie Werbematerial verpflichtend mehr Informationen aufscheinen.
Das gilt besonders für Preise, Tarife und die Zusammensetzung der Primärenergieträger.
Entflechtung belebt Wettbewerb
Änderungen gibt es gemäß den EU-Vorgaben für Verteilernetzbetreiber, die Unternehmen und Haushalte
direkt beliefern. Diese müssen finanziell und personell unabhängig vom Mutterunternehmen agieren können,
der Markenauftritt (Logo, Name etc.) muss künftig so erfolgen, dass die Kunden klar zwischen Netzbetreiber
und Strom-Erzeuger unterscheiden können. Dafür müssen aber keine überflüssigen Parallelstrukturen
geschaffen werden. Entsprechende Präzisierungen hat das Wirtschaftsministerium nach der Begutachtung in die
Erläuterungen zur Novelle eingearbeitet. Dadurch konnten Bedenken bezüglich der Wahrung der Zuständigkeit
der Bundesländer ausgeräumt werden. Diese sind - so wie bisher - für die Umsetzung der Entflechtungsregelung
zuständig. Die bisher gültige Rechtslage wurde in diesem Punkt lediglich an die EU-Richtlinie angepasst.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Entflechtung der Übertragungsnetzbetreiber (Höchstspannungsnetz)
von den übrigen Aktivitäten eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens. Dadurch kommt
es zur Trennung der Netze von Erzeugung und Vertrieb des Stroms, um so mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Für
die davon betroffenen Unternehmen Verbund, TIWAG und VKW stehen drei Modelle zur Auswahl:
- Der unabhängige Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator -
ITO): dabei ist das Übertragungsnetz - wie schon bisher - in einer separaten Gesellschaft ausgelagert, darf
aber im bestehenden Konzern bleiben. Es gelten jedoch nun strikte Trennungsvorschriften. Der ITO muss über
ausreichende eigene personelle, technische und finanzielle Ressourcen verfügen, um unabhängig am Energiemarkt
agieren zu können. Auch im Außenauftritt muss eine klare Unterscheidung zur Muttergesellschaft gegeben
sein. Laut bisherigen Angaben werden alle drei heimischen Unternehmen dieses Modell wählen.
- Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell: dabei wird das Übertragungsnetz vollständig
herausgelöst und verkauft.
- Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator - ISO): das Eigentum darf beim bisherigen Betreiber
bleiben. Das gesamte Netz wird aber von einem gänzlich unabhängigen Unternehmen gemanagt.
Dieses Unbundling wird auf Basis eines EU-Zertifizierungsverfahrens durchgeführt, während die E-Control
die Einhaltung der Vorschriften prüft. Die endgültige Genehmigung ist von einer Zustimmung der EU-Kommission
abhängig.
Umbau der E-Control nach Vorbild der FMA
Aufgrund der EU-Richtlinie ist ein Umbau der Regulierungsbehörde E-Control notwendig: Demnach darf es nur
eine einzige nationale und unabhängige Regulierungsbehörde sowie eine unabhängige Berufungsinstanz
geben. Um diesen Vorgaben entsprechen zu können, hat sich das Wirtschafts- und Energieministerium für
die Konstruktion einer Anstalt öffentlichen Rechts nach dem Vorbild der Finanzmarktaufsicht (FMA) entschieden.
Der Vorstand wird künftig aus zwei Mitgliedern bestehen, das Vier-Augen-Prinzip ist angesichts der steigenden
Kompetenzen - wie zum Beispiel im Konsumentenschutz, bei der Kosten- und Tarif-Festelllung sowie bei der Überwachung
des "Unbundling" - wichtig und sinnvoll.
Höhere Versorgungssicherheit, mehr Energieeffizienz
Zudem steigt die Versorgungssicherheit durch langfristige Planungen und Investitionsanreize für die Unternehmen.
So wird der Ausbau der Leitungen durch die Festschreibung der "Anreizregulierung" unterstützt. Die
Systemnutzungsentgelte für die Netzbetreiber müssen eine angemessene Vergütung für die Aufrechterhaltung
der Infrastruktur sowie neue Investitionen in das Netz darstellen - sofern diese wirtschaftlich und effizient getätigt
werden. Zudem ist vorgesehen, dass die Übertragungsnetzbetreiber der Regulierungsbehörde jährlich
einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan vorlegen. Darin müssen die Unternehmen präsentieren, wie
sie die hohe Qualität der Leitungen sichern wollen.
Die Novelle des ElWOG schafft darüber hinaus den rechtlichen Rahmen für die effiziente Einführung
von intelligenten Mess-Systemen für den Stromverbrauch. Diese tragen zum effizienteren Einsatz von Energie
bei und ermöglichen die bessere Integration erneuerbarer Energieträger in die Stromnetze.
Bis zum 3. März 2011 müssen die meisten Bestimmungen des Gesetzespakets in Kraft getreten sein. Für
die Entflechtungs-Regelung gilt eine Frist bis zum 3. März 2012.
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