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Bohuslav Fuchs - Architekt der Tschechischen Avantgarde |
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9. Dezember 2010 bis 18. März 2011 Ausstellungszentrum im Ringturm Wien (vig) - Der Architekt Bohuslav Fuchs (1895-1972) gilt als der Hauptvertreter des "Brünner Funktionalismus", wie die Zeit zwischen den Weltkriegen architekturhistorisch bezeichnet wird. In Brünn erstreckt sich diese Periode der "klassischen Moderne" - in Tschechien auch Modernismus genannt - in ihren letzten Arbeiten bis in die späten 1940er Jahre. Mit zahlreichen realisierten Bauten sowie mit städtebaulichen und regionalplanerischen Arbeiten war Bohuslav Fuchs wie kein anderer während dieser Zeitspanne nicht nur in Mährens Hauptstadt sondern auch im gesamten Land aktiv. Verstärkt arbeitete er ab Ende der 1930er Jahre auch in der Slowakei. Mit seinem teilweise auch internationalen fachspezifischen Engagement und als Hochschullehrer hat er Studierende und Fachwelt nachhaltig beeinflusst. Die Reihe "Architektur im Ringturm" der Vienna Insurance Group widmet sich in ihrer jüngsten Ausstellung einer außergewöhnlichen Architektenpersönlichkeit, die jahrzehntelang "vor den Toren Wiens" gewirkt hat. Tschechien in der Zwischenkriegszeit In den 1920er und 1930er Jahren erlebte die nach dem ersten Weltkrieg gegründete Republik Tschechoslowakei, bedingt durch die gegebene Selbständigkeit, einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Aufgrund ihrer florierenden Textilindustrie wurde die Stadt Brünn auch gerne das "Manchester Tschechiens" genannt. Dieser im Gegensatz zur Misere im deutschsprachigen, kleinen Rest der Donaumonarchie stehende gesellschaftliche und wirtschaftliche Wohlstand ermöglichte die notwendig gewordene Realisierung zahlreicher Bauten für Wohnen, Bildung, Kultur und Freizeit. Bohuslav Fuchs konnte Dank dieser glücklichen Ausnahmesituation schon als junger Architekt erfolgreich ins Baugeschehen einsteigen: insgesamt konnte er von seinen mehr als 500 Projekten während der gesamten Berufslaufbahn die außergewöhnlich hohe Zahl von beinahe 150 in Bauten realisieren. Leben und Schaffen Bohuslav Fuchs studierte in Prag an der Akademie der bildenden Künste bei Jan Kotera - einem Schüler von Otto Wagner - in dessen Büro er nach seinem Diplom auch zwei Jahre arbeitete. 1923 kehrte er nach Mähren zurück und ließ sich in Brünn nieder. Vorerst war er im Rahmen des Stadtbauamtes als Architekt tätig, 1929 gründete er ein eigenständiges Bauatelier. Zahlreiche Entwürfe und Bauten - eigenverantwortlich bereits als beamteter Architekt - entstanden, er konnte in kurzer Zeit auch sein eigenes, heute bekanntes Haus errichten. Parallel zur Bautätigkeit pflegte Fuchs auch internationale Kontakte zur Fachwelt. Er nahm u.a. an den mittlerweile legendären CIAM Kongressen (Congrès Internationaux de l'Architecture Moderne) als Vertreter der Tschechoslowakei (zusammen mit Frantisek Kalivoda) teil und pflegte in der Folge regen Kontakt mit Le Corbusier und anderen Spitzenvertretern der klassischen Moderne Europas. In seinem eigenen Land war er u.a. ab 1928 Mitglied der Künstlergruppe Mánes, der noch heute bestehenden Organisation der bildenden Künstler in der Tschechoslowakei oder der von Karel Teige begründeten, linken Avantgarde-Gruppe Devetsil. Mit den Inneneinrichtungen vieler seiner eigenen Bauten und dem zeitweisen Betrieb eines Einrichtungshauses und einer Textilfirma hat Fuchs sich auch in die Tradition der gehobenen Möbelkultur eingeschrieben. Neben diesen Aktivitäten beschäftigte sich Bohuslav Fuchs auch mit Planungen größeren Maßstabs: mit vielen oft auch umgesetzten Städtebauentwürfen sowie Landes- oder Regionalplanungen trug er auch zur planerischen Neustrukturierung Mährens und seiner Städte bei. Die Rezeption seines Werkes ist durch das Fehlen einer grundsätzlichen Aufarbeitung erschwert: nur wenige Publikationen mit einer Werkauswahl - zumeist in tschechischer Sprache - behandeln bisher sein Werk (1930 von Zdenek Rossmann; 1966 von Zdenek Kudelka, 1985 von Miloš Crhonek; zuletzt 1986 von Mihály Kubinsky). Die Beschäftigung auf internationalem Niveau findet durch regelmäßig stattfindende Exkursionen bzw. Artikel in diversen Zeitschriften oder durch Beteiligungen an Ausstellungen über den "Brünner Funktionalismus" statt. Seit den 1950er Jahren gab es auch zahlreiche direkte Kontakte der damaligen Wiener Avantgarde (Achleitner, Arbeitsgruppe 4 oder Hans Puchhammer) nach Brünn zu Bohuslav Fuchs. Als 1967 die Ausstellung "Tschechoslowakische Architektur im 20. Jahrhundert" in der Wiener Sezession gezeigt wurde, nahm er die Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Architektur an, diese zu eröffnen. Im September desselben Jahres folgte dann eine Exkursion der Wiener nach Brünn, wo Fuchs zu den Bauten führte. Die bedeutendsten Werke Als Bohuslav Fuchs' berühmteste und in der Fachwelt heute gut bekannte Bauten gelten das Hotel Avion in Brünn (1927-28 für eine enge Baulücke in der Altstadt als außergewöhnliche räumliche Komposition entstanden), die Mährische Bank im Zentrum von Brünn (1928-30 mit A. Wiesner), ein heute noch genutzter Pavillon am Brünner Messegelände für die Jubiläumsausstellung 10 Jahre Tschechoslowakei (1929) sowie sein eigenes Haus in Brünn (1928). Bedeutende Bauten finden sich auch in der Slowakei, u.a. ein klar und großstädtisch gestaltetes Wohnhaus in Bratislava (Hviezdoslavovo námestie, 1935), die weithin bekannte Thermalbadanlage "Grüner Frosch" in Trencianske Teplice (1937) oder das Erholungsheim "Morava" (Tatranská Lomnica, 1931), das einen fixen Platz in einer Reihe berühmter, funktionalistischer Sanatoriumsbauten der 1930er Jahre hat. "Hotel Avion" - ursprünglich Hotel und Café Kostelecký Brünn, Ceská 20, 1927-28 Die Tiefe der Überlegung und die Großzügigkeit des Raumes und Maßstabs haben dieses Café zum international wohl bekanntesten Werk von Fuchs gemacht - große Architektur im Kleinen. Die Fertigkeit und Gewandtheit in der Gesamterscheinung begleitet hier eine große Idee und viel Mut. Enge Parzellenverhältnisse im Zentrum Brünns und das im Zuge der Planungen umfangreicher werdende Raumprogramm führten zu diesem außerordentlichen räumlichen Konzept. Um den Entwurfsgedanken bei dem nach den Seiten hin begrenzten Platzangebot umsetzen zu können, blieb nichts anderes übrig, als in die Höhe zu gehen. Damit das nicht deprimierend wirkte, war eine ausgeklügelte und sensible Gliederung der Lufträume erforderlich. Fuchs entwickelte deshalb einen Raumplan. Möglicherweise war dies von Adolf Loos, der häufig in seiner Geburtstadt Brünn weilte und den Fuchs gut kannte, oder von Heinrich Kulka beeinflusst. So gelang es, mehrere Restaurant- und Caféräumlichkeiten zu einer Einheit zu verknüpfen, die es einem ermöglicht, "aufzuatmen" und die zugleich eine gewisse Autonomie bildet. Das ganze Hotelensemble hat nur eine einzige Treppe und demnach auch nur einen einzigen Fluchtweg, einen Ausgang zur Straße ins Freie. Einschließlich Keller hat das Gebäude 11 Geschoße. Das Hotel Avion wurde zum Zentrum des intellektuellen Lebens von Brünn. Das Publikum wäre vergleichbar mit jenem des Wiener Café Hawelka nach dem Krieg. Das Haus wurde mit Ausnahme des zerstörten Eingangsportals nicht umgebaut und ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Haushaltsschule "Vesna" Brünn, Lipová 16, 1929-30 (zusammen mit Josef Polášek) Die Frauenberufsschule mit angeschlossenem Eliteinternat war zur Ausbildung von Hauswirtschafterinnen gedacht. "Vesna" war eine national angehauchte Stiftung mit dem Ziel, für die entstehenden tschechischen Eliten gut gebildeten Haus- und Ehefrauen heranzuziehen. Sie existierte bereits ab dem Ende des 19. Jahrhunderts, ihre ersten Gebäude waren Jugendstilhäuser und stammten von dem Architekten Pfeiffer aus der Jaselská-Straße direkt gegenüber dem Haus, in dem Robert Musil wohnte. Die Stiftung wurde 1885 gegründet und betrieb nach und nach mehrere Mittel- und Grundschulen für Mädchen. Das Gebäude der neuen Stiftung "Vesna" wurde in zwei deutlich getrennten Baukörpern - dem eigentlichen Schulgebäude und einem Internat - an dem einst von Weinbergen bedeckten Südwest-Steilhang des Gelben Bergs oberhalb des Stadtteils Pisárky (Schreibwald) errichtet. Fuchs entwarf es zuerst als einen kompakten Körper, den er entlang der Gefällelinie direkt gegen das Hanggefälle setzte. Dadurch wurde ein attraktiver Kontrast zwischen der Klarheit des reinen geometrischen Körpers mit den horizontal verlaufenden, lang gezogenen Fenstern und der natürlichen Dramatik des Hanges erzielt. Der zweite Körper wurde umgekehrt an die Höhenlinie gesetzt, in Kontrast und quer zum ersten Gebäude. Die Südseite besteht aus einer durchgehenden "Wabenfront", die aus den stereotom angeordneten Loggien der einzelnen Zimmer gebildet wird. Beide Gebäude werden durch einen schmalen Zwischentrakt verbunden. Das Schulgebäude wurde nicht nur mit hellen und geräumigen Unterrichtsräumen versehen, sondern auch mit technisch hervorragend ausgestatteten Küchen, Laboratorien und Werkstätten, Materialsammlungen u.ä. Bei der Konstruktion handelt es sich um ein in die Außenhaut gebettetes Eisenbetonskelett, das in einem kontinuierlichen Rahmensystem untereinander verbunden ist. An der Fassade wurde der naturweiße Kalk-Zement-Putz auf bestimmten Flächen (Balkonstirnseiten) farblich gestaltet. Das Gebäude wurde nicht umgebaut und befindet sich in gutem Zustand. Ausstellung In der Ausstellung der Reihe "Architektur im Ringturm" wird eine Auswahl der ca. 40 wichtigsten Bauten von Bohuslav Fuchs in zahlreichen noch nie gezeigten Fotos und neu verfassten Texten präsentiert. Kurator Jan Sapák, als der wohl beste Kenner seines Werkes, arbeitet in Ausstellung und Katalog seinen Weg, seine Bauten und seine Bedeutung für die moderne Architektur als Gesamtes heraus. Nicht zuletzt erlaubt zahlreiches, bisher unveröffentlichtes Material, einen neuen frischen Blick auf das Werk eines der bedeutendsten tschechischen Architekten des 20. Jahrhunderts zu werfen. |
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Informationen: http://www.vig.com | ||
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