Ferdinand Penker   

erstellt am
03. 12. 10

Das Museum Moderner Kunst Kärnten widmet seine nächste Ausstellung dem österreichischen Vertreter des Modernismus Ferdinand Penker – von 16. Dezember 2010 bis 27. Februar 2011
Klagenfurt (mmkk) - Ferdinand Penker (geb. 1950 in Klagenfurt) entwickelt seit den 1970er Jahren konsequent ein geschlossenes Œuvre, das auf der Basis konstruktiver und konkreter Ideen begründet ist und das sich unter dem Einfluss der amerikanischen Farbfeldmalerei und der Minimal Art sowie europäischer reduktiver Tendenzen formuliert. Zu nennen sind hier insbesondere die spezifische Ästhetik und Methodik der ZERO-Avantgarde und Hans Bischoffshausens, dessen Arbeiten Penker in den 1960er Jahren in der Klagenfurter Galerie Hildebrand kennen lernt. Nachweislich Spuren hinterlässt weiters die Begegnung mit dem deutsch-amerikanischen Maler, Kunsttheoretiker und -pädagogen Josef Albers 1971 in San Francisco. Die Auseinandersetzung mit den konkreten Bildelementen Linie, Fläche, Raum, Form und Farbe, die Verwendung reiner, ungemischter Farben, die Erprobung des All-Over-Prinzips und die Erörterung von Bildfläche und -raum abseits von jeglichem Gegenstandsbezug sind Faktoren, die Penkers Arbeitsweise mit jener der amerikanischen Minimalisten verbinden. Es handelt sich um Malerei über Malerei, eine Arbeitsweise, bei der in einem selbstreflexiven Verfahren die Malerei, ihre Mittel, ihr Potential und ihre Rahmenbedingungen hinterfragt und stetig erweitert werden. Penkers Werk zeichnet sich insgesamt durch seine analytische Qualität und durch die Kontinuität und Aktualität des Diskurses aus, die dem Künstler eine unikale Position innerhalb der modernistischen österreichischen Malerei einräumen.

Bereits in seinem Frühwerk in den 1970er Jahren ersinnt Penker ein verbindliches Vokabular und eine Methodik, die in der Verfolgung eines Gestaltungsgedankens innerhalb des Werks vielfältig variiert und progressiv forciert werden. Der Künstler arbeitet dabei generell in Werkblöcken und innerhalb dieser in fortschreitenden Serien. Im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit steht die Linie. Bildnerisch aus der Beschäftigung mit Raum und Architektur abgeleitet, in weiterer Folge in strukturelle Zusammenhänge überführt und gemalt, wird die Linie zum Träger der Form. Aus der seriellen Wiederholung identischer Linien bzw. Striche bilden sich flächige Ordnungen - abstrakte Kompositionen als formale Resultate der Methode des spezifisch skripturalen Farbauftrags, homogen, minimalistisch und tendenziell monochrom. Entscheidend ist die Erweiterung der Malerei in den Raum in den 1990er Jahren, die die autonome Entität des Bildes aufbricht und den Radius der Auseinandersetzung expansiv vergrößert. Das Bild wird zum Objekt.

Die Ausstellung im MMKK folgt diesem Werk- und Lebensprozess. Eröffnet wird sie mit einem von Penker als Labor oder Archiv bezeichneten Raum, in dem Skizzen, Studien und Werkzeichnungen der letzen 40 Jahre gleichsam als Ouvertüre die Werkschau einleiten. In der Folge benutzt der Künstler die gesamte Raumfolge des Museums, um die Ausstellung seiner Werke wie eine Partitur zu komponieren. Die Exponate zeigen sich in erster Linie als Malerei, darüber hinaus als Objekte und Rauminstallationen.

Hikikomori im Museum
Ein weiterer wichtiger Einflussbereich für Penkers Malerei und vor allem auch für seine Druckgrafik ist die Auseinandersetzung mit der asiatischen, insbesondere japanischen Kultur, die der Künstler vor allem während eines halbjährigen Arbeitsaufenthaltes 2008 in Tokio intensiviert.
Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist der maßstabgetreue Nachbau des Tokioter Ateliers, mit dem sich Penker auf das Phänomen des Hikikomori bezieht, das in Japan ein gesellschaftliches Phänomen der unangekündigten und selbst gewählten Isolation bezeichnet. Hikikomori werden auch jene Menschen, meist jugendliche Männer, genannt, die sich freiwillig über Monate, manchmal Jahre in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen, den Kontakt zur Gesellschaft, auch zur eigenen Familie, auf ein absolutes Minimum reduzieren und sich obsessiv mit immer gleichen Handlungen beschäftigen.

Was in der Gesellschaft als soziologisches Problem und pathologisch als psychiatrisches Syndrom identifiziert wird, begreift Ferdinand Penker als den Normalfall einer künstlerischen Existenz. In den beengten Verhältnissen seines Ateliers entwickelt er eine Rauminstallation, die im Nachvollzug dieses gesellschaftlichen Phänomens in Verknüpfung mit den eigenen Arbeitsbedingungen als Künstler eine beeindruckende Umsetzung erfährt. Der 4,9 x 2,6 m große Raum wird mittels repetitiver, ungegenständlicher, monochromer Malerei auf Papier zur Gänze "zugemalt". In sechs Monaten entstehen fünf übereinander hängende Schichten "die man aufblättern konnte wie ein Buch" und dessen "Seitenumfang so lange wachsen konnte, bis eine zunehmende Beengtheit die Arbeit behinderte und unmöglich machte."
Als Raum im Raum wurde die Kubatur des Tokioter Ateliers ins Museum Moderner Kunst transferiert. Spätestens hier wird Malerei körperlich spürbar, befindet man sich inmitten eines "Speichers der verstrichenen Zeit".
     
Informationen: http://www.mmkk.at    
     
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