Applaus für fast 13-stündigen Rederekord von Abgeordnetem Kogler
Wien (pk) -Der Budgetausschuss des Nationalrats hat seine Beratungen über die Untergruppe Finanzen
mit erheblicher Verspätung abgeschlossen. Erst nach beinahe 15-stündigen Beratungen konnte die stellvertretende
Ausschussobfrau des Budgetausschusses Gabriele Tamandl (V) die ursprünglich für Donnerstag Nachmittag
vorgesehenen Schlussabstimmungen über den Haushaltsentwurf des Bundes 2011 einleiten. Grund für die Verzögerungen
war eine fast 13-stündige "Marathonrede für Gerechtigkeit und Erneuerung" von Abgeordnetem
Werner Kogler, mit der die Grünen gegen die verspätete Vorlage des Budgets durch die Regierung protestieren
wollten. Auch BZÖ-Abgeordneter Rainer Widmann schloss sich dem Protest an, beendete seine Rede aber nach nicht
einmal einer Stunde.
Im Rahmen seines Redemarathons warf Abgeordneter Kogler der Regierung wegen der verspäteten Budgetvorlage
erneut Verfassungsbruch und Missachtung des Parlaments vor und berief sich dabei auf zahlreiche Expertenmeinungen.
Herausgekommen sei letztlich ein familien- und studentenfeindliches Budget, das keinerlei Kern der Erneuerung trage
und den Reformstau wieder nicht angehe, kritisierte er. Seine Wortmeldung, die den vom Ausschuss vorgegebenen Zeitrahmen
bei weitem überschritt, begründete Kogler mit dem Argument, die Regierung habe mit ihrem Vorgehen die
Verfassung gebrochen, da sehe auch er keine Veranlassung, sich an die Vereinbarungen des Ausschusses zu halten.
Im Einzelnen präzisierte Kogler detailliert die Einwände gegen das Budget aus der Sicht seiner Fraktion,
wobei sich der Bogen von der Universitätspolitik über die Verkürzung der Bezugsdauer von Familienbeihilfe
für die Studierenden bis hin zum Schulbereich spannte. Seine Kritik an der Regierung gipfelte dabei in den
Vorwürfen der "Feigheit" und der "Steuerlüge".
Trotz zum Teil heftiger Zwischenrufe wurde der 13-stündige Rederekord Koglers schließlich mit allgemeinem
Applaus von Seiten der Abgeordneten bedacht.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) schloss sich in seiner Rede der Kritik Koglers an und bekräftigte, das vorliegende
Budget sei in der Tat kein "großer Wurf". Man sei in vielen Bereichen einfach mit der "Rasenmähermethode"
vorgegangen, bemängelte er. Widmann kritisierte darüber hinaus generell den Umgang der Regierungsparteien
mit der Opposition und klagte, die zahlreich vorliegenden Vorschläge würden nicht ernst genommen.
Finanzstaatssekretär Andreas Schieder ließ es sich nicht nehmen, auch knapp vor drei Uhr früh
noch auf einige von Widmann aufgeworfene Fragen zu antworten.
Vor der Marathonrede Koglers waren seitens der Freiheitlichen von den Abgeordneten Wolfgang Zanger und Alois Gradauer
Bedenken anlässlich der finanziellen Situation der Gemeinden vorgebracht worden. Finanzminister Josef Pröll
meinte dazu, er unterstütze sämtliche Bestrebungen, die Gemeinden effizienter zu machen, und rechnete
angesichts des beginnenden Aufschwungs mit einer Steigerung der Zuflüsse an die Kommunen. Klar war für
Pröll überdies, dass der Beitrag zur Sanierung vor allem auch durch eine Kostenreduktion auf der Ebene
der Gemeinden geleistet werden müsse.
Was nun den Finanzausgleich betrifft, der von den Abgeordneten Maximilian Linder (F) und Christoph Matznetter (S)
thematisiert wurde, betonte Pröll, er sehe keinen Grund, die bis 2013 laufende Vereinbarung aufzuschnüren.
Bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich nach 2013 sollten aber Überlegungen angestellt werden,
wie man über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel bevölkerungsarme Gemeinden stärken
könne. Nicht bereit sei er aber, jenen Gemeinden unter die Arme zu greifen, die sich aufgrund von riesigen
Investitionen an den Rand der Insolvenz bringen, unterstrich Pröll mit Nachdruck.
Abgeordnetem Robert Lugar (B) gegenüber legte der Finanzminister ein klares Bekenntnis zum Euro-Rettungsschirm
ab, den er als notwendige Maßnahme begrüßte, um den Euro zu stabilisieren und die richtigen Antworten
für Europa zu geben. Pröll unterstützte auch die Vorhaben, nach 2013 den Schutzschirm in einen permanenten
Kriseninterventionsmechanismus umzuwandeln, der im Einzelfall abberufen werden kann. Im Budget sei jedenfalls alles
berücksichtigt worden, was im Zusammenhang mit dem Rettungsschirm und den übernommenen Haftungen steht,
stellte er klar.
Zur Kritik von Abgeordneter Tanja Windbüchler-Souschill (G) an der Kürzung der Familienbeihilfe für
Studierende bemerkte Pröll, sozial bedürftige Studenten würden nach wie vor bis zur Vollendung des
27. Lebensjahres bis zu 5000 € pro Jahr an Studienbeihilfe beziehen. Man könne aber verlangen, dass 25- bis
26-jährige Studenten in den Sommermonaten zumindest das erwirtschaften, was die Familienbeihilfe ausmachen
würde. |
Budgetdefizit des Bundes soll auf 2,6 % des BIP sinken
Der Budgetausschuss des Nationalrats gab Freitag früh grünes Licht für das Budget 2011.
Nachdem das Budgetbegleitgesetz bereits vergangene Woche den Ausschuss passierte, stimmten die Abgeordneten nun
auch mehrheitlich für den von der Regierung vorgelegten Haushaltsentwurf. In einzelnen Bereichen wurden noch
Abänderungen vorgenommen, die Eckdaten des Voranschlags ändern sich dadurch allerdings nur geringfügig.
Verzögert wurde der Beschluss durch eine fast 13-stündige "Marathonrede für Gerechtigkeit und
Erneuerung" von Abgeordnetem Werner Kogler, mit der die Grünen gegen die verspätete Vorlage des
Budgets durch die Regierung protestieren wollten. Weder dieser parlamentarische Rederekord noch eine längere
Rede von BZÖ-Abgeordnetem Rainer Widmann konnten die Abstimmung letztendlich aber verhindern. Die Opposition
stimmte geschlossen gegen den Bundesvoranschlag.
Von den gegenüber dem Regierungsentwurf vorgenommenen Abänderungen betroffen ist unter anderem die Dotierung
des Familienlastenausgleichsfonds. Damit der Fonds durch die abgefederten Kürzungen bei den Familienleistungen
nicht weiter ins Minus rutscht, muss er künftig einen geringeren Anteil an den Pensionsbeiträgen für
Kindererziehungszeiten übernehmen. Zudem fließen an den Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zusätzlich
11,6 Mio. €, die sich der Bund durch geringere Aufwendungen für den Kinderabsetzbetrag erspart.
Zur Sicherstellung der Liquidität der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) muss diese im Jahr
2011 kein Geld an das Gesundheitsministerium für zugeteilte Beamte refundieren, was Mindereinnahmen im BMSG
im Ausmaß von 14,2 Mio. € zur Folge hat. Die Abmilderung des Sparpakets für die Bauern durch die stufenweise
Absenkung beim "fiktiven Ausgedinge" verursacht im Jahr 2011 Mehraufwendungen für den Bund im Ausmaß
von 3,5 Mio. €. Der Bundesbeitrag an die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau kann dem gegenüber
durch geringere Hebesätze um 12,2 Mio. € reduziert werden.
Daneben sind verschiedene, vorwiegend technische Anpassungen, etwa in Zusammenhang mit der Ausgliederung der Heeresforstverwaltung
Allentsteig, vorgesehen. Insgesamt steigt das Budgetdefizit gegenüber dem von der Regierung vorgelegten Entwurf
um rund 50 Mio. €.
Der Nationalrat wird nun am kommenden Montag die Plenarberatungen aufnehmen, die Abstimmung über das Budget
ist für Mittwoch, den 22. Dezember anberaumt.
Konkret sind für 2011 Einnahmen in der Höhe von 62,54 Mrd. € und Ausgaben in der Höhe von 70,16
Mrd. € veranschlagt. Das entspricht einem Defizit von 2,6 % des BIP. Das gesamtstaatliche Defizit, berechnet nach
Maastricht-Kriterien, wird vom Finanzministerium für 2011 mit 3,2 % prognostiziert. Die Schuldenquote steigt
voraussichtlich auf 71,3 % des BIP.
Der Abstimmung im Budgetausschuss waren fünftägige Beratungen vorangegangen. Nach einem Expertenhearing
standen die einzelnen Ressortbudgets jeweils getrennt zur Diskussion. |