EU-Parlament verabschiedet den Haushalt 2011
Straßburg (europarl) - Das Europäische Parlament hat am 15.12. den EU-Haushaltsplan 2011
nach der Debatte am Dienstag in der Vollversammlung in Straßburg angenommen. Der verabschiedete Haushalt
2011 trägt den meisten Prioritäten der Abgeordneten Rechnung und geht nicht über die vom Rat fest
gelegten Gesamtsummen hinaus. In den diesjährigen Haushaltsverhandlungen ist es den Abgeordneten gelungen,
sich mit Rat und Kommission auf mehrere politische Forderungen im Zusammenhang mit dem EU-Haushalt zu einigen.
Die im Plenum verabschiedete Fassung des Haushaltsplans 2011 sieht mehr Mittel für alle vom Parlament vorrangig
eingestuften Politikbereiche vor. Dazu zählen Jugend, Innovation, der Friedensprozess im Nahen Osten und Palästina.
Nachfolgend einige Beispiele (alle Zahlen beziehen sich auf die Verpflichtungsermächtigungen):
- Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung - Die Abgeordneten konnten mehr Mittel für
das Programm für lebenslangen Lernen (18 Mio.), das Programm Unternehmerische Initiative und Innovation (EIP)
(10 Mio.) und das Programm Intelligente Energie - Europa (10 Mio.) aushandeln;
- Kohäsion für Wachstum und Beschäftigung - Das Parlament fügt eine neue Haushaltslinie von
2,5 Mio. € für die Ostseeraum-Strategie hinzu;
- Bewahrung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen - 6,7 Mio. € mehr für das Umweltprogramm
Life; 2 Mio. € mehr zur Unterstützung des Verwaltung der Fischerei-Ressourcen ;
- Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit - 2,35 Mio. Euro mehr für das DAPHNE-Programm zur Bekämpfung
der Gewalt gegen Frauen und Kindern; 1 Mio. Euro mehr für vorbeugende Maßnahmen gegen den Terrorismus;
- Unionsbürgerschaft - 4 Mio. Euro mehr zur Unterstützung der World Special Olympics in Athen sowie
3 Mio. Euro mehr für das Programm Jugend in Aktion;
- Die EU als globaler Akteur - 100 Mio. Euro mehr für Palästina, den Friedenprozess und das Hilfsprogramm
UNRWA.
In Hinblick auf die Gesamtsummen hat das EP den von der Kommission am 26. November vorgeschlagenen Ausgabenniveaus
zugestimmt: 141,8 Mrd. Euro an Verpflichtungsermächtigungen und 126,5 Mrd. Euro an Zahlungen. Das Parlament
hat immer dem Niveau der Verpflichtungsermächtigungen mehr Bedeutung beigemessen, da diese die Ausgaben bestimmen.
Nachdem der EU-Haushalt legalerweise kein Defizit eingehen darf, sind der Rat, das Parlament und die Kommission
übereingekommen, dass im Fall zusätzlich notwendiger Ausgaben im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtungen
EU-Berichtigungshaushalte im Laufe 2011 beschlossen werden können.
Wie in den Jahren zuvor gibt es zwei Berichterstatter für den Bereich Haushalt: Sidonia JE;DRZEWSKAJA (EVP,
Polen) ist für den Haushaltsplan der Europäischen Kommission zuständig, darunter auch die operative
Haushaltszeile, während Helga TRÜPEL (Bündnis 90/ Die Grünen, Deutschland) die Arbeit zu den
Haushaltsplänen der anderen Institutionen leitet.
Durchsetzung der politischen Forderungen des EP - Eigenmittel
Neben dem Haushalt für 2011 hat das Parlament auch eine Reihe politischer Forderungen im Zusammenhang mit
der Umsetzung der Budgetvorgaben des Lissabon-Vertrags gestellt. Das Parlament hat sieben politische Forderungen
in der Haushaltsentschließung der Oktobersitzung der Straßburger Vollversammlung angenommen. Die Hauptforderungen
betrafen die Einbeziehung des Parlaments in Gespräche über den nächsten langfristigen Haushaltsplan
und ein neues System der Eigenmittel. In Bezug auf die Eigenmittel wird die Europäische Kommission einen formellen
Vorschlag Ende Juni 2011 vorlegen. Damit wird sichergestellt, dass über die Vorschläge neuer Eigenmittel
zur gleichen Zeit wie über die zukünftige langfristige Finanzvorschau diskutiert wird. Die Einbeziehung
des Parlaments in diesen Fragen ist im Vertrag (Art. 312.5, 324 und 311) fest gelegt, die praktische Umsetzung
dieser Vorgabe musste jedoch erst ausgehandelt werden.
Einbeziehung des Parlaments in künftige Gespräche über den mehrjährigen Finanzrahmen
Nach fast zwei Monaten Verhandlungen haben die Verhandlungsführer des Parlaments eine Übereinkunft mit
der Ratspräsidentschaft erreicht, die nun von den anderen Mitgliedstaaten mitgetragen wird. Die darin festgehaltene
Zusage der nächsten vier EU-Präsidentschaften (die Regierungen Ungarns, Polens, Dänemarks und Zyperns),
das Parlament in die Gespräche einzubeziehen, hat den Abgeordneten ausreichende Sicherheiten geboten.
Das Parlament hat auch durchsetzen können, dass systematische Bewertungen des europäischen Mehrwerts
neuer Gesetzesbestimmungen und ihrer Finanzierung vorgenommen werden. Überdies sind Berechnungen vorzulegen,
welche Kosten „ohne Europa“ entstanden wären und welche Nutzen die Synergien zwischen EU- und nationalen Haushalten
generieren. So möchte das Parlament gewährleisten, dass die EU-Steuerzahler maximalen Wert für ihr
Geld bekommen.
Überdies konnte ein Kompromiss in Hinblick auf die neuen Prioritäten gefunden werden, die im Vertrag
von Lissabon vorgegeben sind, die im Haushalt 2011 bislang jedoch nicht vorgesehen waren. Die Europäische
Kommission hat sich selbst verpflichtet, zu prüfen wie diese neuen vorrangigen Bereiche im Haushalt 2012 und
2013 stärker gefördert werden können.
Anders als in den Vorjahren wurden die Diskussionen über all diese Fragen auf höchster politischer Ebene
geführt, unter Beteiligung des belgischen Premierministers Yves LETERME, des Kommissionspräsidenten José
Manuel BARROSO und vieler Staats- und Regierungschefs.
Die Flexibilitätsklausel des Haushalts, die zur Abdeckung unvorgesehener Ausgaben in Notfällen oder im
Rahmen neuer EU-Verpflichtungen dient, sowie das Problem der Finanzierung des Kernfusionsprojekts ITER müssen
zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden. In diesen Fragen konnte keine Einigung zwischen Parlament
und Rat erzielt werden.
Für jede Haushaltslinie gibt es zwei verschiedene Arten von Mittelermächtigungen: Verpflichtungen und
Zahlungen. Die Verpflichtungen beziehen sich darauf, zu wie viel sich die EU in einem bestimmten Jahr verpflichten
mag (etwa eine Vertragsunterzeichnung oder ein Ausschreibungsverfahren). Das Zahlungsniveau reguliert die eigentlichen
Zahlungen, die in jenem Jahr getätigt werden.
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Swoboda: Zustimmung zum EU-Budget - doch weitere Verhandlungen folgen
"Künftige Budgets müssen sich mehr an den Bedürfnissen der BürgerInnen
orientieren"
Wien (sk) - Das Europäische Parlament hat am 15.12. dem EU-Budget zugestimmt. Schon lange war die Höhe
des Budgets unbestritten. Die Forderungen des EU-Parlaments nach mehr Flexibilität konnten nicht erfüllt
werden, darüber muss weiter verhandelt werden. Hannes Swoboda, Vizepräsident der sozialdemokratischen
Fraktion im Europäischen Parlament, erklärt: "Vor allem geht es darum, ausreichende Finanzierungen
für diejenigen Programme zu haben, die im Rahmen von 'Europa 2020' vorgesehen sind und die Europa wirtschaftlich
und ökologisch voranbringen sollen." So wie auch in der heute beschlossenen Resolution zum Arbeitsprogramm
gefordert, sollte es vermehrte Anstrengungen geben, um in die Modernisierung unserer materiellen und immateriellen
Infrastruktur - vor allem Forschungs-Infrastruktur - zu investieren.
"Es ist nicht akzeptabel, dass Großprojekte wie der Kernfusionsreaktor vor vielen kleineren bürgernahen
Projekten, die 'grüne' Jobs schaffen können, Vorrang haben. Aber auch innerhalb der verschiedenen Ausgabenpositionen
wie der Strukturförderung sollte es zu einer klareren Beschäftigungsorientierung kommen. Die zukünftigen
Budgets müssen sich mehr an den Bedürfnissen der BürgerInnen orientieren, wenn sie breite Zustimmung
finden wollen", fordert Swoboda. Das sind die Ziele der weiteren Verhandlungen, die das Parlament mit Rat
und Kommission in den nächsten Wochen führen wird. |
Köstinger: Sichere Budgetrahmenbedingungen für EU-Agrarpolitik geschaffen
Planungssicherheit für unsere Bäuerinnen und Bauern gewährleistet
Straßburg (övp-pd) - "Ich begrüße die Einigung auf das EU-Budget für das
Jahr 2011. Vor allem unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen sichere Rahmenbedingungen damit die Planungssicherheit
gewährleistet ist. Die 12tel Regelung hätte manche Staaten, die bereits Agrarzahlungen geleistet haben,
in ernste Finanzierungsnöte gebracht", so die ÖVP-Agrarsprecherin Elisabeth Köstinger zur Abstimmung
des EU-Budgets.
Gerade im Agrarbereich besteht eine große Abhängigkeit von EU- Zahlungen. Die Direktzahlungen stehen
EU-weit für 40 Prozent des Bauerneinkommens und schaffen, angesichts niedriger Erzeugerpreise, hoher Produktionskosten
und Marktschwankungen, Sicherheit. Die Maßnahmen aus dem Programm der Ländlichen Entwicklung kommen
wiederum direkt dem ländlichen Raum zu Gute und beleben regionale Wirtschaftskreisläufe. "Österreichische
Betriebe profitieren stark von beiden Maßnahmen. 58 Prozent des jährlichen Agrarbudgets in Österreich
kommen aus der EU", unterstreicht Köstinger.
Die Aufgaben der Landwirte in der EU sind vielfältig und verantwortungsvoll. "Unsere Bauern produzieren
Lebensmittel auf höchsten Standards und im Einklang mit nachhaltigen Leistungen für den Klima- und Umweltschutz.
Um diese Qualität beizubehalten, müssen der Landwirtschaft im Finanzrahmen 2014-2020 dieselben finanziellen
Mittel wie bisher zugesichert werden", so Köstinger abschließend. |
Mölzer: Mitgliedstaaten schnüren Sparpakete, aber EU bläht ihr Budget auf
EU-Budget 2011 bedeutet weitere Belastung für Nettozahler - Einsparungspotentiale
wie Subventionsdschungel und EU-Agenturen werden nicht ausgeschöpft
Wien (fpd) - Das EU-Budget 2011 sei auch nach dem nun erzielten Kompromiß abzulehnen, erklärte
der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer. "Wenn der EU-Haushalt
im kommenden Jahr um drei Prozent steigen soll, dann ist das in Zeiten allgemeiner Sparpakete in den Mitgliedstaaten
der falsche Weg. Nicht Ausgabensteigerungen, sondern Einsparungen müßten das Ziel sein", betonte
Mölzer.
Insbesondere wies der freiheitliche EU-Mandatar darauf hin, daß die Aufblähung des EU-Budgets gerade
für die Nettozahler wie Österreich eine zusätzliche Belastung bedeute. "Zuerst die Griechenland-Hilfe,
dann der sogenannte Rettungsschirm für den Euro und nun das EU-Budget - die Nettozähler werden offenbar
als Kühe betrachtet, die man ununterbrochen melken kann", kritisierte Mölzer.
Weiters machte der freiheitliche Europa-Abgeordnete darauf aufmerksam, daß verabsäumt worden sei, die
gewaltigen Einsparungspotentiale beim EU-Budget auch nur ansatzweise auszuschöpfen. "Anstatt mehr Geld
zu fordern, wäre es weitaus sinnvoller gewesen, den Dschungel an verschiedenen Subventionen zu lichten, zumal
das großzügige Förderwesen Mißbrauch und Betrug Tür und Tor öffnet. Ebenso wäre
es an der Zeit gewesen, den Nutzen der unzähligen EU-Agenturen zu hinterfragen und unnötige Agenturen
wie die sogenannte Grundrechte-Agentur, die nur der politisch-korrekten Überwachung der Bürger dient,
endlich zu schließen", schloß Mölzer. |
Foglar: Sparpolitik in Europa auf den Kopf stellen
EGB fordert gerechte Löhne statt ungerechter Sparpakte
Wien (ögb) - "Die Finanzwirtschaft kann weiterhin praktisch unbehelligt arbeiten, da und dort
gibt es homöopathische Veränderungen, aber Bonuszahlungen und Prämien sprudeln wieder kräftig.
Gleichzeitig haben die Menschen in Europa mehr oder weniger strikte Sparpakete zu erleiden", sagt ÖGB-Präsident
Erich Foglar anlässlich des Aktionstages des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB).
"Im verzweifelten Versuch die EU-Defizitziele zu erreichen und dem Terror der Finanzmärkte und Ratingagenturen
zu entkommen, betreiben die Mitgliedsländer quer durch Europa schwerwiegende Sparpolitik. Sie streichen bei
öffentlichen Dienstleistungen und öffentlichen Investitionen, kürzen Löhne und Sozialleistungen",
begründet Foglar die heutigen Protestaktionen. Auch der ÖGB stellt sich gegen diese europaweite Sparpolitik:
"Diese quer durch Europa koordinierte Sparpolitik wird die Wirtschaft nicht stärken, sondern schwächen",
betont ÖGB-Präsident Foglar. "Die Nachfrage wird sinken, Arbeitsplätze werden verloren gehen
und die Schulden werden steigen, nicht sinken. Wir müssen diese Sparpolitik auf den Kopf stellen, denn sie
wird die Schulden nicht unter Kontrolle bringen", sagt Foglar, und verlangt, im Gleichklang mit dem EGB, europaweit
koordinierte Impulse für Wachstum und Beschäftigung.
"Die Erholung der Wirtschaft muss abgesichert und für Veränderungen genutzt werden, wir brauchen
nachhaltiges Wachstum, das sich selbst trägt." Sinkende Defizite würden laut Einschätzung des
EGB danach fast automatisch folgen, als Ergebnis einer Erneuerung der Wirtschaft. "Europa kann die Schulden
nur mit Wachstum und mit der Schaffung von neuen Jobs los werden und nicht mit der Zerstörung von Arbeitsplätzen."
INFO Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) wurde 1973 gegründet, hat seinen Sitz in Brüssel und
spricht mit einer starken Stimme von 82 Gewerkschaftsorganisationen in 36 Ländern und 12 branchenorientierten
Bünden. Auf seiner Website hat der EGB eine Übersicht über Bonuszahlungen, über Sparmaßnahmen
und über Protestaktionen zusammengestellt. |