Opposition verlangt bessere Behandlung psychisch kranker Kinder
Wien (pk) - Nach dem Sozialkapitel wandten sich die Abgeordneten am 21.12. dem Budgetentwurf der
Bundesregierung für das Gesundheitsressort (Untergliederung 24) im Jahr 2011 zu. Dort sind Ausgaben in der
Höhe von 868,2 Mio. € budgetiert. Das entspricht einer Reduktion um 125,5 Mio. € gegenüber dem Vorjahr.
Eingespart wird ausschließlich sachausgabenseitig, die Personalkosten bleiben mit 38,6 Mio. € konstant.
Als erste Abgeordnete trat Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) ans Rednerpult und meldete Zweifel an, dass es der
Bundesregierung gelingen werde, mit ihren Vorschlägen die Krankenkassen finanziell zu konsolidieren. Geld,
das nach Griechenland, Irland und sonstwohin fließe, müsse eingespart werden, offenbar auch auf Kosten
von hochverschuldeten Krankenkassen, klagte die Rednerin und hob die Lage der Wiener Gebietskrankenkasse als besonders
dramatisch hervor. Der Gesundheitsminister habe es zudem verabsäumt, die Krankenhausfinanzierung zu vereinheitlichen,
kritisierte die Rednerin, die sich auch scharf ablehnend zur geplanten Einführung einer AGES-Abgabe für
lebensmittelverarbeitende Betriebe äußerte. Bei dieser Gelegenheit bemängelte die Abgeordnete zu
wenige Lebensmittelkontrollen in Österreich. Auf Fragen zu allen diesen Baustellen seines Ressorts hat der
Gesundheitsminister im Budget keine befriedigenden Antworten parat gehabt, sagte die Mandatarin.
Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) zeigte sich verwundert über die Aussagen ihrer Vorrednerin und erinnerte
sie an die sachlichen und umfassenden Antworten des Ministers auf die Fragen der Abgeordneten – auch jener der
Opposition - im Budgetausschuss. Die Finanzmittel seien eng, räumte die Rednerin ein und teilte auch die Sorgen
um die Finanzierung der Krankenkassen. Man könne sich aber auch die gute Selbstverwaltung verlassen, zeigte
sich die Abgeordnete überzeugt und sprach die Hoffnung aus, dass die Krankenkassen gute Konzepte zur Lösung
ihrer finanziellen Probleme finden werden. Vermehrten Druck ortete die Rednerin bei der Krankenanstaltenfinanzierung,
sah dieses Problem aber bei Gesundheitsminister Stöger in den besten Händen.
Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) räumte ein, dass der Minister weder für seine mangelnden Kompetenzen
noch auch für sein unterdotiertes Budget etwas könne. Man müsse ihm aber vorwerfen, die Situation
im Gesundheitswesen schön reden zu wollen. Psychisch Kranke, Menschen mit seltenen Krankheiten, Behinderte,
Kinder und alte Menschen bekommen oft weder die Diagnose noch die Therapie, die sie brauchen. Wellness und Fitnessprogramme
sowie Kampagnen für ein gesünderes Leben helfen da wenig, analysierte der Redner und ortete große
Diskrepanzen beim Gesundheitszustand armer und wohlhabender Menschen in Österreich. Der Minister sollte all
diese Defizite aufzeigen und dafür sorgen, dass sie beseitigt werden. Das setze die Lösung finanzieller
Probleme voraus. Auch sei es die Aufgabe des Ministers, darauf hinzuweisen, was es für die Gesellschaft bedeutet,
wenn psychisch kranke Kinder medizinisch nicht oder zu spät versorgt werden. " Klopfen Sie einmal laut
auf den Tisch", lautete die Anforderung des Abgeordneten Grünewald an Minister Stöger.
Abgeordneter Erwin RASINGER (V) rief eine neue "Ära der Ehrlichkeit" in der Gesundheitspolitik aus
und bekannte sich zu einem qualitativ hochwertigen Gesundheitsangebot für alle Menschen in Österreich.
Das Gesundheitswesen in Österreich ist nicht krank, es brauche keine große Reform, wohl aber permanente
kleine Reformschritte. Dass Österreich ein gutes Gesundheitswesen hat, zeigen die vielen Auslandsurlauber,
die alljährlich per Flugambulanz in heimische Spitäler "flüchten".
Dass ärmere Menschen eine geringer Lebenserwartung haben, räumte Rasinger gegenüber seinem Vorredner
ein und forderte dazu auf, Mängel in der Kindergesundheit, vor allem in der Kinderpsychiatrie zu beseitigen
und die Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern. Nach wie vor seien die Spitalsaufenthalte zu lange und
es landen zu viele Patienten im Spital, weil jahrzehntelang sei zu wenig in den ambulanten Bereich investiert worden
sei, sagte Rasinger. Ganz wichtig seien Vorkehrungen gegen den Suizid, an dem in Österreich doppelt so viele
Menschen sterben wie im Straßenverkehr. Dieses Problem darf uns nicht kalt lassen, sagte der Arzt, der sich
auch sehr besorgt wegen der zunehmenden Burnout-Rate bei Spitalsärzten und Krankenschwestern zeigte.
Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B) klagte über Belastungen bei der Unfallversicherung der Bauern sowie über
Kürzungen im veterinärmedizinischen Bereich, was die Bauern zusätzlich treffe. Zugleich werde ein
Tierseuchenfond eingerichtet, der letztlich mit Bauerngeldern dotiert werden soll. Neue Verwaltungsapparate würden
geschaffen, den Bauern aber zugleich Belastungen und Leistungskürzungen zugemutet, kritisierte der Redner
und trat einmal mehr für eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger ein, um Verwaltungskosten
zu sparen. Scharf kritisierte Spadiut den Gesundheitsminister wegen mangelnder Fortschritte bei der Spitalsreform.
Stöger sei einmal mehr vor den Landeshauptleuten in die Knie gegangen, sagte Spadiut, verlangte eine ganzheitliche
Gesundheitsreform und legte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor.
Abgeordneter Dietmar KECK (S) registrierte angesichts des vorliegenden Budgets die Spuren der Finanz- und Wirtschaftskrise,
hielt aber fest, dass die Bundesregierung die Krise bewältigt habe und nun – bei der Haushaltssanierung -
keineswegs mit dem Rasenmäher über Budgetansätze "drübergefahren" sei. Das zeigen
die Ansätze für den Tierschutz, wo parteiübergreifende Initiativen erfolgreich dazu beigetragen
haben, dass Österreich bei Tiertransporten und bei der Haltung von Legehennen europaweit an der Spitze liegen.
Dazu kommen engagierte Forschungsinitiativen für artgerechte Tierhaltung sowie auch Fortschritte bei der Haltung
von Heimtieren. Nächstes Ziel sei die Harmonisierung von Tierschutzbestimmungen in der Europäischen Union,
schloss Abgeordneter Keck.
Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) forderte den Gesundheitsminister dazu auf, das Diktat der leeren Kassen
im Gesundheitswesen als Chance für Reformen zu sehen, da nun auch Länder und Gemeinden gezwungen ihre
Standpunkte aufzugeben. Der Abgeordnete forderte eine nationale Gesundheitskonferenz und hielt es für nicht
zielführend, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger alleine für die Erstellung eines
Gesundheits-Masterplans zuständig sein soll. Man müsse für gesetzeskonforme Arbeitsbedingungen in
den Spitälern sorgen, sagte Karlsböck und stellte in Abrede, dass es bislang zu keinen Leistungseinschränkungen
im Gesundheitswesen gekommen sei. Als Beispiel nannte der Abgeordnete die Radiologie, wo 2010 Kontingentierungen
auf Kosten der Patienten eingeführt wurden. Solche Praktiken sollte man nicht einreisen lassen, mahnte der
Abgeordnete.
Abgeordneter Karl DONABAUER (V) ortete Probleme im Gesundheitssystem als Folge der Unterdotierung des niedergelassenen
Bereichs. Es koste sehr viel Geld, wenn Patienten von Arzt zu Arzt wandern. Falsch sei es auch, zu wenig in die
Vorsorgemedizin zu investieren. Donabauer gratulierte dem Minister zu seinen Vorschlägen, die Kompetenzen
im Spitalsbereich neu zu regeln, rechnete aber mit schwierigen Verhandlungen mit Ländern und Gemeinden. Die
finanziellen Probleme der bäuerlichen Unfallversicherung führte Donabauer darauf zurück, dass die
Bauern unter einem besonders hohen Unfallrisiko arbeiten und aus diesem Grund alle Menschen auf den Höfen
in die Unfallversicherung einbezogen sind – daher seien entsprechende finanzielle Lösungen erforderlich.
Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) unterstützte die Absicht des Gesundheitsministers, im Spitalsbereich eine klarere
Kompetenzverteilung zu schaffen und Doppelgleisigkeiten zu überwinden. Nach der negativen Reaktion der Länder,
die nun einen Masterplan Gesundheit beim Hauptverband in Auftrag gegeben haben, erbat die Rednerin eine Stellungnahme
von Seiten des Gesundheitsministers. Kritik übte die Abgeordnete an den aus ihrer Sicht zu geringen budgetären
Vorsorgen für die Präventionsmedizin, zur Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes und zur Verbesserung
der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Für unterversorgt hielt auch Abgeordnete Haubner
Österreich bei Psychotherapien für Kinder, auch sei bei der Behandlung psychisch kranker Kinder ein starkes
soziales Gefälle festzustellen.
Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) bezeichnete das vorliegende Gesundheitsbudget als ein Sparpaket ohne Leistungskürzungen.
Während in anderen Ländern Versicherungsbeiträge erhöht und Leistungen eingeschränkt werden,
wahre Österreich das Niveau seiner Gesundheitsversorgung. Kaipel wies darauf hin, dass Österreich 10
% des BIP zur Aufrechterhaltung seines hervorragenden Gesundheitssystems aufwendet. Der aktuelle Arbeitsauftrag
laute auf eine gesamtheitliche Gesundheitsreform. Daher habe Stöger eine zentrale Gesundheitsplanung beim
Bund und eine einheitliche Regelung für das Zusammenspiel der einzelnen Gesundheitseinrichtungen gefordert,
hielt Kaipel fest.
Abgeordneter Bernhard VOCK (F) machte darauf aufmerksam, dass der Tierschutz in Österreich faktisch privatisiert
sei und forderte, das hervorragende Tierschutzgesetz in den Verfassungsrang zu heben. Widerstand dagegen ortete
der Redner bei der ÖVP. Vock klagte über mangelnd Umsetzung des Tierschutzgesetzes und unzureichende
Strafen bei Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen bei Tiertransporten. In einem Entschließungsantrag
forderte der Abgeordnete, umgehend die steuerliche Absetzbarkeit für Spenden zugunsten von Tierschutzorganisationen
einzuführen.
Abgeordnete Claudia DURCHSCHLAG (V) sprach angesichts des Gesundheitszustands der Jugend von einem desaströsen
Befund, der geradezu nach Maßnahmen schreie. Das Gesundheitssystem werde man nur aufrechterhalten können,
wenn es gelingt, mehr Menschen länger gesund zu halten. Die Weichen dafür müssten so früh wie
möglich gestellt werden, meinte sie und drängte auf die Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für
Bewegung vom Kindergarten über die Schule bis hin zur Bewegungsförderung in den Betrieben.
Gesundheitsminister Alois STÖGER stellte klar, trotz des Sparbudgets gebe es keinerlei Leistungseinschränkungen
im Gesundheitsbereich. Vielmehr werde eine Ausweitung der Leistungen sichergestellt, etwa durch die E-Card für
alle oder die Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes auf Kindergartenkinder und Menschen in Behinderteneinrichtungen.
Was die Spitäler betrifft, plädierte Stöger für einen gemeinsamen Rahmen für ganz Österreich
und präzisierte, die Gelder des Bundes sollten gebündelt und zielgerecht eingesetzt werden.
Abgeordneter Martin STRUTZ (F) sah im Gesundheitsbereich hingegen eine Kostenexplosion von über 30 Mrd. €
und klagte über Verschwendungen. Milliarden würden durch überflüssige Untersuchungen und schlechte
Organisation und Koordination verlorengehen. Er kritisierte insbesondere Doppeluntersuchungen und vermisste überdies
eine ganzheitliche Finanzplanung.
Abgeordneter Johann HECHTL (F) meinte, es sei zwar möglich gewesen, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Staaten
Einsparungen ohne Leistungseinschränkungen zu verfügen, dies dürfe die Regierung aber nicht davon
abhalten, eine Verwaltungs- und Gesundheitsreform anzugehen.
Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) brach eine Lanze für lebensbegleitende Gesundheitsvorsorge in den Betrieben,
altersgerechter Arbeitsplätze und Ernährungsschulung. Wenn die Älteren länger gesund bleiben,
dann würde dies dem Gesundheitssystem erhebliche Kosten sparen, stand für die Rednerin fest.
Abgeordneter Johann HELL (S) begrüßte die neuerliche Dotierung des Krankenkassen-Strukturfonds in Höhe
von 40 Mio. € und unterstützte ausdrücklich die Bündelung von Finanzströmen, eine Vereinheitlichung
der Krankenanstalten-Gesetzgebung sowie die Transparenz des Versorgungssystems.
Abgeordnete Ridi STEIBL (V) hob die Bereiche Ernährung und Bewegung als Schwerpunkte bei der Kindergesundheit
hervor und sah auch entsprechenden Handlungsbedarf in der Gender-Medizin.
Abgeordneter Erwin PREINER (S) zeigte sich zuversichtlich, dass Österreich seinen hohen internationalen Standard
im Gesundheitswesen auch in Zukunft werde halten können. Er wies überdies auf die Bedeutung der Lebensmittelkennzeichnung
hin und sah die Gesetzgebung aufgerufen, dabei bestehende nationale Spielräume zu nutzen.
Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) betonte, Bundesminister Stöger sei gut unterwegs, in den nächsten Jahren
Strukturreformen umzusetzen, damit das hohe Niveau des heimischen Gesundheitssystems erhalten bleibe.
Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) schlug eine nachhaltige Finanzierungsgrundlage für die Gebietskrankenkassen
durch Abgeltung von versicherungsfremden Leistungen vor und zeigte sich ferner irritiert über die Beitragsaußenstände
der Unternehmen. |