Außenminister zieht positive Bilanz über die österreichische Sicherheitsratsmitgliedschaft
2009/10
Wien (bmeia) - Mit dem Jahreswechsel geht die Mitgliedschaft Österreichs im UNO-Sicherheitsrat
zu Ende. Zwei Jahre lang hat Österreich als gewähltes Mitglied des UN-Sicherheitsrates Verantwortung
für die Erhaltung von internationalem Frieden und Sicherheit getragen. „Die Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat
war vor allem ein Dienst an der Weltgemeinschaft und bedeutete ein enormes Arbeitspensum und eine große Herausforderung
für das gesamte Außenministerium. Gleichzeitig hat Österreich die Chance genutzt, sich mit eigenständigen
Schwerpunkten und thematischen Initiativen einzubringen und in konstruktiver und vermittelnder Weise zur Arbeit
des Sicherheitsrates beizutragen“, zog Außenminister Michael Spindelegger Bilanz über die zu Ende gehende
österreichische Sicherheitsratsmitgliedschaft 2009/10.
„Unser Engagement hat sich gelohnt. Wir haben unsere Prioritäten konsequent verfolgt und bewiesen, dass auch
nichtständige Mitglieder einen nachhaltigen Beitrag leisten können. In den letzten Wochen haben wir dafür
von vielen Seiten Lob und Anerkennung erhalten. Wir können mit Zufriedenheit auf unsere Arbeit im Sicherheitsrat
zurückblicken“, hielt der Außenminister resümierend fest. Mehr als 100 Resolutionen, sowie fast
150 Vorsitz- und Presseerklärungen mussten in annähernd 600 formellen und informellen Sitzungen beraten
und erarbeitet werden. Außenminister Spindelegger war in den zwei Jahren selbst achtmal in New York, um an
Sicherheitsratssitzungen teilzunehmen. Dank intensiver Vorbereitung und guter Netzwerkarbeit, ist in zahlreichen
Resolutionen und Dokumenten des Sicherheitsrates heute eine „österreichische Handschrift“ zu erkennen.
Gleich zu Beginn seiner Mitgliedschaft war Österreich im Sicherheitsrat mit der Gaza-Krise konfrontiert, die
besonderes Fingerspitzengefühl erforderte. „In den Verhandlungen zur Beendigung der Kampfhandlungen und zur
Ermöglichung humanitärer Hilfe konnten wir zu einer Verständigung zwischen den arabischen Staaten
und den P5 im Sicherheitsrat beitragen. In der Folge gelang es trotz anfänglich großer Auffassungsunterschiede
eine gemeinsame Resolution zu verabschieden“, unterstrich Spindelegger. Dieses österreichische Engagement
fand während der gesamten Mitgliedschaft seine Fortsetzung, etwa bei den Krisen in Sri Lanka, auf der koreanischen
Halbinsel, im Iran, Sudan und im Kongo.
Einer der Höhepunkte der Mitgliedschaft war zweifellos die einstimmige Annahme der Resolution 1894 zum Schutz
der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten während des österreichischen Vorsitzes im November
2009. Die Resolution 1894 bekräftigt die an alle Konfliktparteien gerichtete Forderung zur Einhaltung des
humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Das Herzstück sind konkrete Maßnahmen zum
besseren Schutz von ZivilistInnen durch UN-Blauhelme, wobei Österreich seine eigenen Erfahrungen als langjähriger
Truppensteller eingebracht hat. „Dadurch konnten wir einen substanziellen Beitrag leisten, der die Arbeit der UN-Friedensmissionen
weltweit in Zukunft beeinflussen wird“, zeigte sich der Außenminister zufrieden.
In weiterer Folge engagierte sich Österreich dafür, dass die Bestimmungen der Resolution 1894 in die
Verlängerung der Mandate von UN-Friedenseinsätzen einfließen. Bei einer Reihe von UN-Einsätzen
konnte der Schutz der Zivilbevölkerung als Kernaufgabe verankert bzw. weiter ausgebaut werden. Die massiven
Übergriffe auf die Zivilbevölkerung - vor allem auf Frauen und Kinder - im Kongo sowie die aktuellen
Entwicklungen in der Elfenbeinküste machen neuerlich deutlich, dass der Schutz der Zivilisten immer mehr zu
einer Kernaufgabe der UN-Missionen wird und ein wesentliches Element der öffentlichen Bewertung des Erfolges
solcher Einsätze ist. „Die immer wieder auftretenden schockierenden Übergriffe in Konfliktregionen machen
deutlich, dass hier konkreter Handlungsbedarf besteht. Wir werden in unseren Bemühungen zur Verbesserung des
Schutzes der Zivilbevölkerung auch nach Beendigung unserer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat nicht nachlassen“,
so der Außenminister.
„Dass alle Menschen gleichen Zugang zu Recht und Rechtssprechung haben und sich auf die Anwendung von Gesetzen
verlassen können, ist keineswegs selbstverständlich. Wir haben daher die Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit
und die Herrschaft des Rechts zu klaren Schwerpunkten unserer Mitgliedschaft gemacht“, so Spindelegger. Dieses
„Leitmotiv“ wurde konsequent auf allen Arbeitsebenen verfolgt: Als Vorsitz des Al-Kaida/Taliban-Sanktionenkomitees
hat Österreich etwa eine Initiative für mehr Objektivität und Transparenz der UNO-Terroristenlisten
durchgesetzt. Diese Liste von rund 500 Personen und Organisationen, die in Verbindung mit Al-Kaida oder den Taliban
gebracht werden und daher Sanktionen unterworfen sind, stellt ein zentrales Instrument der UNO in der Terrorismusbekämpfung
dar. Auf österreichische Initiative wurde die Funktion einer Ombudsperson geschaffen. Damit wurde erstmals
Personen, die auf dieser UNO-Terrorliste aufscheinen, die Möglichkeit eingeräumt, Einspruch bei einer
unabhängigen Instanz zu erheben und eine unabhängige Überprüfung zu verlangen. Im Juni 2010
wurde die kanadische Richterin Kimberly Prost zu ersten Ombudsfrau für die Terrorliste ernannt. „Mit dieser
Resolution ist es uns gelungen, eine Lücke im internationalen Rechtsschutz zu schließen und die Geltung
der Menschenrechte in diesem sensiblen Bereich zu stärken“, so Spindelegger.
Ebenfalls unter österreichischem Vorsitz konnte in der Arbeitsgruppe für internationale Straftribunale
ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen die Straflosigkeit erreicht werden: Die von Österreich ausgearbeitete
Resolution 1966 ermöglicht die Weiterführung der Arbeit der UNO-Straftribunale für Jugoslawien und
Ruanda und stellt so sicher, dass Kriegsverbrecher weiterhin gesucht und vor Gericht gestellt werden.
Ein besonderes Anliegen Österreichs war es auch konkrete Maßnahmen zum Schutz von Frauen in Konflikten
und zur Stärkung ihrer Rolle in Friedensprozessen zu setzen. „Frauen stellen 50 Prozent unserer Gesellschaften.
Friede, Sicherheit und Fortschritt sind auf Dauer nicht möglich, wenn die Hälfte der Gesellschaft ausgeblendet
wird. Frauen müssen überall auf der Welt frei von Gewalt und Unterdrückung ihren Lebensweg selbst
bestimmen und an politischen Entscheidungen teilhaben können“, betonte der Außenminister. Österreich
hat auch die Forderung unterstützt, Gewalt gegen Frauen effektiver zu verhindern, sowie die Täter einer
gerechten Strafe zuzuführen. Durch die Ernennung von Margot Wallström zur ersten Sondergesandten des
UN-Generalsekretärs für sexuelle Gewalt wird diesem Thema künftig mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
„Mein erklärtes Ziel war es auch, die Mitgliedschaft im Sicherheitsrat zu nützen, um Österreich
als Drehscheibe für den internationalen Dialog und als UNO-Amtssitz zu stärken. Wenn wir eine rückblickende
Bilanz der vergangenen zwei Jahre ziehen, ist uns da Einiges gelungen“, betonte Spindelegger. Mit der Ansiedlung
eines UNO-Liaisonbüros für Abrüstungsfragen (UNODA) in Wien und eines sicherheitspolitischen Think-Tanks,
des Wiener Zentrums für Abrüstung und Non-Proliferation, wird Wien als Kompetenzzentrum für Abrüstung
und nukleare Sicherheit weiter gestärkt. Der UN-Retreat in Alpbach, der in der Zwischenzeit schon ein Fixpunkt
im jährlichen UN-Kalender geworden ist, trägt zur Internationalität Österreichs ebenso bei
wie die Eröffnung der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg und der Verbindungsbüros
der Internationalen Organisation für Migration und des Internationalen Friedensinstituts.
Österreich hat sich im Sicherheitsrat auch bewusst als Bindeglied zur Europäischen Union verstanden und
immer engen Kontakt mit Brüssel und der Hohen Vertreterin Catherine Ashton gehalten. Zudem hat sich Österreich
konsequent für eine Stärkung der EU im Rahmen der Vereinten Nationen eingesetzt – ein Thema, bei dem
noch einiges an Überzeugungsarbeit in der UNO notwendig ist. Dass Catherine Ashton vergangenen Mai erstmals
an einer Sicherheitsratssitzung teilnehmen konnte, ging beispielsweise auf eine österreichische Initiative
zurück.
Auch nach dem Ende der Mitgliedschaft im Sicherheitsrat wird die Arbeit in den Vereinten Nationen eine Säule
der österreichischen Außenpolitik bleiben: „Unsere Arbeit ist mit dem Abschluss der Mitgliedschaft Österreichs
im Sicherheitsrat nicht zu Ende. Wir werden die Expertise und die Netzwerke, die wir in den letzten zwei Jahren
aufgebaut haben, weiter nützen, wie etwa im Sudan oder im Nahen Osten. Auch die Arbeit zur Stärkung des
Schutzes von ZivilistInnen in Konfliktsituationen werden wir konsequent fortsetzen. Dazu werden wir auch unsere
angestrebte Mitgliedschaft im UNO-Menschenrechtsrat nützen“, so der Außenminister abschließend.
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