Wiener Erzbischof und Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft
betonten Motiv der Gastfreundschaft und des "guten Miteinanders"
Wien (pew) - Kardinal Christoph Schönborn hat am 05.01. erstmals das Wiener Islamische Zentrum
besucht. Es war der erste Besuch eines Wiener Erzbischofs seit Jahrzehnten in der Moschee am Hubertusdamm; Kardinal
Franz König war 1968 bei der Grundsteinlegung anwesend. Kardinal Schönborn begleitete eine Sternsinger-Gruppe
aus der benachbarten katholischen Pfarre St. Elisabeth-Bruckhaufen. Die Sternsinger waren von den Verantwortlichen
des Islamischen Zentrums eingeladen worden. Der Pfarrer von St. Elisabeth-Bruckhaufen – der neue Leiter des Wiener
Priesterseminars, Richard Tatzreiter – hat in den letzten Jahren ein gutnachbarliches Verhältnis zur Moschee
am Hubertusdamm aufgebaut. Sowohl Kardinal Schönborn als auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft,
Anas Schakfeh, betonten bei der Begegnung das Motiv der Gastfreundschaft und des „guten Miteinanders“. Im Hinblick
auf die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten betonte der Wiener Erzbischof, dass „Verbrechen im Namen der
Religion immer Verbrechen gegen die Religion sind“. Auch Schakfeh verurteilte die „mörderischen Attentate“
in Alexandrien und Bagdad „aufs Schärfste“. Es handle sich um „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft erinnerte daran, dass im Orient – insbesondere in seiner
Heimat Syrien – das Zusammenleben von Christen und Muslimen lange Zeit von „guter Nachbarschaft, ja Freundschaft“
gekennzeichnet gewesen sei. In den letzten Jahrzehnten seien Spannungen aufgekommen; umso notwendiger sei es, im
Dialog nach Lösungen für diese Spannungen zu suchen. Die Anfänge der Spannungen seien oft in unbedachten
Worten zu suchen, denn auch das Wort könne eine „Form der Gewalt“ sein. Ebenso wie Schakfeh verurteilte auch
der Direktor der Islamischen Religionspädagogischen Akademie, Prof. El Sayed Elshahed (der selbst aus Ägypten
stammt), das Blutbad von Alexandrien und sprach seine tiefe Anteilnahme für die Opfer und ihre Angehörigen
aus.
Die „Sternsinger“ brachten im Islamischen Zentrum ihre Lieder zu Gehör; anschließend sang auch eine
Mädchengruppe des Islamischen Zentrums Friedenslieder. Danach wurden die christlichen Gäste mit Kardinal
Schönborn an der Spitze durch die Moschee und die Bibliothek des Islamischen Zentrums geführt, wo auch
der Geschenkeaustausch stattfand.
„Es war sehr gelungen, die große Gastfreundschaft unserer muslimischen Nachbarn hier erleben zu dürfen.
Ich glaube, sie haben sich aufrichtig gefreut und es war ein wichtiger Schritt“, sagte Kardinal Schönborn
im Anschluss an die freundschaftliche Begegnung. Auch Johannes Kemetter, der Vorsitzende der Katholischen Jungschar
der Erzdiözese Wien, bekräftigte die Symbolkraft des Besuchs am Vorabend des Dreikönigsfestes: „Die
Heiligen Drei Könige und ihre Botschaft der partnerschaftlichen Zusammenarbeit, über religiöse oder
kulturelle Grenzen hinaus, sind heute aktueller denn je. Gerade in Zeiten, in den oft auch ein harsches Klima gegenüber
Menschen mit Migrationshintergrund oder anderen Religionsgruppen herrscht, sind solche bereichernden Begegnungen,
wie sie hier im Zuge der Sternsingeraktion geschehen sind, von großer Bedeutung“. |