Berichtspflicht soll Einkommensgerechtigkeit fördern
Wien (pk) - Der Gleichbehandlungsausschuss debattierte am 13.01. eine Regierungsvorlage, durch die man dem
Ziel der Einkommensgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen näher kommen möchte. Die Novellierung
betrifft das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft,
das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Kernpunkt der Novelle ist, wie
Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek übereinstimmend betonten, die
Schaffung von mehr Einkommenstransparenz. Diese sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die teilweise massiven Einkommensunterschiede,
die zwischen Männern und Frauen in Österreich nach wie vor bestehen, abzubauen.
In der ersten Etappe der Durchführung des Gesetzes werden daher, wie Bundesministerin Heinisch-Hosek erläuterte,
ab 2011 Betriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten zur zweijährigen Erstellung eines geschlechtsspezifischen
Einkommensberichts verpflichtet. Diese Berichtspflicht werde bis 2014 sukzessive ausgedehnt, um schließlich
alle Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten zu erfassen. Damit erfasse man die Einkommenssituation von
mehr als 40 % der ArbeitnehmerInnen. Unternehmen werden des Weiteren künftig zu Lohnangaben bei Stellenausschreibungen
verpflichtet.
Strafe bei Verstößen gegen Verschwiegenheitspflicht wird gesenkt
Ausschussvorsitzende Gisela Wurm (S) sah in der Novelle einen wichtigen Schritt zu mehr Einkommensgerechtigkeit
- eine Auffassung, der sich auch Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) anschloss. Man habe in langwierigen Verhandlungen
ein gutes Ergebnis erreicht, zeigte sie sich überzeugt. Diskriminierung von Frauen im Einkommensbereich stelle
auch eine Form des unlauteren Wettbewerbs dar, weshalb auch die Wirtschaft daran interessiert sein müsse,
sie zu beseitigen. Silhavy brachte einen S-V-Antrag zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz ein, der auf eine Verbesserung
der Einkommenstransparenz im öffentlichen Dienst abzielt. Außerdem sieht der Antrag vor, dass der Mindestschadenersatz
in Fällen der Diskriminierung auf 1.000 € angehoben wird.
Ihre Fraktionskollegin Renate Csörgits hielt es für prinzipiell erforderlich, versteckte einkommensbezogene
Diskriminierungen von Frauen in der Berufswelt stärker zu thematisieren. Es gehe um gleichen Lohn für
gleichwertige Arbeit, schloss sie. Abgeordnete Sonja Ablinger (S) meinte in diesem Zusammenhang, die Novelle unterstreiche,
dass es Aufgabe der Betriebe sei, von vornherein für Gleichbehandlung bei den Einkommen zu sorgen. Frauen
müssten ihr Recht in Gehaltverhandlungen nicht erst explizit einfordern, sagte sie.
Auch Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) sprach in Hinblick auf das Gesetz von einem großen Erfolg der
Verhandlungen der Sozialpartner. Dass man die im Gesetz vorgesehene Verwaltungsstrafe in Fällen von Verstößen
gegen die Verschwiegenheitspflicht von 1500 auf 360 € gesenkt habe, sei positiv zu bewerten, auch wenn sie die
Meinung ihrer Vorrednerinnen aus der SPÖ teile, dass man darauf überhaupt hätte verzichten können.
V-Mandatarin Katharina Cortolezzis-Schlager meinte, der beste Schutz vor einkommensbezogener Diskriminierung bestehe
in Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen können und damit hochwertige Arbeitsplätze
schaffen. Das führe letztlich auch zu einer besseren Lohnstruktur, von der auch Frauen profitieren, zeigte
sie sich überzeugt.
F-Abgeordnete Heidemarie Unterreiner kritisierte die späte Vorlage der eingebrachten Abänderungsanträge.
Dies zeige, dass auch innerhalb der Koalition keine Einigkeit in Hinblick auf die Formulierung der Novelle bestanden
habe. Ihre Fraktionskollegin Carmen Gartelgruber bewertete die vorliegenden Regelungen als nicht ausreichend. Sie
befürchtete, dass sie im Gegenteil dazu führen könnten, dass Frauen bei Bewerbungen in Zukunft sogar
schlechtere Chancen hätten.
Abgeordnete Judith Schwentner (G) sah bis auf die Tatsache, dass Einkommensunterschiede nun tatsächlich thematisiert
werden, in der Novelle keinen besonderen Mehrwert. Auch sie kritisierte die kurzfristige Einbringung umfangreicher
Abänderungsanträge seitens der Regierungsparteien. Schwentner erkundigte sich außerdem zu diversen
Details des S-V-Abänderungsantrags, den S-Mandatarin Heidrun Silhavy eingebracht hatte.
B-Abgeordnete Martina Schenk sah die Novelle zum Scheitern verurteilt. Die zu diesem Thema immer wieder eingebrachten
BZÖ- Entschließungsanträge betreffend mehr Einkommensgerechtigkeit seien nicht berücksichtigt
worden. Ihre Fraktionskollegin Ursula Haubner meinte, die Probleme lägen nicht in der unzureichenden Information
über Einkommensdifferenzen innerhalb der Unternehmen, sondern in der grundsätzlich schlechteren Bezahlung
in typischen Frauenberufen. Auch die Tatsache, dass Frauen häufiger Teilzeit arbeiten, schlage sich in ihrer
Einkommenssituation nieder.
Streitfrage Diskriminierungsschutz
In der Regierungsvorlage war ursprünglich vorgesehen, durch die Gesetzesnovelle eine Angleichung des Schutzniveaus
bei den Diskriminierungsmerkmalen Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, sexuelle Orientierung und Religion
bzw. Weltanschauung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang brachte Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) einen Abänderungsantrag
der Koalitionsparteien ein, der den nun gesetzlich garantierten Diskriminierungsschutz außerhalb des Arbeitsbereichs
auf den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit einschränkt.
Was die anderen Punkte betreffe, werde eine solche Angleichung des Schutzniveaus auch innerhalb der EU noch diskutiert.
Hier gebe es noch kein allgemeines Ergebnis, legte auch Bundesministerin Heinisch-Hosek dar. Sie ließ aber
keinen Zweifel daran, dass die jetzt bestehende Regelung ihren Vorstellungen noch nicht gänzlich entspreche.
Es sei jedoch ein Kompromiss gefunden worden, mit dem sich auf einem guten Weg befinde. So werde etwa der Diskriminierungsschutz
beim Zugang zu Wohnraum oder für Behinderten nahestehende Personen verbessert.
F-Abgeordnete Heidemarie Unterreiner sah die Pläne zur Ausweitung des Diskriminierungsschutzes äußerst
kritisch. Es komme hier ein gesellschaftspolitisches Vorhaben zum Ausdruck, das auf die Herstellung eines "Einheitsmenschen"
abziele. Ihre Fraktionskollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein befürchtete, dass die zahlreichen "schwammigen
Formulierungen" des Gesetzes und ein Übermaß an Regelungen zu einem Mehraufkommen von Streitfällen
vor Gericht führen werden.
Die beiden V-Abgeordneten Dorothea Schittenhelm und Gabriel Obernosterer meinten, es sei eine Gratwanderung, wolle
man den Diskriminierungsschutz ausweiten, ohne in die berechtigten Freiheiten von Unternehmen und Dienstleistungsbetrieben
einzugreifen. Es bestehe daher keine Veranlassung, durch gesetzliche Regelungen in einer Frage, über die auch
innerhalb der EU noch kontrovers debattiert werde, vorschnell Regelungen zu treffen.
Abgeordneter Albert Steinhauser (G) kritisierte den Abänderungsantrag, da durch ihn unterschiedliche Schutzniveaus
bei Diskriminierung festgeschrieben würden. Es sei die Aufgabe des Staates, sicherzustellen, dass Private
niemand unbegründet den Zugang zu Dienstleistungen verweigern könnten. Seine Fraktionskollegin Judith
Schwentner sprach in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer enttäuschenden Novelle. Vor allem im Bereich
des Diskriminierungsschutzes hätte Österreich in Europa eine Vorreiterrolle einnehmen können. Sie
brachte in Zusammenhang mit der Regierungsvorlage insgesamt drei Abänderungsanträge ihrer Fraktion ein.
Diese wurden mehrheitlich abgelehnt.
In Zusammenhang mit der Gesetzesänderung wurde außerdem ein von Abgeordneter Heidemarie Unterreiner
(F) eingebrachter Antrag betreffend nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken (606/A(E)), der in der
letzten Ausschusssitzung am 1. Dezember 2009 vertagt worden war, erneut debattiert. Der F-Antrag wurde diesmal
mehrheitlich abgelehnt.
Die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz wurde unter Berücksichtigung der eingebrachten S-V-Abänderungsanträge
mehrheitlich angenommen.
Ältere Frauen am Arbeitsmarkt: Keine Mehrheit für BZÖ-Initiative
Nicht durchsetzen konnte sich das BZÖ mit seiner Forderung nach Maßnahmen zur Sicherung der
Chancen von Frauen über 50 am Arbeitsplatz. Abgeordnete Martina Schenk (B) erinnerte an die Ankündigung
im Regierungsübereinkommen 2008, einen entsprechenden Schwerpunkt zu setzen, und meinte, bis jetzt sei noch
nichts geschehen. Ihr Antrag, der auch die Unterstützung von FPÖ und Grünen fand, wurde mit den
Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt. Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) argumentierte, es gebe bereits zahlreiche
durchaus erfolgreiche Aktionen, in der Praxis bedürfe es eher eines Umdenkens als zusätzlicher Maßnahmenkataloge.
Abgeordnete Renate Csörgits (S) verwies auf diesbezügliche Schwerpunktprogramme des AMS, die, wie sie
sagte, dazu geführt haben, dass heute die Arbeitslosenrate von Frauen über 50 unter dem Durchschnitt
liegt.
Vorstoß der Grünen gegen Sexismus in der Werbung: Antrag vertagt
Vertagt wurde hingegen ein Antrag der Grünen, in dem Abgeordnete Judith Schwentner die Ausdehnung
des Diskriminierungsschutzes auf Medien und Werbung forderte und dabei vor allem sexistische Darstellungen von
Frauen im Visier hatte.
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die ebenso wie Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) auf die Brisanz
und Aktualität des Problems hinwies, plädierte für die Einrichtung eines eigenen Sexismusbeirats
im Werberat, und bemerkte überdies, ein Verbot sexistischer Werbung wäre ihr am liebsten, sei aber derzeit
nicht verhandelbar. Die Zuständigkeit des Werberats sahen auch die Abgeordneten Silvia Fuhrmann (V) und Martina
Schenk (B) angesprochen, wobei letztere feststellte, der Antrag der Grünen schieße über das Ziel
hinaus. Abgeordnete Heidemarie Unterreiner (F) wiederum lehnte die Initiative mit Nachdruck ab und warf den Antragstellerinnen
Scheinheiligkeit und ein Messen mit zweierlei Maß vor. Wenn es um Kunst geht, würden sich die Grünen
nie gegen herabwürdigende Darstellungen von Frauen empören, meinte sie. |