Kinderrechte in der Verfassung festgeschrieben  

erstellt am
21. 01. 11

Ostermayer: Umsetzung der wesentlichen Teile der Europäischen Kinderrechtskonvention erfreulich
"Darauf schauen, dass Verfassung funktioniert und kein Durcheinander entsteht"
Wien (sk) - Staatssekretär Josef Ostermayer sagte am 20.01., es sei "erfreulich, dass die Umsetzung der wesentlichen Teile der Europäischen Kinderrechtskonvention in die österreichische Bundesverfassung auf der Tagesordnung ist". In Richtung Grüne betonte Ostermayer, dass man genau überlegen müsse, welche Signale man mit einer Gesamtübernahme der Kinderrechtskonvention setze. So könne eine Gesamtübernahme möglicherweise "Missverständnisse auslösen"; zudem seien manche Punkte, wie etwa keine strafrechtliche Verfolgung von Kindern unter 14 Jahren, "selbstverständlich" und auch schon anderswo geregelt, so Ostermayer im Nationalrat.

Generell sei es "unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass die Verfassung funktioniert und es kein Durcheinander gibt", so Ostermayer mit Blick auf die Wortmeldungen renommierter Verfassungsrechtler, die schon im Ausschuss dargelegt haben, warum es sinnvoll sei, bestimmte Teile der Kinderrechtskonvention zu übernehmen und bestimmte Teile nicht. Staatssekretär Ostermayer bekräftigte weiters: "Es ist wichtig, das umzusetzen, worüber es eine breite Einigung gibt." Der Staatssekretär verwies in dieser Frage auch auf die im Regierungsprogramm vorgesehene Erarbeitung eines Grundrechtskatalogs.

 

Remler: Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung ist gesellschaftspolitischer Meilenstein
Stärkung der Stellung von Kindern als eigenständige Träger grundlegender Rechte ist bedeutender Schritt im Interesse der schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft
Wien (övp-pk) - Familienstaatssekretärin Verena Remler bezeichnet die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung als "wichtiges Signal für die Stärkung des Schutzes und der Förderung von Kindern in unserer Gesellschaft." Das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern schaffe nicht nur einen neuen Rahmen für Gesetzgebung und Vollziehung, sondern rücke vor allem auch den Stellenwert der Kinder unmissverständlich in den Mittelpunkt der Gesellschaft.

Zwar seien die Lebensbedingungen für Kinder in Österreich vergleichsweise sehr gut, "dennoch sind kontinuierliche Anstrengungen notwendig, um Kinder vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen", betonte die Staatssekretärin.

Remler zeigt sich erfreut, dass der Text auf Basis des sogenannten "Fiedler-Entwurfs" aus dem Österreich-Konvent mit dem heutigen Beschluss zu einem "prägnanten und eigenständigen Teil der österreichischen Verfassung" werde. "Damit verleihen wir dem gesamtgesellschaftlichen Ziel, das Wohl unserer Kinder stets in den Mittelpunkt zu rücken, starken Ausdruck. Es ist mir vor allem wichtig zu betonen, dass durch diese in Zukunft verfassungsrechtlich abgesicherten Grundrechte ein deutlicher Mehrwert für unsere Kinder im Vergleich zum Ist-Zustand entsteht", erklärt die Familienstaatssekretärin im Parlament.

Der Text enthält, gemäß dem Kern der Kinderrechtskonvention, den Schutz und die Fürsorge zum Wohl eines jeden Kindes, das Recht auf Partizipation sowie die Festschreibung des Kindeswohls als zentralen Maßstab für alles Handeln. "Mit diesem weitreichenden Schritt ist Österreich auch international sehr gut aufgestellt", betont Remler weiter.

Im Vordergrund bei der Erarbeitung des Gesetzestextes sei auch immer die Lebendigkeit und Lebbarkeit gestanden: "Ein in der Verfassung verbrieftes Grundrecht prägt das allgemeine Rechtsbewusstsein positiv und stärkt die Verantwortlichkeit für den Schutz unserer Kinder. Oftmals setzen sich jene mit den stärksten Lobbys am besten durch - die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft können also zusätzliche Schubkraft gut gebrauchen", so Remler.

Die Kinderrechte des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern seien echte Grundrechte und keine inhaltsleeren Symbole. "Jedes Kind kann sich durch seine gesetzlichen Vertreter beim Verfassungsgerichtshof darauf berufen", stellt Remler die Umsetzbarkeit in den Vordergrund. "Ich bin glücklich, dass Österreich hier nun in der ersten Reihe steht und Kindern auch in der Verfassung jenen Stellenwert zukommen lässt, der ihnen in unserer Gesellschaft zuteil werden sollte."

 

Stefan: Verfassungsrechtsschutz für Kinder muss auch für Ungeborene gelten
Grüne und Regierungsparteien gegen verfassungsrechtlich verankerten Schutz von Ungeborenen
Wien (fpd) - Die FPÖ brachte am 20.01. einen Abänderungsantrag zum Verfassungsgesetz ein, welches die Kinderrechte in der Verfassung verankert. Es sollte im Artikel 1 die Textpassage "jedes Kind" durch "jedes ungeborene und geborene Kind" ersetz werden, so dass es dann weiter lauten sollte: "... hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein."

"Der den Kindern einzuräumende verfassungsrechtliche Schutz ist insofern unvollständig, als nicht die der österreichischen (einfach gesetzlichen) Rechtslage entsprechende Anerkennung der Kinderrechte, so wie dies bei § 22 ABGB auf Ungeborene zutrifft, erstreckt wird", erklären FPÖ-Frauensprecherin NAbg. Carmen Gartelgruber und FPÖ-Verfassungssprecher NAbg. Harald Stefan. Dieser in der österreichischen Rechtstradition tief verankerte Grundsatz der Teilhabe auch der Ungeborenen an dem Rechtschutz, der den Lebenden gesetzlich eingeräumt sei, müsse konsequenterweise bei Einführung eines Verfassungsrechtsschutzes für Kinder mit bedacht werden.

Diese Abänderung wurde nur von FPÖ und BZÖ goutiert. Grüne und Regierungsparteien haben sich gegen einen verfassungsrechtlich verankerten Schutz von Ungeborenen gewandt.

 

Stadler: Jetzt auch echte Verbesserungen wie Anzeigepflicht umsetzen
"Der heutige Beschluss rettet kein Kind. Der echte Härtetest wird sein, wie die Regierung jetzt mit den Kinderrechten umgeht"
Wien (bzö) - Das BZÖ stimmt der Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung zu. Der stellvertretende Klubobmann des BZÖ, Justizsprecher Ewald Stadler forderte in seiner Rede aber, dass jetzt die Kinderrechte auch konkret in Gesetzen umgesetzt werden. "Jetzt müssen die Gesetze die die Jugendwohlfahrt, das Jugendstrafrecht und die Rolle der Kinder im Obsorge- und Besuchsrecht betreffen, geändert werden. Es gibt auch Anpassungsbedarf bei den Kinderrechten der Ungeborenen", so Stadler.

Stadler fordert die Umsetzung der BZÖ-Forderung nach einer generellen und umfassenden Anzeigepflicht bei Verdacht auf Gewalt an Kindern. "Der heutige Beschluss rettet kein Kind. Der echte Härtetest wird sein, wie die Regierung jetzt mit den Kinderrechten umgeht", fordert Stadler eine echte rechtliche Verantwortung. Stadler erinnert daran, dass er seit 1997 eine Anzeigepflicht bei Verdacht auf Kindesmissbrauch fordert. "Das tragische Beispiel des dreijährigen Cain, der mit einem Besenstiel zu Tode geprügelt worden ist und wo der Täter amtsbekannt war, beweist wie wichtig eine Anzeigepflicht ist. Jetzt drohen, außer dem Täter, wieder alle verantwortlichen Personen ungeschoren davonzukommen. Wir müssen endlich echte Gesetze mit echter Verantwortung einführen", verlangte Stadler.

 

 Windbüchler: Kinderrechte sind unteilbar!
Verzicht auf Einbindung von ExpertInnen fahrlässig
Wien (grüne) -
So gut wie alle Kinder- und Jugendorganisationen sehen den Initiativantrag der Regierungsparteien zu den Kinderrechten, der von SPÖ und ÖVP ins Parlament eingebracht wurde, äußerst kritisch. Das haben sie mittels Presseaussendungen noch einmal unterstrichen.

"Die Kritik ist wenig verwunderlich, denn in Österreichs Verfassung sollen nur ein paar ausgewählte Rechte verankert werden, die noch dazu mit einem Gesetzesvorbehalt versehen sind. Das bedeutet, dass die einfache Gesetzgebung (z.B. Straf- oder Fremdenrecht) dieses Verfassungsgesetz beschränken kann", so Tanja Windbüchler-Souschill, Kinder- und Jugendsprecherin der Grünen, und fordert "Alle Rechte für alle Kinder, denn auch die UN-Konvention kennt keine generellen Vorbehalte gegenüber Kindern", so Windbüchler. Die Grünen fordern daher, dass der mangelhafte Initiativantrag der Regierungsparteien keine 2/3-Mehrheit am 20. Jänner im Plenum finden soll.

Alibiaktion zum Schaden von Kindern?
Sinn einer Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung ist, den individuellen Rechtsschutz, die Kontrolle von Gesetzen und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu gewährleisten. "Wenn es diesbezüglich eine Einschränkung schon von Anfang an gibt, ist anzunehmen, dass hier bloß eine Alibiaktion zum Schaden von Kindern und Jugendlichen in Österreich stattfindet."

"Wir strecken noch einmal die Hand aus gerade in Richtung SPÖ hier einen gemeinsamen kinderrechtlichen Weg zu gehen, ohne dass die scharfe Handschrift Fekters Kinderrechte in Österreich einschränkt. Es ist möglich, allen Kindern alle Rechte zu gewährleisten und Österreich in ein kinderfreundliches Land zu verwandeln!", so Tanja Windbüchler-Souschill überzeugt.

Verzicht auf Einbindung von ExpertInnen fahrlässig
"Die Grünen haben von Anfang an die Einbindung von ExpertInnen verlangt. Ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern zu schaffen ohne die Expertise von all jenen aufzunehmen, die tagtäglich mit den Kinderrechten zu tun haben, ist fahrlässig!", Windbüchler-Souschill. SPÖ und ÖVP aber haben sich vehement gegen eine öffentliche, breit angelegte Enquete zum Thema Kinderrechte im Parlament gewehrt.

"Das wäre ein wichtiger Schritt zur Sensibilisierung und Meinungsbildung gewesen. Als Kompromiss gab es ein Hearing im Verfassungsausschuss, das trotz Bestrebungen der Grünen nicht öffentlich abgehalten wurde", kritisiert Windbüchler-Souschill die Mauschelei hinter den Parlamentstüren von SPÖ und ÖVP.
 
zurück