Nationalrat diskutiert Mittelstandsbericht
Wien (pk) - Um die Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe (KMU) für die österreichische
Wirtschaft ging es in der Sitzung des Nationalrats am 20.01.anlässlich der Debatte über den Bericht des
Wirtschaftsministers über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft
2010. Der Minister betont darin, dass die KMU das Rückgrat der heimischen Wirtschaft sind, weil sie solide
Werte schaffen, flexibel auf neue Herausforderungen reagieren können und gleichzeitig auf Innovationen setzen.
Schließlich passierte der Fünf-Parteien-Antrag zur Harmonisierung des europäisches Hotelsternesystem
das Plenum einstimmig.
KMU – es bleibt noch einiges zu tun
In der Debatte über den Mittelstandsbericht wurden die KMU einerseits als tragende Säule der heimischen
Wirtschaft auch in der Krise bezeichnet, andererseits sah man - nicht nur seitens der Opposition - noch Handlungsbedarf.
Die Forderungen gingen von einer Senkung der Lohnnebenkosten, vor allem einer steuerlichen Entlastung des Faktors
Arbeit, über eine bessere Unterstützung von Einpersonen- und Kleinstunternehmen bis hin zu Maßnahmen
der Forschungsförderung. Die FPÖ machte sich für amtliche Höchstpreise für Diesel und
Benzin stark.
Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) stellte eingangs seiner Rede fest, seine Fraktion werde den vorliegenden Mittelstandsbericht
ablehnen. Zwar sei nicht alles, was im Bericht stehe, schlecht, meinte er, er ortet aber etliche Defizite bei der
Mittelstandspolitik der Regierung. Positiv ist für Themessl, dass die massiven Geldmittel, die zur Bewältigung
der Wirtschaftskrise eingesetzt wurden, auch den KMUs zugutegekommen sind.
Im EU-Vergleich schlecht schneidet Österreich Themessl zufolge unter anderem bei unternehmerischen Initiativen
und der zweiten Chance nach einer Insolvenz ab. Überdies vermisst er klare Zukunfsperspektiven. Die UnternehmerInnen
würden nach wie vor unter einer "Kreditklemme" leiden.
Abgeordneter Konrad STEINDL (V) machte auf den hohen Stellenwert klein- und mittelständischer Unternehmen
in Österreich aufmerksam. Die klein- und mittelständische Wirtschaft sei eine tragende Säule der
österreichischen Volkswirtschaft, bekräftigte er. Zwei Drittel der Erwerbstätigen seien in KMUs
beschäftigt, diese erwirtschafteten 57% des BIP.
Die betriebswirtschaftliche Situation sei allerdings nicht ganz so erfreulich, räumte Steindl ein. Die durchschnittlichen
Gewinnmargen seien zuletzt auf 1,5 bis 3,5% gesunken. Steindl forderte in diesem Sinn eine Entlastung der Unternehmen
von Lohnneben- und Verwaltungskosten. Bei der Insolvenzstatistik liege Österreich, so Steindl, besser als
der europäische Durchschnitt.
Nach Ansicht von Abgeordnetem Josef JURY (F) zeigt der vorliegende Mittelstandsbericht sehr deutlich die verfehlte
Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Der Anteil der Beschäftigten in den KMUs sei in Österreich
binnen 10 Jahren von 80% auf 64%, der erwirtschaftete BIP-Anteil von 76% auf unter 60% gesunken, skizzierte er.
Jury zufolge leistet die EU dieser Entwicklung durch die Bevorzugung großer Industrie- und Agrarkonzerne
Vorschub. Es brauche, so der Abgeordnete dringend eine Trendumkehr.
Ein von Jury eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf die Einführung von amtlichen Höchstpreisen
für Diesel und Benzin zur Entlastung der kleineren und mittleren Betriebe ab. Zudem fordert die FPÖ die
Anhebung des amtlichen Kilometergeldes und der Pendlerpauschale sowie einen Ausgleich zur Pendlerpauschale für
Niedrigverdiener.
Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) erklärte, kleine und mittlere Unternehmen seien ein "robustes Rückgrat"
der österreichischen Wirtschaft. Das habe sich gerade auch in der Krise gezeigt. Leicht hätten es die
Unternehmen aber nicht, meinte der Abgeordnete und forderte in diesem Sinn eine bessere Unterstützung für
Unternehmensgründer und die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit.
Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) brach eine Lanze für Klein- und Mittelbetriebe. Er sieht es als "Gebot
der Stunde", KMUs von Bürokratie zu entlasten und verwies etwa auf enorme Auflagen bei der Eröffnung
eines neuen Geschäfts.
Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) ortet eine Reihe von Verbesserungsbedarf im Bereich der Mittelstandspolitik.
So sprach sie sich etwa dafür aus, eine eigene Analyse über die Bedürfnisse von Einpersonenunternehmen
und Kleinstunternehmen zu erstellen, da diese ihrer Ansicht nach im vorliegenden Bericht zu kurz kämen. Bei
den Förderungen müssten die unübersichtliche Förderlandschaft durchforstet und Doppelgleisigkeiten
beseitigt werden. Lichtenecker machte sich auch für eine ökosoziale Steuerreform stark.
Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) machte darauf aufmerksam, dass 99,6% der österreichischen Unternehmen kleinere
und mittlere Betriebe seien. KMUs bräuchten qualifizierte MitarbeiterInnen und weniger Bürokratie, sagte
Widmann, in beiden Bereichen ortet er aber große Defizite. Zudem machte er darauf aufmerksam, dass kleine
Betriebe kaum Forschungsförderung lukrierten und mehr Unterstützung zur Ankurbelung von Exporten bräuchten.
Ein großes Problem ist Widmann zufolge auch der schwierige Zugang von KMUs zu Kapital.
Staatssekretärin Verena REMLER schloss aus den Daten des Berichts, dass die KMUs in Österreich relativ
stabil aus der Krise gekommen sind, und führte dies auf verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten, neue
Förderungsschienen und die thermischen Sanierungsprogramme zurück. Für die Zukunft kündigte
sie die Fortsetzung der thermischen Sanierung, aber auch Unterstützung bei der Exportorientierung sowie eine
Internationalisierungsoffensive an. Als besonders positiv unterstrich Remler den mit 35% überdurchschnittlich
hohen Anteil an Frauen bei der Führung von Unternehmen.
Abgeordneter Peter HAUBNER (V) meinte, der Bericht zeige eindrucksvoll die Leistungen der österreichischen
klein- und mittelständischen Wirtschaft, und nannte als Motto für die Zukunft "mehr Fantasie, weniger
Bürokratie".
Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) stellte rückblickend fest, die Maßnahmen der Regierung seien richtig
gewesen und hätten in der Krise gegriffen. Er wies in diesem Zusammenhang insbesondere auf die beiden Konjunkturpakete,
das Arbeitsmarktpaket und die Steuerreform, aber auch auf die maßvollen Lohnabschlüsse hin. An die Behörden
appellierte er, sich als Partner der Wirtschaft zu verstehen, "damit der Motor der KMUs auch in Zukunft so
gut brummt wie bisher".
Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) führte die derzeitige Stärke Österreichs auf die mittelständische
Wirtschaft, die Industrie und den Export zurück und meinte im Übrigen, Anträge der Opposition auf
mehr Ökostromförderung oder Benzinpreisregulierung würden den Mittelstand bloß behindern.
Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) unterstrich den Stellenwert der Kreativwirtschaft und forderte den Abbau bürokratischer
Hürden für junge UnternehmerInnen.
Abgeordnete Adelheid FÜRNTRATH-MORETTI (V) drängte auf eine Verwaltungsreform und gab zu bedenken, gerade
die große Zahl an Gesetzen würde einen Rattenschwanz an Verwaltungsaufwand für die Unternehmen
nach sich ziehen.
Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) thematisierte unter anderem die Frage des beruflichen Nachwuchses und hob
in diesem Zusammenhang die Bedeutung der dualen Ausbildung hervor.
Abgeordnete Anna FRANZ (V) stellte fest, die KMUs seien nicht nur der Fels in der Wirtschaft, sondern würden
auch maßgeblich zur Lebensqualität im ländlichen Raum beitragen.
Abgeordnete Franz HÖRL (V) bezeichnete die KMUs als Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und
forderte überdies Verwaltungsvereinfachungen für die Betriebe.
Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen, der Entschließungsantrag des BZÖ blieb in der
Minderheit.
Hotelsternesystem soll harmonisiert werden
Die Bedeutung einer Harmonisierung des Hotelsternesystems für die österreichische Hotellerie wurde von
den Abgeordneten im Zuge der Debatte über den diesbezüglichen Antrag unterstrichen. Die Initiative fand
einhellige Zustimmung.
Abgeordneter Franz HÖRL (V) wies auf die Bedeutung der Hotelsterne für die österreichische Hotellerie
hin und plädierte für eine Ausweitung der Hotelstern-Klassifizierung auf ganz Europa.
Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) unterstützte die Forderung nach einer Harmonisierung des Hotelstern-Klassifizierungssystems
als im Interesse von Hotellerie und Kunden gelegen.
Abgeordneter Roman HAIDER (F) begrüßte ebenfalls die europaweite Vergleichbarkeit durch einheitliche
Hotelsterne. Der Redner kritisierte in seiner Wortmeldung weiters den Austritt der Wirtschaftskammer aus der Österreich
Werbung und meinte, die Kammer habe dadurch "schlafende Hunde geweckt".
Abgeordnete Gabriela MOSER (G) zeigte sich ebenfalls besorgt über den Ausstieg der Wirtschaftskammer aus der
Österreich Werbung und warnte davor, nun Steuermittel für die ausgefallenen Kammergelder heranzuziehen.
Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) beurteilte die Initiative zur Harmonisierung der Hotelsterne positiv und drängte
auf eine entsprechende Überprüfung der Klassifizierung.
Staatssekretärin Verena REMLER erwartete sich von der Hotelklassifizierung eine verlässliche Orientierungshilfe
für die Gäste und Qualitätssicherung für die Betriebe. Gerade in bewegten Zeiten sei es gelungen,
die österreichischen Hotelsterne als Wegweiser für die touristische Zukunft zu positionieren, meinte
sie.
Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) betonte mit Nachdruck, über die Finanzierung der Österreich Werbung
brauche man sich keine Sorgen zu machen, das Geld sei garantiert, alles andere sei Verhandlungssache.
Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) wertete die Hotelklassifizierung als wichtiges Instrument zur Sicherung des Qualitätsstandards
der heimischen Hotellerie. Sie nahm ihre Wortmeldung weiters zum Anlass, auf die Situation der MitarbeiterInnen
im Tourismus hinzuweisen und betonte, es sei unverzichtbar, auch in Verbesserungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen
dieser Menschen zu investieren.
Abgeordneter Maximilian LINDER (F) zeigte sich besorgt über Versuche, die Tourismusorganisationen der Gesellschaftssteuer
zu unterwerfen.
Abgeordneter Johann RÄDLER (V) wies auf die große wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für Österreich
hin und unterstützte ausdrücklich die vorliegende Initiative.
Abgeordneter Josef AUER (S) sah den Antrag als Schritt in die richtige Richtung, erinnerte an den hohen Standard
der österreichischen Hotellerie und bedauerte überdies den Austritt der Wirtschaftskammer aus der Österreich
Werbung.
Abgeordneter Heinz-Peter HACKL (F) verlangte ein entsprechendes Qualitätsmanagement, um sicherzustellen, dass
die Hotelsterne für die KonsumentInnen bleibende Gültigkeit haben.
Abgeordneter Jochen PACK (V) wünschte einheitliche Klassifizierungen auch für den Bereich der Wellness-Einrichtungen.
Bei der Abstimmung wurde die Entschließung einstimmig angenommen. |