Exporterfolg eines Landes hängt nicht nur von der Währungsbewertung ab – Produktivität
macht Österreich trotz höheren Lohnniveaus am Weltmarkt erfolgreich
Wien (bank austria) - Auch zu Beginn von 2011 hält die internationale Debatte zum Stichwort
"Währungskrieg" an. Dahinter steht die Vermutung, dass einige Länder versuchen durch eine unterbewertete
Währung ihre Exporte zu verbilligen und sich damit ein größeres Stück vom "Welthandelskuchen"
zu ergattern.
Besonders die chinesische Währung steht in der Kritik, unterbewertet zu sein, was auch durch verschiedene
Analysen und nicht zuletzt auch durch den einfachen "Big-Mac-Index" gezeigt wird. Demnach liegt die derzeitige
Unterbewertung des Yuan gegenüber dem Euro bei rund 50%. Um den Preis eines Big Mac in Österreich bekommt
man in China mehr als zwei. Allerdings war dies immer schon so, zumindest seit Anfang der 90er Jahre und es ist
weniger ein Effekt aktiver Wechselkurspolitik als ein Phänomen von Ländern mit geringerer Produktivität
(gemessen am Einkommen pro Kopf).
Weltweit sind nur 10 Länder "reicher" als Österreich
"Die chinesische Währung ist zwar rund 50% gegenüber dem österreichischen Euro unterbewertet,
allerdings ist dies heute weniger als noch vor einigen Jahren", meint Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der
Bank Austria und ergänzt , dass dies in erster Linie das Ergebnis des geringeren Einkommensniveaus in China
sei. "Weltweit gibt es nur rund zehn Länder, die gemessen an der Kaufkraft pro Einwohner ein höheres
Einkommen haben als Österreich. Von diesen zehn Ländern haben (gegenüber Österreich) fünf
eine überbewertete Währung und fünf eine unterbewertete Währung", beschreibt Bruckbauer
das Ergebnis der Studie der Bank Austria Volkswirtschaft*. Allerdings sind vier dieser fünf reichen Länder
mit unterbewerteter Währung Stadtstaaten oder Kleinstaaten (Hongkong, Singapur, Katar und Bahrain). "Aus
heutiger Sicht hat lediglich ein großes Land gegenüber Österreich zu unrecht eine unterbewertete
Währung, die USA", so Bruckbauer.
Exporterfolg eines Landes hängt nicht von der Über-/Unterbewertung seiner Währung ab
Immerhin zwölf Länder weltweit haben eine überbewertete Währung zu Österreich,
obwohl sie (nur unwesentlich) ärmer als Österreich sind. Dies sind vor allem fast alle Euroländer.
Österreich wickelt rund 50% seiner Exporte mit diesen Ländern ab. Der überwiegende Teil der Staaten
der Welt hat ein niedrigeres Einkommen als Österreich, dementsprechend auch eine unterbewertete Währung.
Dies sind immerhin 155 Länder in die Österreich rund 39% seiner Exporte sendet. Insgesamt bedeutet dies,
Österreich exportiert mehr als 56% seiner Exporte in Länder, deren Währung gegenüber Österreich
überbewertet ist (ein Vorteil für Österreich) jedoch immerhin 44% unserer Exporte gehen in Länder
mit unterbewerteter Währung.
Die Unterbewertung einer Währung gemessen am Preisniveau eines Landes ist im Wesentlichen eine Funktion der
Produktivität. Je produktiver ein Land ist umso höher ist sein Lohnniveau. Allerdings gilt dies auch
für jenen Bereich der Wirtschaft, der sich hinsichtlich der Produktivität weltweit kaum unterscheidet,
insbesondere der Dienstleistungsbereich. Der Preis des hohen Einkommensniveaus und der hohen Produktivität
ist ein höheres Lohnniveau, das dann zu Überbewertung der Währung beiträgt. Die hohe Produktivität
rechtfertigt höhere Löhne in der Industrie, führt aber in vielen Dienstleistungsbereichen zu höheren
Preisen, daher sind Dienstleistungen in produktiven und reichen Ländern teurer. Der Exporterfolg eines reichen
Landes wie Österreich ist daher im Wesentlichen nicht von der Über-/Unterbewertung seiner Währung
abhängig, sondern von der Produktivität.
Der Anteil am Kuchen wird kleiner, das Kuchenstück jedoch größer
"Ein wichtiger Gradmesser für den Exporterfolg eines Landes ist dessen Anteil am Weltexport bzw.
an der Weltproduktion (Welt BIP)", so Bruckbauer. Seit dem großen Erfolg vieler Emerging Markets, allen
voran China, beim Export und dem steigenden Anteil am Welthandel, herrscht in vielen Industrieländern die
Angst, dass China alle anderen Länder im Welthandel verdrängt.
So ist der Weltmarktanteil beim Export Chinas von 2,5 % 1990 auf heute 11,2 % gestiegen, die USA und Deutschland
verloren jeweils rund 2 Prozentpunkte. Ähnliches gilt für den Anteil an der weltweiten Produktion, auch
hier konnte sich China von 3,9 % auf 12,6 % steigen. Ähnlich wie andere Industriestaaten verlor auch Österreich
Anteile, jeweils etwas mehr als 0,1 Prozentpunkte. Beim Weltexport von 1,20% auf heute 1,06% und bei der Weltproduktion
von 0,63% auf heute 0,46%.
Allerdings wird dabei gerne übersehen, dass für die Industrieländer zwar der Anteil geringer wird,
aber der „Kuchen“ insgesamt, d.h. Exporte und Produktion, deutlich wächst. So sank zwar der Anteil des Euroraums
an der Weltproduktion von 21,9 % auf 15,1 %, aber 21,9 % von 18.000 Mrd. Euro 1990 sind deutlich weniger als 15,1
% von 41.000 Mrd. Euro 2009. Gleiches gilt für den Export.
Österreich ist im Euroraum Spitzenreiter beim Realeinkommenzuwachs seit 1990
Dementsprechend stieg auch das Einkommen in den Industrieländern zwar in Prozent deutlich weniger
stark als etwa in China, umgerechnet in Kaufkraft seit 1990 im Euroraum um rund 60 % und in China um beeindruckende
676 %. Gleichzeitig stieg jedoch das Einkommen absolut (bereinigt um die Inflation und Preisunterschiede) im Euroraum
von 17.000 Euro auf 27.000 Euro, in Österreich von 18.000 Euro auf 33.000 Euro und in China von 740 Euro auf
5.800 Euro. Folglich betrug der Anstieg im Euroraum 10.000 Euro, in Österreich 15.000 Euro und in China hingegen
„nur“ rund 5.000 Euro. "Obwohl Österreichs Weltmarktanteil in den letzten zwanzig Jahren gesunken ist
und das Realeinkommenswachstum mit 85% deutlich unter dem Zuwachs Chinas von fast 700% blieb, stieg das Realeinkommen
absolut in Österreich dreimal so stark wie in China" sagt Bruckbauer und ergänzt, "Österreich
war damit auch deutlich erfolgreicher als der Euroraum im Durchschnitt, auch etwas erfolgreicher als Deutschland."
Der obige Vergleich der Zahlen lässt den Schluss zu, dass die Globalisierung und der Eintritt der Emerging
Markets in die globale Arbeitsteilung keine Einbahnstraße ist und auch nicht die Rolle der Gewinner und jene
der Verlierer klar verteilt wurde, vielmehr ist eine Win-Win Situation möglich. Allerdings erfordert dies
eine Wirtschaft, die es schafft, ihre Produktivität (und damit ihr Einkommensniveau) ständig zu verbessern. |