Europas Zukunft/Europäische Integration
Brüssel (ep) - Die Beitrittsverhandlungen zwischen Kroatien und der EU könnten in der ersten
Jahreshälfte 2011 erfolgreich beendet werden, sofern Kroatien am eingeschlagenen Reformkurs festhält.
Dies bekräftigte der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten in einer am 26.01. verabschiedeten
Entschließung. Die größte Hürde könnte jedoch die euroskeptische Haltung der Bevölkerung
Kroatiens sein.
Die Mitglieder des Ausschusses beglückwünschten Kroatien zu dessen "beträchtlichen Fortschritten"
bei der Einführung von Reformen, die für einen EU-Beitritt unerlässlich sind und zeigten sich zuversichtlich,
dass "die Verhandlungen mit Kroatien im ersten Halbjahr 2011 beendet werden können - unter der Voraussetzung,
dass die notwendigen Reformen mit Nachdruck vorangetrieben werden." Die Abgeordneten des Ausschusses hoben
beträchtliche Verbesserungen im Hinblick auf notwendige Verfassungsänderungen und Anpassungen des Rechtssystems
sowie die engere Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Internationalen Straftribunal für Ex-Jugoslawien (ICTY)
hervor. Sie merkten jedoch kritisch an, dass der Anfrage des Tribunals nach wichtigen militärischen Dokumenten
bis jetzt nicht nachgekommen worden sei.
Als noch bestehende Hindernisse für die Beendigung der Beitrittsverhandlungen nennen die Abgeordneten des
Ausschusses die schwierige Reform des Verwaltungssystems, den Kampf gegen Korruption, Unterstützung für
zurückkehrende Kriegsflüchtlinge sowie die Verabschiedung von Umstrukturierungsplänen für Werften
in Schwierigkeiten.
Korruption
Obgleich die Abgeordneten die Bemühungen der kroatischen Regierung zur Bekämpfung von Korruption sowie
der strafrechtlichen Verfolgungen zweier früherer Minister und eines früheren Premierministers anerkennen,
ist ihrer Auffassung nach "Korruption in Kroatien weit verbreitet und bleibt nach wie vor ein ernstzunehmendes
Problem." Sie fügten hinzu, dass bisher nur wenige Fälle von Korruption gerichtlich verfolgt wurden.
Die meisten Fälle gingen nicht über das Stadium von Untersuchungen hinaus. Der Ausschuss fordert das
Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) auf, eng mit den kroatischen Behörden zusammenzuarbeiten,
"um potentielle Folgeerscheinungen in Form sekundärer Korruption in EU-Institutionen" zu beleuchten.
Flüchtlinge
Insgesamt wurden bei der Rücknahme von Kriegsflüchtlingen Fortschritte erzielt und die öffentliche
Feindseligkeit gegenüber zurückkehrenden Serben hat sich verringert, hoben die Abgeordneten positiv hervor.
Dennoch sind mehr Anstrengungen nötig. So sollten etwa die rückkehrenden Flüchtlinge bei der Erlangung
eines dauerhaften Aufenthaltsstatus, beim Wiederaufbau von Wohnhäusern und bei der Gründung von Wiedereingliederungsprojekten
Unterstützung erhalten. Tausende Flüchtlinge sind noch immer nicht in ihre Heimat zurückgekehrt
und verbleiben derzeit noch in Serbien.
Privatisierung von Seehäfen
Die kroatische Regierung solle den Prozess des Wiederaufbaus und der Privatisierung von Seehäfen beschleunigen,
da es anderenfalls unmöglich werde, das "Wettbewerbskapitel" der Beitrittsverhandlungen zeitgerecht
abzuschließen, so die Abgeordneten.
Die Zukunft liegt in den Händen der Kroaten
Kopfzerbrechen bereitet den Abgeordneten der Umstand, dass sich die Mehrheit der Kroaten durch eine EU-Mitgliedschaft
keine Vorteile für ihr Land verspricht. Dies hat die jüngste Eurobarometer-Umfrage ergeben. Deswegen
fordern die Abgeordneten kroatische Behörden und die Zivilgesellschaft dringend auf, aktiv dafür einzutreten
und den Bürgern Kroatiens deutlich zu machen, dass "das europäische Projekt auch ihre Sache ist."
Kroatien wird seiner Verfassung gemäß eine Volksabstimmung über die Vorschläge für die
EU-Mitgliedschaft abhalten müssen. Zudem finden im November 2011 Parlamentswahlen statt. |