Mathematik gegen die Hochwassergefahr
Wien (tu) - An der Technischen Universität (TU) Wien aus den Daten von ESA-Satelliten Information
über Bodenfeuchtigkeit und Hochwasserrisiko berechnet. In Australien beginnt man, die Schäden der verheerenden
Flutkatastrophe zu reparieren, eine Fläche größer als Deutschland und Frankreich zusammen stand
dort unter Wasser. Auch in Zukunft werden sich Hochwasserkatastrophen nicht verhindern lassen, doch zumindest die
Präzision von Hochwasser-Prognosen wird deutlich steigen. Das Team von Prof. Wolfgang Wagner am Institut für
Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF) der TU Wien entwickelt mathematische Methoden, mit denen aus Satellitendaten
der europäischen Weltraumbehörde ESA die Bodenfeuchtigkeit berechnet werden kann. In einem gemeinsamen
Projekt mit der australischen Wissenschaftsorganisation CSIRO hilft das Mathematik-Know-How der TU Wien nun, Hochwasser
besser zu verstehen und vorherzusagen.
Mit Mikrowellen durch Wolken sehen
Gewöhnliche Satellitenfotos sind für die Hochwasserforschung nutzlos, wenn Wolken dem Satelliten
den Blick auf die Erde verdecken. Man arbeitet daher mit Mikrowellenstrahlung, die alle Wolken problemlos durchdringt.
Der ESA-Satellit Envisat, der täglich vierzehnmal die Erde umkreist, sendet Mikrowellen-Pulse gezielt auf
den Boden und misst die Intensität, mit der die Strahlen reflektiert werden.
Man erreicht damit eine Auflösung der Erdoberfläche von wenigen Metern. Diese Daten für sich alleine
sind freilich noch nicht besonders aufschlussreich: "Zunächst müssen die Daten georeferenziert,
also exakt geographischen Punkten zugeordnet werden", erklärt Dr. Annett Bartsch, Assistentin am IPF
der TU Wien. Um aus den Satelliten-Messergebnissen eine geschlossene Landkarte zu berechnen benötigt man ein
dreidimensionales Relief der Erdoberfläche und genaue Information über die Aufnahmegeometrie des Satelliten.
Gewaltige Datenbanken für die Hochwasserprognose
Die große Herausforderung ist es dann, aus den Mikrowellen-Daten Information über Bodenfeuchtigkeit
und Überschwemmungsgebiete herauszuholen. Wie die Mikrowellen-Daten mit Wasser zusammenhängen, wird allerdings
von vielen Faktoren bestimmt - etwa vom Bodentyp oder der Vegetation. Für jedes einzelne untersuchte Oberflächenstück
müssen über Jahre hinweg Daten gesammelt werden. Erst wenn man diese Zeitreihen statistisch untersucht,
und die für die Jahreszeit typischen Normalwerte mit den aktuellen Werten vergleicht, kann man aus den Satellitenmessungen
zuverlässige Daten gewinnen. "Wir können auf diese Weise kontinuierlich überwachen, wie viel
Wasser im Boden gespeichert ist. So wissen wir, ob noch mehr Wasser aufgenommen werden kann, oder die Überschwemmungsgefahr
schon sehr hoch ist", erklärt Prof. Wolfgang Wagner. Terabyte an Messwerten von der gesamten Erdoberfläche
sind für diese Datenanalysen an der TU Wien gespeichert.
Letztendlich soll es möglich werden, dass der Computer von alleine Anomalien erkennt und Alarm schlägt,
wenn die Überschwemmungsgefahr besonders hoch ist. Dazu sollen die mathematischen Modelle der TU Wien zusätzlich
mit hydrologischen Modellen und konkreten Wettervorhersagen verknüpft werden. |