Mitterlehner: Neues Gaswirtschaftsgesetz in Begutachtung    

erstellt am
27. 01. 11

Wirtschafts- und Energieminister: Mehr Wettbewerb, Kundenrechte und Versorgungssicherheit - Weitere Umsetzung des dritten Energiebinnenmarktpakets
Wien (bmwfj) - Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner hat eine Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) in Begutachtung geschickt, um das dritte EU-Energiebinnenmarktpaket nach dem Strom- nun auch für den Gasbereich umzusetzen. "Damit wollen wir den Wettbewerb am Gasmarkt forcieren und gleichzeitig die Kundenrechte deutlich ausbauen", betont Mitterlehner. "Darüber hinaus schaffen wir optimale Rahmenbedingungen für neue Investitionen und erhöhen dadurch die österreichische Versorgungssicherheit mit Gas", so Mitterlehner.

Die GWG-Novelle stärkt die Rechte von Haushalten und Gewerbebetrieben bei der Gasversorgung. Künftig soll beim Lieferantenwechsel eine Drei-Wochen-Frist gelten, bisher dauerte der Wechsel bis zu acht Wochen. Dazu kommen laut Entwurf neue Höchstpreisregelungen. Bisher wurden je nach Anbieter teilweise über 100 Euro für Ab- und Anschaltungen verrechnet, in Zukunft soll dieser Betrag mit 30 Euro begrenzt sein. Sicherstellungen bzw. Vorauszahlungen werden laut der Novelle auf eine Monatsrate begrenzt, früher wurden bis zu drei Raten verlangt. Darüber hinaus soll erstmals ein Recht auf Grundversorgung für private Endverbraucher sowie kleine Unternehmen verankert werden. Eine Konsequenz daraus ist, dass ein Versorger den so genannten schutzbedürftigen Kunden nicht teurere Gaspreise verrechnen darf als anderen Kunden.

Zusätzliche Vorteile bringen die Einrichtung einer zentralen Anlauf- und Beschwerdestelle bei der Regulierungsbehörde E-Control sowie die gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators. Um die Transparenz weiter zu erhöhen, sollen auch Werbematerial und Rechnungen verpflichtend mehr Informationen aufweisen müssen. Demnach müssen Rechnungen telefonische Kontaktdaten für Störfälle sowie alle auf Gas entfallenden Steuern und Abgaben gesondert auflisten. Zudem hat der Kunde laut GWG-Entwurf das Recht, auf Anfrage eine unterjährige Abrechnung zu bekommen.

Einführung von "Smart Meters" und höhere Versorgungssicherheit
Die Novelle schafft auch den rechtlichen Rahmen für die Einführung von intelligenten Mess-Systemen ("Smart Meters"), die für mehr Transparenz und den effizienteren Einsatz von Energie sorgen sollen. Die Details zu Einführungszeitraum und Flächendeckung wird laut dem Entwurf der Wirtschaftsminister unter Einbeziehung der Stakeholder (Gaswirtschaft, Konsumentenvertreter, E-Control) festlegen. Die Regulierungsbehörde soll - wiederum in Absprache mit den Stakeholdern - für einheitliche technische Standards sorgen. Damit soll eine weitgehend einheitliche und effiziente Implementierung von "Smart Meters" gewährleistet werden, gleichzeitig sind Konsumentenschutzfragen angemessen zu berücksichtigen. "Nur so kann die neue Technologie optimal genutzt werden", betont Mitterlehner.

Die Novelle erhöht auch die Versorgungssicherheit. Künftig soll die Qualitätssicherung und der Ausbau der Gasleitungen durch eine gesetzliche Verankerung der "Anreizregulierung" unterstützt werden. Die Systemnutzungsentgelte für die Netzeigentümer müssen demnach eine angemessene Vergütung für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur sowie neue Investitionen in das Netz darstellen - sofern diese wirtschaftlich und effizient getätigt werden. So kann die im europaweiten Vergleich ausgezeichnete Qualität der Netzdienstleistung aufrecht erhalten werden. Bislang war die Anreizregulierung im GWG nicht verankert, sondern nur in Form einer Vereinbarung zwischen der E-Control und der Gasbranche vereinbart.

Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die Fernleitungsnetzbetreiber der Regulierungsbehörde jährlich einen koordinierten zehnjährigen Netzentwicklungsplan vorlegen müssen. Darin müssen die Unternehmen unter Berücksichtigung der internationalen Fernleitungen präsentieren, wie sie die hohe Qualität der Leitungen und deren Ausbau umsetzen wollen.

Entflechtung der Netze von Erzeugung und Gashandel
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Entflechtung ("Unbundling") der Fernleitungsnetzbetreiber von den übrigen Aktivitäten eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Für die österreichischen Fernleitungsbetreiber (OMV Gas GmbH, TAG GmbH, BOG GmbH) stehen im Entwurf vier Entflechtungsmodelle zur Auswahl:

  • Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell: dabei wird das Übertragungsnetz vollständig herausgelöst und verkauft.
  • Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator - ISO): das Eigentum darf beim bisherigen Betreiber bleiben. Das gesamte Netz wird aber von einem fremden Unternehmen gemanagt.
  • Der unabhängige Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator - ITO): dabei muss das Fernleitungsnetz in eine separate Gesellschaft ausgelagert werden, darf aber im bestehenden Konzern bleiben. Es gelten jedoch strikte Trennungsvorschriften.
  • Ebenfalls zulässig ist eine Mischform, die gemäß den EU-Vorgaben Elemente des ISO- und ITO-Modells miteinander verbindet.


Änderungen gibt es auch für Verteilernetzbetreiber, die Unternehmen und Haushalte direkt beliefern. Der Markenauftritt (Logo, Name etc.) muss künftig so erfolgen, dass die Kunden klar zwischen Netzbetreiber und Gaslieferant unterscheiden können. Dafür müssen aber keine überflüssigen Parallelstrukturen geschaffen werden. Die bisher gültige Rechtslage wurde in diesem Punkt lediglich an die Vorgaben der EU-Richtlinie angepasst.

Stärkung des Gashandels fördert Drehscheiben-Funktion Österreichs
Verbesserungen bringt die Novelle auch beim Gashandel: Angesichts der EU-Vorgaben ist das "Entry-Exit-Modell" in Österreich einzuführen. Derzeit werden die Tarife abhängig von den Vertragswegen verrechnet: Die Gasmengen können nur gehandelt werden, wenn auch die jeweiligen Transportkapazitäten verfügbar und bei den einzelnen Netzbetreibern gebucht worden sind. In Zukunft sollen die Tarife für die Gaslieferanten transport- und streckenunabhängig sein und nur noch für die Ein- und Ausspeisung im Fernleitungssystem anfallen. "Diese Liberalisierung erleichtert im gesamten österreichischen Fernleitungsnetz den Gashandel, was zu mehr Wettbewerb und Gasverfügbarkeit im Sinne der Kunden führen wird", betont Mitterlehner. "Zusätzlich kann Österreich dadurch seine Drehscheibenfunktion am internationalen Gasmarkt ausbauen", so Mitterlehner. Angesichts der gut ausgebauten Gasinfrastruktur könne Österreich von der EU-weiten Liberalisierung überproportional profitieren und zu einem noch bedeutenderen internationalen Handelsplatz werden.

Die Begutachtungsfrist für das Gaswirtschaftsgesetz endet am 23. Februar 2011. Die weiteren Elemente des Binnenmarktpakets hat das Wirtschaftsministerium bereits mit den Novellen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) sowie des E-Control-Gesetzes erarbeitet. Diese wurden Ende 2010 im Parlament beschlossen.

     
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