Inflation steigt 2011 deutlich über 2 Prozent   

erstellt am
26. 01. 11

Temporäre Preistreiber Energieträger und Agrarrohstoffe sowie Budgetkonsolidierung schieben Inflation spürbar an, konjunktureller Inflationsdruck fehlt aber
Wien (unicredit) - Der jüngste Anstieg der Teuerung hat die Angst vor einem Ausufern der Inflation neu aufkeimen lassen. Auslöser für den deutlichen Preisauftrieb sind steigende Weltmarktpreise für Energieträger und Agrarrohstoffe, die auch weiterhin Druck auf die Verbraucherpreise ausüben werden. Auch die Budgetkonsolidierung wird 2011 die Preise geringfügig antreiben. Die stabile Kerninflation und der fehlende Nachfragedruck machen deutlich, dass eine konjunkturell bedingte Inflation derzeit nicht vorhanden und vorerst auch nicht zu erwarten ist . Die Inflation wird sich 2011 zwar um plus 2,5 Prozent im Jahresvergleich bewegen, jedoch mit sinkender Tendenz zum Jahresende hin. Die Inflation in Österreich ist abgesehen von temporären, durch externe bzw. einmalige Effekte verursachten Schwankungen unter Kontrolle und sollte es auch bleiben. Trotzdem setzen die gestiegenen Inflationserwartungen die EZB unter Druck.

Der Anstieg der Inflation in Österreich gegen Jahresende 2010 war zwar nicht unerwartet, hat in seinem Ausmaß jedoch überrascht. Das spürbare Überschreiten der 2 Prozent-Marke im Dezember und damit des Zielwerts der Europäischen Zentralbank stellt diese vor eine große Herausforderung“, sagt Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer, „Der derzeitige Preisauftrieb ist zwar nicht besorgniserregend, da er nur auf externe Effekte, wie den höheren Preisen für fossile Energieträger und Agrarrohstoffe zurückzuführen ist und kaum konjunkturell bedingt ist. Die starken Signale der Realwirtschaft in Ländern wie Deutschland und das allgemein unsichere Umfeld erhöhen jedoch die Inflationserwartungen und setzen die EZB zunehmend unter Druck.“

Vorerst hat die Verbraucherpreisinflation den Höhepunkt noch nicht erreicht. Die kommenden Monate werden von einem andauernden Aufwärtsdruck betreffend die Teuerung gekennzeichnet sein, der weiterhin überwiegend von den Auftriebsfaktoren Energie und Nahrungsmittel ausgehen wird. Insbesondere im ersten Halbjahr 2011 ist in Österreich teilweise mit Inflationswerten über der 2,5 Prozent-Marke zu rechnen, zumal sich auch einige Maßnahmen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung der öffentlichen Hand preistreibend niederschlagen.

Der Aufwärtstrend bei Rohstoffpreisen wird sich 2011 fortsetzen, da ein knappes Angebot auf eine konjunkturell bedingt steigende Nachfrage trifft. Dafür ausschlaggebend ist vor allem die hohe Wirtschaftsdynamik in den Schwellenländern. Neben dem Rohölpreis, den wir 2011 um durchschnittlich rund 20 Prozent über dem vergangenen Jahr sehen, ist auch der Preisauftrieb bei Metallen ein Thema. Insbesondere höhere Preise von Industriemetallen, wie u.a. Kupfer schlagen auf die Verbraucherpreise letztlich durch. Zunehmender Druck auf die Inflation ist in der ersten Jahreshälfte 2011 auch durch höhere Preise für Agrarrohstoffe zu erwarten, verstärkt durch den Basiseffekt des vorjährigen, starken Rückgangs der Nahrungsmittelpreise. Die Preise für verarbeitete Nahrungsmittel werden in den nächsten Monaten unweigerlich nach oben tendieren, nachdem sich im vergangenen Halbjahr die Weltmarktpreise für Weizen, Mais, Baumwolle und Zucker beinahe verdoppelt haben. Ernteausfälle aufgrund ungünstiger Wetterverhältnisse, wie z.B. dem Hochwasser in Australien, dem viertgrößten Weizenexporteur der Welt, verringern den Preisdruck zwar vorerst nicht, die Auswirkungen auf die Inflation in Österreich sind angesichts eines Anteils der Nahrungsmittel am gesamten Verbraucherpreisindex von rund 11 Prozent jedoch begrenzt.

Auch die Konsolidierung der öffentlichen Budgets wird im Jahr 2011 die Verbraucherpreisinflation etwas nach oben heben. Durch die Erhöhung der Mineralölsteuer und anderer einnahmenseitiger Maßnahmen erwarten wir einen zusätzlichen Aufschlag auf die Inflationsrate von etwa 0,3 Prozentpunkten. Auch die prekäre Lage der Landes- und Gemeindebudgets wird sich über Gebühren- und Abgabenerhöhungen geringfügig erhöhend in der Inflationsrate niederschlagen.

„Alle drei wesentlichen Preistreiber des Jahres 2011 sind temporär und im Falle der fiskalischen Maßnahmen zudem als einmalig einzustufen. Wir gehen daher davon aus, dass die höhere Inflation eine zwischenzeitliche Erscheinung bleibt und die Inflationswerte in der zweiten Jahreshälfte 2011 wieder leicht sinkende Tendenz haben werden“, so Bruckbauer. Dafür spricht, dass die Kerninflation (allgemeine Inflation ohne Energie und Saisonwaren) seitwärts tendiert und auch nachfrageseitig kein Druck auf die Inflation in Sicht ist. „Schließlich steigen die Preise nur dann, wenn die Nachfrage schneller wächst als das Angebot und es an Kapazitäten fehlt, um die Nachfrage zu bedienen. Davon sind wir derzeit in Österreich noch weit entfernt“, meint Bruckbauer. Auch die Lohnabschlüsse für 2011 mit einem Tariflohnplus von knapp über 2 Prozent lassen keinen dauerhaften Inflationsauftrieb erwarten. „Der durch Rohstoffe und Budgetmaßnahmen verursachte Preisauftrieb ist zwar mit Sicherheit unangenehm für die österreichischen Verbraucher, Sorgen über eine dauerhaft anspringende Inflation sind nach unserer Einschätzung jedoch übertrieben. Die Inflation in Österreich wird zwar über den in den vergangenen Jahren gewohnten Werten liegen, ist aber unter Kontrolle und sollte es unter den derzeitigen Rahmenbedingungen auch bleiben“, so Bruckbauer weiter.

EZB 2011 stark gefordert
Für die EZB kommt der stärker als erwartete Inflationsanstieg zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Zum einen verläuft die Erholung im Euroraum sehr unterschiedlich, zum anderen benötigen noch viele Banken im Euroraum günstige Liquidität. Dieser schwierige Drahtseilakt wird noch erschwert durch die neue Rolle, welche die EZB im Kampf um die Stabilisierung der Schuldenkrise im Euroraum durch den Kauf von Staatsanleihen übernommen hat. Die generell durch die Krise und den Bekämpfungsmaßnahmen ausgelöste Inflationsangst bildet eine zusätzliche Bürde. Vorläufig sorgen die geringe Auslastung und vor allem die weiterhin schwache Kreditnachfrage für wenig tatsächlichen Inflationsdruck. „Wir erwarten, dass die EZB gegen Ende 2011 einen Zinsschritt setzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies früher geschieht, steigt jedoch aufgrund des aktuellen Inflationstrends und der Tradition der EZB, lieber früher als später ein Signal zu setzen, spürbar an“, so Bruckbauer, „Die EZB wird zwar damit nicht die derzeitige Inflation bekämpfen können, vielleicht jedoch die Inflationsangst. Eine Abwägung der Risiken, die sie dabei eingeht, wird schwierig.“
     
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