Mathematische Vermutung nach Jahrzehnten bewiesen
Wien (fwf) - Eine im Jahr 1985 aufgestellte mathematische Vermutung – die Andrews-Robbins-Vermutung
– konnte jetzt erstmals bewiesen werden. Damit steht fest, dass sich die Struktur sogenannter "total symmetrischer
planarer Partitionen" mit einer einzigen Formel beschreiben lässt. Die Beweisführung gelang unter
Einsatz enormer Computer-Ressourcen und wurde damit erst nach "computergerechter" Aufbereitung der Formel
möglich. Dieses mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF erzielte Ergebnis einer Forschungsgruppe
aus Linz wird heute in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. Mit dem Beweis
ist endgültig auch die letzte einer ganzen Reihe berühmter mathematischer Vermutungen bewiesen, die sich
auf planare Partitionen beziehen.
Auch MathematikerInnen spielen mit Bauklötzen. Zumindest dann, wenn ihr Interesse sogenannten planaren Partitionen
gilt. Denn diese werden durch Türme von "Bauklötzen" auf einer schachbrettartigen Grundfläche
dargestellt. "Bauen" MathematikerInnen nun solche planaren Partitionen, müssen sie bestimmten Regeln
folgen: Kein Turm darf höher sein, als die Grundfläche breit ist, und auch nicht, als ein anderer Turm
dahinter oder links. Die Frage, wie viele verschiedene Anordnungen von Türmen sich bei einer gegebenen Grundflächengröße
bauen lassen, ist dank einer entsprechenden Formel leicht beantwortet. Schwieriger wird es, wenn die Anordnungen
der Türme bestimmte Symmetrien aufweisen sollen oder wenn man nicht die Anordnungen selbst, sondern ihre Bestandteile
abzählen will. Zwar gibt es auch dafür Formeln. Doch die Krux ist – nicht bei allen diesen Formeln weiß
man, ob sie wirklich korrekt sind. Das wird nur vermutet.
Wer weiß den Beweis?
Der Beweis, dass eine bestimmte dieser Formeln korrekt ist, gelang nun Dr. Christoph Koutschan und Dr.
Manuel Kauers vom Institut für Symbolisches Rechnen der Johannes Kepler Universität Linz in Zusammenarbeit
mit Prof. Doron Zeilberger aus den USA. Dabei ging es um eine Formel für die Berechnung einzelner Komponenten
in total symmetrischen planaren Partitionen. Zur besonderen Methode der Beweisführung meint Dr. Koutschan:
"Wir haben es den Computer machen lassen! In manchen Bereichen der Mathematik ist das ja inzwischen Routine."
Das Prinzip hinter solchen Computerbeweisen ist zunächst einfach. Um A=B zu beweisen, berechnet der Computer
eine Hilfsgleichung U=V mit folgenden zwei Eigenschaften: "Wenn U=V wahr ist, dann ist auch A=B wahr"
und "ob U=V wahr ist, kann leicht überprüft werden".
Was so leicht klingt, stellte tatsächlich eine große Herausforderung dar, wie Dr. Koutschan weiter ausführt:
"Dieses Verfahren funktioniert nicht für jede Gleichung. Unser wesentlicher Schritt war es, die Andrews-Robbins-Vermutung
in eine geeignete Form zu bringen, die dann mit dem Computer bewiesen werden konnte." Dass die Hilfsgleichung
dabei in Wirklichkeit etwas komplexer als "U=V" war, belegt ihr Umfang: Ausgedruckt würde sie ca.
1 Mio. A4-Seiten bedecken und ist damit vermutlich die längste Gleichung, die je in einem mathematischen Beweis
verwendet wurde.
Stanleys Liste
Der Aufwand für diese "Formulierung" hat sich jedoch gelohnt. Denn mit dem Beweis der Andrews-Robbins-Vermutung
gelang es den Forschern, die letzte einer Reihe berühmter Vermutungen zu beweisen. Diese wurden im Jahr 1985
vom US-Mathematiker Richard Stanley auf einer historischen Konferenz in Montreal vorgestellt. Alle diese Vermutungen
wurden in den folgenden Jahren bewiesen – bis auf die Andrews-Robbins-Vermutung. Dazu meint Dr. Kauers: "Als
letzter verbleibender Eintrag in Stanleys Liste hat diese Vermutung viele bedeutende Experten und Expertinnen angezogen.
Trotzdem blieb sie für fast 30 Jahre unbewiesen. Dass der Beweis schließlich mit einem automatischen
Beweisverfahren gelungen ist, zeigt, dass moderne Computerprogramme mathematische Probleme knacken können,
an denen traditionelle Mathematiker und Mathematikerinnen scheitern."
Zwar sind solche Erfolge bisher die Ausnahme, doch zeigt dieses FWF-Projekt das Potenzial einer computerbasierten
Beweisführung. Vor dem Hintergrund des rasanten Fortschritts der Rechnerleistung werden Computer vielleicht
eines Tages sogar Antworten zu den größten offenen Fragen der Mathematik liefern.
Originalpublikation:
A proof of George Andrews’ and David Robbins’ q-TSPP conjecture. C. Koutschan, M. Kauers D. Zeilberger. DOI: 10.1073/pnas.1019186108 |