WIFO-Prognose  

erstellt am
25. 01. 11

Bundesvoranschlag 2011 setzt erste Konsolidierungsschritte
Wien (wifo) - Nach der Überwindung des Tiefpunktes der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise muss die Budgetpolitik wieder einen nachhaltigen Pfad einschlagen. Die Bundesregierung strebt ab 2012 die Senkung des Maastricht-Defizits unter die Obergrenze von 3% des BIP an, bis 2014 soll das Maastricht-Defizit schrittweise auf 2,2% des BIP reduziert und die Schuldenquote bei gut 72% des BIP stabilisiert werden. Ein geringerer und nur temporärer Teil des Anstiegs der Schuldenquote - etwa 2,5% des BIP - geht auf die großteils zwar nicht defizit-, aber schuldenwirksame staatliche Unterstützung für den Bankensektor sowie die Griechenlandhilfe zurück. Zur Gesamtverschuldung des Sektors Staat gemäß Maastricht-Kriterien kommen die außerbudgetären Schulden der Gebietskörperschaften hinzu: Die wesentlichen Unternehmen des Bundes (ÖBB, ASFINAG und BIG) werden bis 2011 Finanzverbindlichkeiten von 36 Mrd. Euro akkumulieren, die langfristigen Verbindlichkeiten der Krankenanstalten der Bundesländer erreichten 2009 gut 2 Mrd. Euro und jene der marktbestimmten Betriebe der Gemeinden Ende 2008 12,5 Mrd. Euro; insgesamt sind dies über 17% des BIP 2011.

Der Konsolidierungspfad für die Jahre 2011 bis 2014 beruht auf einem Konsolidierungspaket, das aus gesamtstaatlicher Perspektive gut zur Hälfte aus Ausgabeneinsparungen und knapp zur Hälfte aus steuerlichen Maßnahmen besteht. Die Einsparungen im Bundesbudget betragen kumuliert 8,1 Mrd. Euro. Sie betreffen sämtliche Ressorts und resultieren insgesamt aus einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen mit einem jeweils mäßigen Konsolidierungsbeitrag. Als Einzelbereich erbringen die monetären Familienleistungen neben dem Pensionsbereich den größten Konsolidierungsbeitrag. Angesichts des Finanzierungsbedarfs in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sind die Kürzungen der entsprechenden Ausgaben trotz der geplanten Offensivmaßnahmen problematisch. Umfassende ressort- und gebietskörperschaftenübergreifende Strukturreformen, die zwar kurzfristig nur ein geringes, mittelfristig jedoch ein erhebliches Einsparungsvolumen erbringen könnten, wurden dagegen bislang kaum initiiert.

Die geplanten Steuermehreinnahmen zur Budgetkonsolidierung erreichen im Zeitraum 2011 bis 2014 etwa 6 Mrd. Euro. Im Vollausbau stammt etwa jeweils ein Drittel aus den Mehreinnahmen an Umweltsteuern und aus im weiteren Sinne vermögensbezogenen Steuern. Ein Drittel speist sich aus mehreren Einzelmaßnahmen. Das Steuerpaket enthält eine Reihe auch strukturell vorteilhafter Einzelmaßnahmen (vor allem Einführung oder Anhebung von Umweltsteuern, vermögensbezogenen Steuern, Tabaksteuer sowie die Abschaffung steuerlicher Ausnahmen mit unerwünschten Effekten). Allerdings stehen eine Einbindung dieser punktuellen Maßnahmen in eine umfassende, mittelfristig aufkommensneutrale "ökosoziale" Abgabenstrukturreform und damit die Verbindung der Konsolidierungsnotwendigkeiten mit strategischen wirtschaftspolitischen Zielen sowie dem Anliegen, das Gesamtabgabensystem wachstums- und beschäftigungsfreundlicher zu machen, noch aus.

Die Maßnahmen des Bankenpakets umfassten bisher gut 35 Mrd. Euro und damit knapp die Hälfte des vorgesehenen Rahmens von 75 Mrd. Euro. Bisher wurden 5,874 Mrd. Euro an rückzahlbarem Partizipationskapital gezeichnet sowie Kapitalerhöhungen im Ausmaß von 220 Mio. Euro vorgenommen. Die Kapitaltransfers erreichten bisher ein Volumen von etwa 160 Mio. Euro. An Griechenland wurde 2010 ein Darlehen von 604 Mio. Euro gewährt, 2011 sind weitere 839 Mio. Euro veranschlagt. Unter Berücksichtigung der Refinanzierungskosten des Bundes für das Bankenpaket sowie der Einnahmen (Dividenden für Partizipationskapital, Haftungsentgelte, Rückzahlung von Partizipationskapital) wird das Bundesbudget aus den Bankenhilfsmaßnahmen sowie der Griechenlandhilfe 2008 bis 2010 per Saldo belastet, 2011 übersteigen die veranschlagten Einnahmen die erwarteten Ausgaben.

Die Staatsquoten liegen in Österreich weiterhin über dem EU-Durchschnitt. Bis Mitte der 2000er Jahre verringerte sich der Abstand tendenziell, bis 2012 wird er aber wieder zunehmen. Das Budgetdefizit ist in Österreich ebenso wie die Schuldenquote im EU-Vergleich deutlich unterdurchschnittlich.
 
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