In einer Sondersitzung des Nationalrats forderten die Grünen am 4. Feber mit ihrem Dringlichen Antrag die
ehestmögliche Abhaltung einer Volksbefragung zur Abschaffung oder Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht.
Da sich die bisherige Vorgehensweise von Verteidigungsminister Norbert Darabos in dieser Frage als nicht zielführend
erwiesen habe und seine diesbezüglichen Modellberechnungen umstritten seien, verlangten die Grünen, das
Volk zu befragen und brachten außerdem einen Mißtrauensantrag gegen den Verteidigungsminister ein.
Aber nicht nur die Opposition, sondern auch Koalitionspartner ÖVP konfrontierte den Ressortleiter mit Kritik.
Die Mißtrauensanträge der Grünen und der FPÖ gegen den Verteidigungsminister scheiterten aber
ebenso wie einer des BZÖ, der an die gesamte Bundesregierung gerichtet war. In der überaus lebhaften
Diskussion argumentierten die Debattenredner nicht nur pro und contra allgemeine Wehrpflicht, sondern behandelten
grundsätzliche Fragen der Sicherheitspolitik, der Neutralität, des Zivildienstes und des Katastrophenschutzes.
Die Abgeordneten brachten ihre sehr divergierenden Vorschläge dazu ein, welche Aufgaben das Heer künftig
erfüllen soll und wie es dafür auszugestalten sei.
Wie zu erwarten war, brachte die Debatte im Hohen Haus keine Lösung des Problems, das sich - aus momentaner
Sicht - als schwer lösbar darstellt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich - einen
Tag vor der Sondersitzung - demonstrativ hinter seinen Verteidigungsminister gestellt und ihm den Rücken gestärkt.
In einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" erklärte er, auch nach der Sitzung werde der Verteidigungsminister
Norbert Darabos heißen. Und das ohne Weisungen. Er, Faymann, stehe hundert Prozent hinter Darabos und dessen
Modell für ein Freiwilligenheer. Und das tue auch die SPÖ, so Faymann.
Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) erklärte am Tag nach der Sondersitzung
in einem Interview, vor jeder Entscheidung über die Zukunft des Bundesheeres müsse es zunächst eine
Sicherheitsstrategie für Österreich geben, bevor die Frage der Wehrpflicht diskutiert werden könne.
Hier habe sich die SPÖ - allen voran Verteidigungsminister Darabos - in eine Debatte verrannt, die so nicht
notwendig gewesen sei, so Pröll. Jetzt gehe es darum, zur Sachlichkeit zurückzukehren. ÖVP-Klubobmann
Karlheinz Kopf sagte in seinem Debattenbeitrag im Parlament, Darabos habe "eine ordentliche Portion Mißtrauen
bei der ÖVP erworben." Wegen der weitreichenden Folgen eines parlamentarischen Mißtrauens habe
die ÖVP aber davon abgesehen, sich den Mißtrauensanträgen der Opposition nicht anzuschließen.
Aber er sollte den Bogen nicht überspannen, so Kopf.
FPÖ- Bundesparteiobmann HC Strache meinte, die Aussagen von Vizekanzler Pröll im ORF-"Mittagsjournal"
hätten klar gezeigt, dass die Stimmung in der Koalition ausgesprochen angespannt sei. Dass die ÖVP die
Misstrauensanträge gegen Verteidigungsminister Darabos nicht mitgetragen habe, habe Pröll nicht schlüssig
argumentieren können. Ob diese Koalition tatsächlich bis 2013 halte, sei im Gegensatz zu den Aussagen
des ÖVP-Obmanns höchst unsicher.
Nur die FPÖ stehe voll und ganz zur Wehrpflicht und zur österreichischen Neutralität. Und im Gegensatz
zu den anderen Parteien habe die FPÖ auch bereits ein vernünftiges Konzept für eine zukunftsweisende
Reform des Wehrdienst vorgelegt.
BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner sagte, ÖVP-Chef Pröll habe deutlich gezeigt,
dass die Große Koalition zerrüttet sei. Die beiden Parteien hätten einfach keine gemeinsamen Projekte
mehr. Das sei nur noch eine Scheinehe - aufrecht gehalten von der Angst vor Neuwahlen! Die unverhohlenen Drohungen
gegenüber Vereidigungsminister Darabos seien der beste Beweis dafür. Die Tatsache, dass die Spitze der
ÖVP zur Heeresreform keine eigenen Ideen habe, habe Pröll aber nicht verstecken können.
Die Anforderungen an die nationale Sicherheit können nur noch von einem perfekt ausgebildeten Berufsheer und
einer freiwilligen Milizkomponente garantiert werden.
Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz erklärte, ÖVP-Obmann Pröll habe einmal
mehr das alte Zwangs-Heer verteidigt und blockier wie in der Bildungspolitik notwendige Reformen. Pilz plädiert
dafür, dass das Parlament noch im Februar mit der Erarbeitung einer neuen Sicherheitsdoktrin für Österreich
starte. Dennoch sei eine Volksbefragung unvermeidlich und unumgänglich. 24.000 junge Männer, die vom
Zwangsdienst bedroht seien, wie auch die Angehörigen des Bundesheeres, hätten ein Recht darauf, rasch
zu erfahren, wie es in Zukunft weitergehe.Der Grüne regte an, dass sich Regierung und Opposition schnell auf
einen Termin für die Volksbefragung noch vor dem Sommer einigen sollte. |