Abschlusstag des Symposiums "Landtage auf dem Weg in die Zukunft"
in der Salzburger Residenz
Salzburg (lk) - Aus vielen unterschiedlichen Perspektiven beschäftigten sich zahlreiche Expertinnen
und Experten am 04.02. mit der Zukunft der Landtage bei der Fortsetzung des Symposiums zum Thema "Landtage
auf dem Weg in die Zukunft" in der Salzburger Residenz. Das Symposium wurde von der Österreichischen
Landtagspräsidentenkonferenz gemeinsam mit dem Institut für Föderalismusförderung veranstaltet.
Nach der Begrüßung durch den Präsidenten des Bundesrates, Gottfried Kneifel (Oberösterreich)
standen rechtshistorische sowie verfassungstheoretische und -politische Fragestellungen im Mittelpunkt. Moderiert
wurde der zweite Tag des Symposiums von den Landtagsdirektoren Hofrat Dr. Karl Edtstadler (Salzburg), Univ.-Doz.
Dr. Peter Bußjäger (Vorarlberg) und Dr. Wolfgang Steiner (Oberösterreich).
Univ.-Prof. Dr. Harald Stolzlechner von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg
sprach in seinem Beitrag "Die Landtage der österreichischen Bundesländer und die österreichischen
Rechtsfakultäten" über Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Landtage mit Rechtsfakultäten
und ging dabei auf gesetzliche Grundlagen der Zusammenarbeit, praktizierte Formen, Landtagsenqueten, wechselseitige
Zusammenarbeit sowie personelle Verschränkungen ein.
Eine historische Analyse vom Februarpatent 1861 über den Zerfall der Habsburgermonarchie 1918 bis zum Beginn
der Zweiten Republik 1945 gab Univ.-Prof. Dr. Robert Kriechbaumer von der Universität Salzburg in seinem Referat
"1861, 1918, 1945 – Welches Österreich?" Kontinuitäten und Brüche. Eine historische Längsschnittanalyse".
"Die Frage, welches Österreich man wiedererrichten wollte, wurde keineswegs einhellig beantwortet und
war keineswegs unumstritten", führte Prof. Kriechbaumer unter anderem aus. "Vor allem Karl Renner
wollte eine neue Verfassung und damit eine völlige Entmachtung der Länder zugunsten des Gesamtstaates,
wurde jedoch von diesen Intentionen durch Adolf Schärf vor allem mit dem Argument, dass damit eine Integration
der westlichen und südlichen Bundesländer in die Zweite Republik unmöglich wäre, abgehalten."
Über die Funktionen von Landtagen und Gesamtstaatsparlament und ihre Bedeutung für die Entwicklung des
Föderalismus in der österreichischen Monarchie seit 1861 referierte anschließend ao. Univ.-Prof.
Dr. Christian Neschwara von der Universität Wien in seinem Vortrag mit dem Titel "Die verfassungsrechtlichen
Funktionen von Landtagen und Gesamtstaatsparlament. Ein Überblick der Entwicklung seit 1861". "Der
Kern der den Ländern als Selbstverwaltungskörper eingeräumten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Angelegenheiten wurzelt in der landständischen Vermögensverwaltung des Vormärz", so Prof. Neschwara.
Er bewahre die "historisch-politische Individualität" der Länder auch in Phasen der Verfassungsentwicklung,
in denen sie Gefahr laufen, durch den Gesamtstaat völlig überlagert zu werden, wie in der Monarchie unter
Josef II. oder im Neoabsolutismus, aber auch in der Republik unter dem Regime der vorläufigen Verfassung im
Jahr 1945.
Nach einer Diskussionsrunde behandelte em. o. Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger von der Universität Wien
in seinem Referat "Der Bundesstaat im Zeitalter der europäischen Integration" die Themen Bundesstaatlichkeit
in der EU, Problematik der Kompetenzverteilung, verfassungsrechtliche Bedingungen einer funktionierenden Bundesstaatlichkeit,
Reform der Kompetenzverteilung mit Hilfe des Drei-Säulen-Modells, erweiterte Steuerautonomie der Länder
sowie die Zukunft der Landtage.
Noch vor der Mittagspause referierte Univ.-Prof. Dr. Anna Gamper von der Universität Innsbruck über die
"Bedeutung des Legislativföderalismus in Österreich und Europa". Prof. Gamper ging der Frage
nach, an welche verfassungsrechtlichen Grenzen ein "legislativföderaler Austausch" stoßen
könnte und ob damit eine Entwicklung verfolgt werde, die im Einklang mit jenen Reformprozessen stehe, die
andere Bundes- oder hochentwickelte Regionalstaaten in Europa gerade durchmachen. "Ein Befund des geltenden
verfassungsrechtlichen Systems des österreichischen Legislativföderalismus weist den Landtagen dabei
eine zentrale funktionale und organisatorische Rolle zu", so Prof. Gamper. "Bisherige Überlegungen
zu einer tiefgreifenden Reform des österreichischen Bundesstaates konnten den Legislativföderalismus
nicht ausgespart lassen. Dabei zeigte sich in jüngerer Zeit der Gedanke eines legislativföderalen Austausches
dahingehend, den Ländern Kompetenzen zu nehmen, dafür jedoch den Bundesrat als ihr Vertretungsorgan zu
stärken."
Am Nachmittag behandelte Univ.-Prof. Dr. Barbara Leitl-Staudinger, Universität Linz, das Thema "Parlamentarische
Kontrolle durch die Landtage – Bedeutung und Perspektiven". Inhalte ihres Beitrages waren die steigende Bedeutung
der parlamentarischen Kontrollrechte der Landtage, der Ausbau und die Neugestaltung der parlamentarischen Kontrollrechte
der Landtage, ausgewählte Problembereiche der Ausgestaltung parlamentarischer Kontrollrechte der Landtage
– wie Berichtspflichten und Einsichtsrechte, die begleitende Kontrolle durch Landesrechnungshöfe und die mittelbare
Bundesverwaltung als Gegenstand parlamentarischer Kontrolle durch die Landtage – sowie Perspektiven der Landtage.
Den Abschluss der Vortragsreihe bildete das Referat von Univ.-Prof. Mag. Dr. Manfred Prisching, Universität
Graz, zum Thema "Megatrends – die Länder im integrierten Europa und in einer globalisierten Welt".
Prof. Prisching ging dabei auf die wirtschaftliche und politische Dimension der Globalisierung ein. "Die Unterschiede
zwischen Innenpolitik und Außenpolitik schwächen sich ab", so Prof. Prisching. Einer der intensivsten
Globalisierungsprozesse sei die Europäisierung. Es sei nach wie vor nicht klar, was aus Europa werden solle
– ein loser Verbund oder ein Superstaat. Auch innerstaatliches politisches Handeln bekomme völlig neue Formen.
Das alte System von Hierarchie und Rechtsstaatlichkeit werde immer stärker durch informelle Mechanismen, durch
Anreizsysteme oder durch vertragliche Varianten durchbrochen. "Auch dies ist eine neue Art, Politik zu machen,
wir sind in Wahrheit im Experimentierstadium", betonte Prof. Prisching. |