Darabos
beauftragt Generalstab mit vertiefter Ausarbeitung eines Freiwilligenheers
Verteidigungsminister möchte Reformvorschläge sachlich
diskutieren - Commenda: "Generalstabs-Modelle seriös und in sich plausibel"
Wien (bmlvs) - Verteidigungsminister Norbert Darabos wird am 03.02. den Abgeordneten im Landverteidigungsausschuss
sowie den Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrates seine Heeres-Modelle präsentieren. Das kündigte
der am 02.02. in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem interimistischen Generalstabchef, Generalleutnant Othmar
Commenda an. Diese Debatten sowie die Nationalratssondersitzung am 04.02. würden die Möglichkeit bieten,
sachlich über seinen Reformvorschlag zu diskutieren. Unabhängig von der politischen Debatte werde er
den Generalstab beauftragen, eine Vertiefung der bisherigen Ausarbeitungen zum Freiwilligenheer vorzunehmen, um
einen etwaigen Umstieg auf ein neues Wehrsystem zu ermöglichen, so Darabos. "Wir werden uns genau anschauen,
welche Rahmenbedingungen und Grundlagen es zur Umsetzung eines Freiwilligenheers zwingend braucht", so Commenda.
Die vom Generalstab errechneten Wehrsystem-Modelle bezeichnete Commenda als "seriös und in sich plausibel".
Darabos bekräftigte neuerlich, dass ein verschlanktes Bundesheer ohne Wehrpflicht - "ein modernes Bundesheer
mit gleicher Leistung, gleichen Kosten aber ohne Zwang" - die Zukunft ist. Man müsse sich die Frage stellen,
ob es zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch notwendig ist, junge Männer zum Grundwehrdienst einzuberufen. "Ich
bin der Meinung, dass es angesichts der Sicherheitslage nicht mehr notwendig ist, 24.000 jungen Staatsbürgern
pro Jahr einen Einberufungsbefehl zu schicken", betonte der Minister.
Mit dem Freiwilligenheer könnten alle derzeit vorstellbaren Einsätze im In- und im Ausland erfüllt
werden: Assistenzeinsätze zur Katastrophenhilfe mit mindestens 10.000 Mann und zur sicherheitspolizeilichen
Assistenz seien ebenso sichergestellt wie die Luftraumüberwachung, für Auslandseinsätze zum internationalen
Krisenmanagement und zur Friedenssicherung würden knapp über 1.000 Soldaten bereitgestellt. Und es seien
sowohl eine personelle wie auch eine finanzielle Realisierbarkeit mit der derzeitigen Budgethöhe vorstellbar.
"Die Kosten sind mit rund 2,18 Mrd. Euro pro Jahr veranschlagt - es kostet also nicht mehr als das bestehende
System", so Darabos.
Der Minister trat auch den in den vergangenen Tagen von Reformgegnern immer wieder geäußerten Zweifeln
an der Rekrutierung der Freiwilligen entgegen. So hatte das Bundesheer im vergangenen Jahr ohne Prämien nur
allein für den Ausbildungsdienst insgesamt rund 3.500 Freiwilligenmeldungen (rund 1700 wurden auch einberufen).
" Mein Reformvorschlag sieht eine jährliche Freiwilligen-Nährrate von rund 2.000 in der Zielstruktur
vor. Damit decken wir den Bedarf ab für die Profi-Miliz, die Zeitsoldaten und die Berufssoldaten, hielt Darabos
fest.
Für den raschen Aufwuchs sei es vorgesehen, dass in den ersten 4 Jahren pro Jahr rund 2.550 Personen eingestellt
werden: 850 für Profimilizsoldaten, 1.300 als Zeitsoldaten und 400 Berufssoldaten (Unteroffiziersanwärter
und Offiziersanwärter). Die Profimilizsoldaten werden 6 Monate ausgebildet oder rekrutieren sich aus den ehemaligen
Zeitsoldaten oder aus der bestehenden Miliz. Angesichts des Prämiensystems von 5.000 Euro pro Soldat und Jahr
für die Profi-Miliz sowie 7.200 Euro Auslandseinsatzprämie für die Zeitsoldaten halten die Experten
im Generlstab eine Rekrutierung für möglich. "Wenn wir bereits jetzt etwa 3.500 Freiwilligenmeldungen
haben, dann ist eine Rekrutierung von anfänglich maximal 2.550 Freiwilligen mit diesem Anreizsystem möglich",
ist der Minister überzeugt.
Es gehe nun darum, vorbereitet zu sein und den Weg für eine mögliche Transformation zu ebnen, erklärte
der Minister. Sein Vorschlag werde innerhalb der Koalition in den kommenden Wochen und Monaten zu diskutieren und
zu verhandeln sein. Darabos wies in diesem Zusammenhang auf die Beschlüsse der Bundesheerreformkommission
aus dem Jahr 2004 hin, die mit den Stimmen der ÖVP, der FPÖ, der Grünen und der SPÖ gefasst
wurden: "Die Kommission empfiehlt, die Gliederung des Bundesheeres 2010 so zu gestalten, dass spätere
Entwicklungen, etwa auch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Umstellung auf ein Freiwilligenheer, möglich
sind." Das heißt, er setze damit eine Empfehlung der Reformkommission um hielt der Minister fest..
Der interimistische Generlstabschef Commenda betonte, dass aufgrund der budgetären Situation, der personellen
Entwicklung und fehlender Rahmenbedingungen (z.B. angepasstes Dienstrecht für das Berufsbild Soldat), "völlig
unabhängig vom zukünftigen Wehrsystem, tiefgreifende Reformen zwingend notwendig - niemand im Bundesheer
bezweifelt das". Die Modell-Berechnungen im Bericht seien keine abgeschlossenen Planungsbearbeitungen, sondern
zeigen die Machbarkeit von unterschiedlichen Wehrsystemen auf. "Sie sind anhand der vom Generalstabschef vorgegebenen
Annahmen und Festlegungen in sich plausibel", unterstrich Commenda.
Der Generalstab werde nun eine detaillierte Ausarbeitung jener Grundlagen und Rahmenbedingungen durchführen,
welche notwendig sind, um im Falle einer Entscheidung der politischen Führung die etwaige Etablierung einer
Freiwilligenarmee zu ermöglichen. "Diese Bearbeitung wird in den nächsten Monaten unter breiter
Einbindung der betroffenen Kommanden und Dienststellen erfolgen", schloss Commenda. |