Gemeinsame Obsorge  

erstellt am
11. 02. 11

Bandion will Lösung noch im Februar
Justizministerin: Antragsrecht auf gemeinsame Obsorge für uneheliche Väter - Fortführung der gemeinsamen Obsorge nach Scheidungen als Regelfall
Wien (bmj) - Justizministerin Claudia Bandion-Ortner setzt nun in der Familienrechts-Diskussion ein Ultimatum für eine Lösung - sie wünscht sich eine politische Einigung zu Änderungen bei der Obsorge noch im Februar, wie sie am 11.02. im Gespräch mit der APA erklärte. Für uneheliche Väter soll es künftig nach Anerkennung der Vaterschaft ein Antragsrecht auf gemeinsame Obsorge geben. Bei Scheidungskindern spricht sich Bandion-Ortner weiterhin für die Fortführung der gemeinsamen Obsorge als Regelfall aus.

Die Arbeitsgruppe zum Familienrecht werde am 28. Februar ein letztes Mal tagen, kündigte Bandion-Ortner an. Noch im Februar wünsche sie sich einen Entwurf bzw. eine politische Einigung mit der SPÖ sowohl für uneheliche Kinder als auch für Scheidungskinder.

Ein jüngst veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) mache im Bereich der unehelichen Kinder "Druck", betonte die Ministerin. Derzeit ist es so, dass bei unehelichen Geburten die Obsorge zunächst der Mutter alleine zusteht - eine gemeinsame Obsorge kann zwar beantragt werden, dafür braucht es aber die Zustimmung beider Elternteile. Der Mutter obliege die Entscheidung, und das habe der EGMR kritisiert, so die Ministerin. Künftig soll es, geht es nach Bandion-Ortner, nach Anerkennung der Vaterschaft ein Antragsrecht des Vaters auf gemeinsame Obsorge geben - ist die Mutter nicht einverstanden, müsse das Gericht entscheiden.

Gleich mitverhandeln will die Justizministerin Änderungen der Obsorge-Regelungen bei Scheidungskindern: Der "natürliche Zustand der gemeinsamen Obsorge" solle grundsätzlich auch nach einer Scheidung aufrecht bleiben. Nur wenn das Kindeswohl gefährdet sei, solle es eine alleinige Obsorge geben.

"Es geht um's Kindeswohl", betonte Bandion-Ortner, und nicht um Parteipolitik. Sie fühle sich auch aus Teilen der SPÖ unterstützt, etwa vom Kinderfreunde-Bundesvorsitzenden und oberösterreichischen SPÖ-Chef Josef Ackerl. Dieser hatte am Donnerstag gemeint, er könne sich vorstellen, dass künftig bei unverheirateten Eltern die gemeinsame Obsorge zur "Regellösung" wird, von der nur dann abzuweichen ist, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist.

 

Kollross: Nicht am Symptom herumdiskutieren, sondern an der Ursache die Hebel ansetzen!
Im Trennungsfall hilft kein Gesetzestitel, sondern ein verpflichtendes begleitetes Schlichtungssystem zur Klärung strittiger Obsorgefragen!
St. Pölten (sp-nö) - Der Landesvorsitzende der Kinderfreunde NÖ, Andreas Kollross, kritisiert die aufgeflammte Diskussion zur Obsorge "als am Kern des Problems vorbeigehend": "Das Kernproblem ist der Streit der Eltern im Trennungsfall und nicht die Frage verheiratet oder unverheiratet!"

"Wir diskutieren Gesetzestitel, während wir viele Eltern im Trennungsstreit völlig überfordert allein lassen. So gibt es weder Verpflichtung noch Unterstützung für sich trennende Eltern, um mitzuhelfen, dass sie ihren Trennungskonflikt von der Frage der gemeinsamen elterlichen Verantwortung fern halten. Das in Deutschland überaus erfolgreiche Modell der Cochemer Praxis beweist, dass ein solches verpflichtendes vorgelagertes rasches Schlichtungsverfahren den überwiegenden Teil der strittigen Trennungen lösen hilft und so die Gefahr gebannt ist, dass der Trennungsstreit auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird."

"Diskutieren wir also nicht Gesetzestitel, sondern die in Wirklichkeit meist sehr konkreten Fragen wie Unterhalt, Besuchsrecht, Kindesentzug, Entfremdung und vor allem schnelle Intervention im Trennungsfall. Ein Gesetz kann zu diesen Fragen keine tragbare Einigung zwischen den Eltern verordnen. Eine Einigung müssen Menschen erarbeiten und viele von diesen brauchen dabei professionelle Hilfe, die wir als Gesellschaft im Interesse der Kinder endlich bereitstellten sollten. Die Kinderfreunde NÖ treten deshalb weiterhin für die flächendeckende Einführung der Cochemer Praxis in Österreich und gegen die verpflichtende gemeinsame Obsorge bei Trennung, egal ob Ehe oder Lebenspartnerschaft, an deren Einführung durch die Hintertür die Justizministerin wohl derzeit arbeitet, ein. Denn zur Sanierung der vom EGMR beanstandeten Gesetzeslage, braucht es nicht zwingend die gemeinsame Obsorge", so Kollross weiters.

Zur Detaildiskussion, die momentan gerade am Beispiel der nicht verehelichten Beziehungen geführt wird, stellte Kollross fest: "Einmal mehr gelingt es nicht, in der Diskussion den Hebel an der Ursache anzusetzen, weshalb sich die Debatte weiter in Symptomen verfängt."

Österreich hat noch immer ein konservatives Familienbild, das alle Antworten und somit auch Rechte aus der Ehe ableitet. Fakt ist jedoch, das immer mehr Menschen ihre Zusammengehörigkeit nicht durch Standesamt und Kirche legitimieren. Daraus entstehen viele Baustellen. Eine davon ist die Obsorge. Wer die Obsorge in der konkreten Frage regeln will, soll nicht Scheindebatten führen, sondern die längst überfällige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaften in jeder Einzelheit umsetzen, denn der Grund für die aktuelle Debatte liegt im Spannungsfeld der gesetzlichen Ungleichheit von Lebenspartnerschaft und Ehe auf der einen Seite, und Rechte und Pflichten zwischen Eltern auf der anderen Seite, schloss Kollross.

 

Hofer: FPÖ bedankt sich bei Kinderfreunden
Wichtige Unterstützung für gemeinsame Obsorge
Wien (fpd) - FPÖ-Vizeparteiobmann Norbert Hofer bedankt sich bei den Kinderfreunden für ihre klare Haltung zur gemeinsamen Obsorge. Josef Ackerl, Bundesvorsitzender der Kinderfreunde, hat klargelegt, dass sich der Gesetzgeber am Leitbild orientieren muss, dass "die gemeinsame Obsorge in der Regel dem Wohl des Kindes entspricht. Partnerschaftliche Familien sind ein öffentliches Gut. Ein modernes Familienrecht muss diese Partnerschaftlichkeit begünstigen."

Hofer: "Damit stellen sich die Kinderfreund klar auf die Seite von Kindern als Trennungsopfer. Ich hoffe, dass es in der Gesellschaft einen breiten Konsens für diese Haltung geben wird und wir in Österreich damit zu einem modernen Familienrecht kommen können. Denn Eltern bleiben auch nach einer Trennung vom Partner Eltern. Klar ist, dass ein Elternteil das Recht auf gemeinsame Obsorge verlieren muss, wenn sie dem Kindeswohl abträglich ist. In Österreich geht man jedoch den umgekehrten Weg. Hier muss im Streitfall erst das Gericht klären, ob der Kontakt mit einem Elternteil gestattet werden kann. Und es dauert oft Jahre, bis das Gericht auch nur über das Besuchsrecht entscheiden kann. Für kleine Kinder ist das eine Ewigkeit, die zu einer fatalen Entfremdung führt.

Hofer verweist dabei auf den Fall eines österreichischen Kinderarztes, der tagtäglich dutzende Kinder in seiner Ordination behandelt. Seit Jahren gibt es aber keine Entscheidung darüber, ob er dazu geeignet ist, seine eigenen Kinder sehen zu dürfen. Hofer: "Das ist schlichtweg grausam, sowohl für die Kinder als auch für den betroffenen Elternteil."

 

Haubner für gemeinsame Obsorge als Standardlösung
"Wer bezahlt, soll auch ein Mitspracherecht haben"
Wien (bzö) -
"Die gemeinsame Obsorge im Trennungsfall soll Regelfall und nicht Ausnahme sein", so BZÖ-Familiensprecherin Abg. Ursula Haubner. Das BZÖ verweist auch auf die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung, in der festgeschrieben ist, dass Kinder das Recht auf beide Elternteile haben.

"Wer bezahlt, soll auch ein Mitspracherecht haben", so die BZÖ-Familiensprecherin. Denn sehr oft gebe es auch Elternteile, die nicht nur zahlen, sondern auch die Entwicklung ihrer Kinder sehen wollten. Deshalb sei es auch nötig, dass "auch nicht verheiratete Väter ins Sorgerecht miteinbezogen werden." Aus diesem Grund verlangt Haubner, dass die 2004 geschaffene und geförderte Besuchsbegleitung auf gesetzliche Basis gestellt werde. Haubner: "Das BZÖ wird nicht locker lassen und einen Antrag einbringen, dass der gesetzlich Rahmen geschaffen wird. Es ist Zeit moderne Wege in der Familienpolitik einzuschlagen".
     

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