Musik-Tool der FH St. Pölten trifft den richtigen Ton   

erstellt am
10. 02. 11

Software für Filmschaffende unterstützt erfolgreiches & erschwingliches Komponieren
St. Pölten (prd) - Filmmusik schnell und kostengünstig selbst komponieren? Das ist mit GeMMA, einem innovativen Musik-Tool der FH St. Pölten, keine Zukunftsmusik mehr. Nach nur zwölf Monaten intensiver Forschungstätigkeit erfolgt nun bereits die Entwicklung dieser einzigartigen Software zur Unterstützung von Nicht-Komponisten. Diese hilft mit intelligenten Algorithmen aus, wo komplexe Musikexpertise zum kreativen Komponieren fehlt. Die Software wird zukünftig vor allem kleinen Filmunternehmen oder Low-Budget-Produktionen nützen, die dann auch mit geringem finanziellen Aufwand professionelle Töne anschlagen und sich so mit den großen Playern ihrer Branche messen können.

Eine wilde Verfolgungsjagd im Action-Thriller begleitet von dramatisch anschwellender Musik und donnernden Klängen - wer könnte sich einen spannenden Film ohne eine solche musikalische Untermalung vorstellen? Denn erst mit dem richtigen Sound werden die stärksten Emotionen des Publikums geweckt. Aus diesem Grund wollen Filmschaffende die optimale Hintergrundmusik für ihre Produktionen und lassen sich diese mitunter große Summen kosten. Das können sich kleine Film-Studios aber oft nicht leisten. Dennoch bedeutet das nicht, dass sie sich deshalb mit wenig kreativen und oftmals klischeehaften Stücken aus freien Musikdatenbanken begnügen müssen. Dank der Forschungsleistung der FH St. Pölten steht nun eine Software namens GeMMA (Generative Music for Media Applications) zur eigenen Produktion von Medienmusik zur Verfügung, die alle Stücke spielt.

Ein kleines bisschen fröhlicher
"Nach einem Jahr umfangreicher Forschungsarbeit können wir nun erste klingende Teilergebnisse präsentieren, die professionellen Anforderungen zum kreativen Komponieren gerecht werden", sagt Projektleiter FH-Prof. Hannes Raffaseder, Leiter des Instituts für Medienproduktion an der FH St. Pölten. "Zukünftig wird man mit der GeMMA-Software keine große Musik-Expertise mehr brauchen und sich keine diffizilen Fachkenntnisse mehr aneignen müssen. Vieles steckt bereits in der Software, sodass ein neues und individuelles Musikstück auf Basis einiger Einzelentscheidungen geschaffen werden kann." Dabei gilt es in einem ersten Schritt die Instrumente zu wählen, z. B. Blechblasinstrumente. Dann muss die gewünschte Tonleiter festgelegt werden, gefolgt von Melodie und Rhythmik. Sollte der Output dann nicht dem Zweck entsprechen, können alle getätigten Entscheidungen nachverfolgt und wunschgemäß abgeändert werden. Als Basis für die neue Melodie kann ebenso ein Referenzstück definiert werden. Dieses Stück kann in das System eingezogen und dann kreativ an die persönlichen Vorstellungen angepasst werden. Das passiert unter anderem mithilfe semantischer Parameter: Mit einigen Klicks entscheidet man, ob die Musik trauriger, fröhlicher oder gespannter und dramatischer werden soll.

Wohltemerperierte Mathematik
Um Musik nach solchen semantischen Parametern verändern zu können, mussten im Vorfeld umfangreiche Untersuchungen durchführen werden, wie FH-Prof. Raffaseder erklärt: "Auf Basis eines sozio-kulturellen Zugangs haben wir zunächst 400 Filme analysiert und ausgewertet, welche Funktionen die Filmmusik hat und welche Bedeutungen sie vermittelt. In weiterer Folge stellten wir uns die Frage, wie Musik eigentlich bestimmte Emotionen hervorruft. Dabei wollten wir herausfinden, wie stark sich diese Emotionen mit einzelnen Parametern der Musik beeinflussen lassen." HörerInnentests ergaben unter anderem starke Korrelationen zwischen hoher Lautstärke sowie schnellem Tempo und einer allgemein aktivierenden Empfindung. Weiters fanden wir auch eine Beziehung zwischen hohen, konsonanten sowie schnellen Tonabfolgen mit fröhlicher Stimmung, die jedoch deutlich schwächer ausgeprägt war. In einem nächsten Schritt wurden Filmhandlungen mit den Instrumenten in der Begleitmusik in Verbindung gesetzt. Dabei wurde deutlich, dass beispielsweise bei feierlichen Szenen am häufigsten Gitarren, Tamburine und Gesang zum Einsatz kommen, während bei Unfällen vielmehr Geigen und Trompeten erklingen. Für gewalttätige Umgebungen sind Blechbläser typisch. Die Analyse bestätigte also im Wesentlichen mehr oder weniger bekannte Filmmusik-Klischees. Derzeit versucht das Forschungsteam der FH St. Pölten diese Ergebnisse in spezielle Berechnungsverfahren und intelligente Algorithmen zu übersetzen, welche die Basis des (teil)automatisierten Komponierens mit GeMMA bilden. Die ersten bereits verfügbaren Teilergebnisse sind vielversprechend. Dabei bleibt es natürlich nach wie vor den persönlichen Vorstellungen überlassen, ob auf bewährte und bekannte Muster gesetzt oder bewusst mit Klischees gebrochen werden soll.

Aufgrund des positiven Echos bei internationalen Fachtagungen sollen die innovativen Projektergebnisse in verschiedensten Bereichen Verwendung finden. Ein Prototyp soll bereits im Jahr 2012 mit namhaften PartnerInnen kommerziell weiterentwickelt werden. Der wissenschaftlichen Community werden unter einer Open Source Lizenz Teile der GeMMA-Software zur Verfügung gestellt. Das zeugt von der erfolgreichen anwendungsorientierten Forschungstätigkeit an der FH St. Pölten. Diesen Beitrag zur Umsetzung von Wissen in zukunftsweisende Innovation honoriert nicht zuletzt auch das COIN (Cooperation & Innovation) Aufbauprogramm der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Bei COIN handelt es sich um eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), die dieses Projekt aufgrund seiner Innovationsleistung fördert.

Hineinhören in GeMMA-Musik: http://gemma.fhstp.ac.at/wp-content/uploads/2011/02/GeMMA_Example.mp3


Über die Fachhochschule St. Pölten
Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung in den Bereichen Technologie, Wirtschaft und Gesundheit & Soziales. In mittlerweile 14 Studiengängen werden mehr als 1800 Studierende betreut. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt innerhalb der Studiengänge sowie in eigens etablierten Instituten, in denen laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickelt und umgesetzt werden.
     
Informationen: http://www.fhstp.ac.at    
     
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