Tumpel:
Quote ein Muss!
Wien (ak) - „Wenn die Wirtschaft bis Ende 2011 keine konkreten Fortschritte macht, müssen wir
auf EU-Ebene über Schritte nachdenken, wie sie bereits in Frankreich, Spanien und Norwegen im Gesetzblatt
stehen. Das sagte kürzlich EU-Justizkommissarin Viviane Redding. Und ich kann sie nur voll und ganz unterstützen.
Viele Frauen sind bestens ausgebildet, sie wollen nicht nur arbeiten, sie wollen auch Verantwortung übernehmen.
Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit“, sagt AK Präsident Herbert Tumpel.
Unveränderte Männerdominanz in ATX-Unternehmen
Das Ziel, dass bis zum Jahr 2015 30 Prozent und bis 2020 40 Prozent der Aufsichtsräte der börsennotierten
Unternehmen auf Europas Binnenmarkt weiblich sind, kann nicht anders verwirklicht werden. Von einer Verwirklichung
dieser Forderung ist auch Österreich noch „meilenweit“ entfernt, wie eine Neuauflage der AK-Studie vom Februar
2011 deutlich macht. „Trotz heftiger öffentlicher Diskussion und vielen Versprechungen seitens der Wirtschaft
hat sich an der Männerdominanz in den heimischen Führungsetagen nichts geändert. Der Frauenanteil
in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bleibt inakzeptabel niedrig“, kritisiert Tumpel.
609 Geschäftsführer, 28 Geschäftsführerinnen
Bei den untersuchten Top 200 Unternehmen liegt der Anteil der weiblichen Vorstände bei mageren 4,4
Prozent und ist damit gegenüber dem Vorjahr sogar noch gesunken: Im Jahr 2011 leiten nur 28 Geschäftsführerinnen
die Unternehmensgeschicke, während 609 männliche Kollegen eine Vorstandsfunktion bekleiden.
Männer bleiben im Aufsichtsrat unter sich
Nur jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied ist eine Frau: Unter den KapitalvertreterInnen liegt die Frauenquote bei
lediglich 7,5 Prozent. Im Vergleich dazu ist der Frauenanteil in den Reihen der ArbeitnehmerInnenvertretung der
Top 200 Unternehmen mit 16,6 Prozent mehr als doppelt so hoch. Insgesamt liegt der Frauenanteil im Aufsichtsrat
bei 10,3 %. Da die Versprechungen der Wirtschaft leer blieben, fordert Tumpel die Einführung einer gesetzlichen
Frauenquote von 40 Prozent.
Nur drei Frauen zählen zur ATX-Vorstandsriege
Stark unterrepräsentiert sind weibliche Führungskräfte auch am Top-Börsesegment ATX: Der Frauenanteil
im Vorstand liegt dort lediglich bei 3,9 Prozent, am gesamten Prime Market haben Geschäftsführerinnen
überhaupt nur einen Anteil von 3,0 Prozent. Die Aufsichtsrätinnen im ATX haben eine Repräsentanz
von 8,5 Prozent und liegen damit sogar unter dem Niveau der Top 200 Unternehmen. Mit 8 von 19 Personen stellen
auch hier die Betriebsrätinnen einen maßgeblichen Anteil an der Vertretung von Frauen im Aufsichtsratsgremium.
Gesetzliche Frauenquote statt freiwilliger Selbstregulierung
Die enttäuschende Entwicklung bei den börsennotierten Unternehmen macht deutlich, dass freiwillige
Selbstverpflichtung in Form von Kodexempfehlungen nicht ausreicht, um die Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen
zu erreichen. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass Selbstregulierung versagt und nur eine gesetzliche
Regelung den gewünschten Erfolg bringt. Norwegen, Spanien und seit kurzem auch Frankreich haben dies bereits
erkannt und die entsprechenden Gesetze beschlossen. Auch in Deutschland schlägt die öffentliche Diskussion
dazu hohe Wellen.
In Österreich sollte nun schnellstmöglich gehandelt werden, um in der Frage der Gleichstellung nicht
eines von Europas Schlusslichtern zu bleiben. |
Heinisch-Hosek: "Mit Freiwilligkeit kommen wir nicht weiter"
Nehmen wir uns selbst und die Wirtschaft in die Pflicht, mehr Frauen in Aufsichtsräte
zu bringen
Wien (bpd) - "Mit Freiwilligkeit kommen wir ganz offensichtlich nicht weiter", sagt Frauenministerin
Gabriele Heinisch-Hosek anlässlich der von der Arbeiterkammer Wien zu Frauen in Führungspositionen veröffentlichten
Zahlen. In den Aufsichtsräten der größten 200 Unternehmen seien nur zehn Prozent Frauen vertreten.
Da habe sich in den vergangenen Jahren fast nichts getan. Und in den Vorstandsetagen schaue es mit der Präsenz
von Frauen mit deutlich unter fünf Prozent noch schlimmer aus, so die Ministerin.
"Jetzt muss Schluss sein mit den ewigen Ausreden. Dass die Zeit schon dafür sorgen wird, dass es mehr
Frauen an die Spitze schaffen werden, das ist einfach nicht so. Jedes Jahr werden wir eines besseren belehrt",
sagt die Frauenministerin. Der Zeitpunkt sei jetzt genau richtig, um uns selbst als Regierung und die Wirtschaft
in die Pflicht zu nehmen und die Aufsichtsräte weiblicher zu machen. Denn viele europäische Länder
seien uns schon deutlich voraus und hätten längst erkannt, dass es auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit
sei, Frauen in Führungspositionen zu bringen. Es sei bereits allen klar, dass Frauen mittlerweile vielfach
besser ausgebildet seien als die Männer und alle Studien würden belegen, dass gemischte Führungsteams
bessere wirtschaftliche Ergebnisse brächten.
"Ich bin überzeugt, dass mehr Frauen in Führungspositionen für die Wirtschaft, für die
Frauen und letztlich für die gesamte Gesellschaft gut sind. Und ja, es wird auch bedeuten, dass einige Männer
ihre Chefsessel räumen müssen. Aber eine 90-prozentige Männerquote in Aufsichtsräten ist einfach
nicht mehr zeitgemäß. Ich werde in dieser Frage nicht mehr locker lassen und in einem ersten Schritt
gemeinsam mit Wirtschaftsminister Mitterlehner an einer Selbstverpflichtung für staatsnahe und börsenotierte
Unternehmen arbeiten", so Heinisch-Hosek abschließend. |