Rübenbauernverbände pro Umwandlung von Nicht-Quotenzucker und
contra Importe
Brüssel/Wien (bmlfuw/aiz) - Die EU-Kommission überlegt zwei Maßnahmen, das Zuckerangebot
am Binnenmarkt zu erhöhen. Die Kommission informierte die Mitgliedstaaten am 10.02. beim Verwaltungsausschuss
in Brüssel, dass Agrarkommissar Dacian Ciolos seine Generaldirektion Agri mit entsprechenden Rechtstexten
beauftragt habe und präsentierte dazu zwei informelle Arbeitspapiere.
Demnach überlegt die Generaldirektion Agri zum einen, dass ausnahmsweise 500.000 t Nicht-Quotenzucker und
26.000 t Isoglucose außerhalb der Quote zu einer reduzierten Überschussabgabe (normalerweise EUR 500,-
pro t) auf den EU-Lebensmittelmarkt gebracht werden dürfen. Und zum anderen will sie eine mengenmäßig
offene Ausschreibung für Zuckerimporte vom Weltmarkt zu ermäßigten Zollsätzen im Wirtschaftsjahr
2010/11 eröffnen. Formelle Vorschläge der Kommission und eine Abstimmung könnten in einem der nächsten
der 14-tägig angesetzten Ausschüsse folgen. Vonseiten der Rübenbauern in der EU sieht man mit der
Freigabe von Nicht-Quotenzucker für den EU-Binnenmarkt zwar eine Forderung erfüllt, lehnt aber die zollermäßigten
Importe ab und spricht sich dagegen vielmehr für eine Eröffnung einer Exporttranche von Nicht-Quotenzucker
durch einen Vorgriff auf 2011/12 aus.
Bei den Importen denkt die Kommission an eine Ausschreibung für Rohzucker und Weißzucker aus Drittländern.
Bieter, die mit der geringsten Zollermäßigung auszukommen gedenken, sollen demnach die Zuschläge
in den 14-tägigen Verwaltungssausschüssen erhalten. Die Kommission möchte für die Importausschreibung
keine Gesamtmenge festlegen, um flexibel auf den Bedarf in der EU reagieren zu können. Der Verband der Europäischen
Zuckerrübenanbauer CIBE sprach dagegen in einer Aussendung vorigen Dienstag davon, dass sich die EU-Kommission
damit "einer unangemessenen Vorratspolitik schuldig" mache und damit "zu einem Anstieg des Zuckermangels
auf dem Weltmarkt" beitrage. Dieser Mangel treibe die Preise eines unverzichtbaren Lebensmittels für
die Ärmsten auf dem Weltmarkt und in der EU auf Rekordhöhen. Im Gegenteil fordert man daher zusätzliche
Exportquoten von Nicht-Quotenzucker als Vorgriff auf das kommende Wirtschaftsjahr 2011/12, um damit die Weltmarktversorgung
zu verbessern und die Bereitschaft der Landwirte in der EU zu stimulieren, bei der anstehenden Frühjahrsaussaat
für 2011/12 mehr Zuckerrüben anzubauen.
EU-Rübenbauernverband CIBE: Genug Zucker in der EU - Import treibt Weltmarktpreis
Dagegen meint CIBE, dass die Zuckerproduktion der EU im Wirtschaftsjahr 2010/11 (01.10.2010 bis 30.09.2011) in
ihrer Gesamtheit ausreiche, "um den EU-Markt angemessen zu versorgen unter der Bedingung, dass die EU-Kommission
die Entscheidung zum Verkauf von EU-Nicht-Quotenzucker auf dem heimischen Lebensmittelmarkt ohne Verzögerung
trifft". CIBE habe dies seit Oktober 2010 gefordert und der Agrarkommissar habe dies im Jänner 2011 angekündigt.
Für die Inverkehrbringung von Nicht-Quotenzucker am Binnenmarkt denkt Ciolos' Behörde an eine Menge von
500.000 t, für welche die Überschussabgabe von EUR 500,- pro t reduziert beziehungsweise auf Null gesetzt
werden könnte. Die Zuckerhersteller dürften Anträge für höchstens jene Mengen stellen,
die sie selber außerhalb der Quote eingelagert haben.
"Die Rübenbauern" ebenfalls gegen voreilige Importe und Verzicht auf Zolleinnahmen
Auch beim heimischen Interessenverband "Die Rübenbauern" sieht man die EU ausreichend aus
eigener Zuckerproduktion versorgt. Es komme lediglich zu regionalen Ungleichgewichten, etwa zu einer Unterversorgung
in Großbritannien, nachdem ein extremer Wintereinbruch verhindert hat, dass die Rübenernte zur Gänze
eingebracht werden konnte, und hier bis zu 20% verloren gingen. Hingegen lagere aber in anderen Mitgliedstaaten
Überschusszucker. Auch sei nicht einzusehen, dass die EU-Kommission weitere zollermäßigte Importe
zulassen wolle, obwohl die Lager in der EU knapp nach Abschluss der Kampagne 2010/11 voll wären. Es sei zudem
viel zu früh in dem am 01.10. begonnen Wirtschaftsjahr von einer knappen Versorgungslage in der EU mit Zucker
zu sprechen, weil die zurzeit hohen Preise am gesamten Weltmarkt auch die industriellen Verarbeiter dazu bewegen
könnten, Rübenzucker durch Produkte aus anderen Rohstoffen zu substituieren. Dadurch könne sich
der prognostizierte Verbrauch am Binnenmarkt in dieser Saison noch spürbar verringern, weshalb man für
ein Zuwarten bei der Entscheidung über die Erleichterung von Importen plädiert. Schließlich sieht
man bei den Rübenbauern nicht ein, warum die EU auf Zolleinnahmen verzichten wolle und gleichzeitig nicht
dazu bereit sei, über die Abschaffung der von der Branche als ungerechtfertigtes Abkassieren kritisierte Produktionsabgabe
auf Zucker in der EU zu reden. |