Gemeinsame Agrarpolitik: Nachhaltigkeit und Vielfalt sichern   

erstellt am
15. 02. 11

NR-Abgeordnete diskutieren mit EU-Landwirtschaftskommissar Ciolos
Wien (pk) - Der EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Dacian Ciolos, hielt sich am 14.02. als Teilnehmer der Wintertagung des Ökosozialen Forums in Wien auf und benützte diese Gelegenheit, um mit Mitgliedern des Landwirtschaftsausschusses des Nationalrats über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union zu diskutieren. Der Gemeinsamen Agrarpolitik stehen derzeit wichtige strategische Entscheidungen für die langfristige Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Gebiete innerhalb der EU bevor. Wie Kommissar Ciolos betonte, lege man dabei den Focus auf Nachhaltigkeit und den Erhalt der Vielfalt. Die GAP soll deshalb weiterhin in zwei klar definierte Säulen gegliedert sein. Das betrifft zum einen die jährlichen direkten Unterstützungszahlungen an die LandwirtInnen, zum anderen marktwirksame Maßnahmen, die zur Erreichung der gemeinwirtschaftlichen Ziele der EU gebündelt, zugleich aber verstärkt den Besonderheiten der 27 Mitgliedsstaaten gerecht werden sollen. Die Details der zukünftigen budgetären Gewichtung der beiden Säulen der GAP sind laut Ciolos aber noch in Diskussion.

In seinem einleitenden Statement stellte EU-Agrarkommissar Ciolos fest, dass es aus seiner Sicht zu keiner Renationalisierung der Agrarpolitik kommen dürfe, eine Haltung, die von Bundesminister Nikolaus Berlakovich geteilt wurde. Berlakovich und die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses begrüßten es, dass die EU-Kommission das Gespräch mit den nationalen Parlamenten und den VertreterInnen des Agrarsektors sucht. Es gehe dabei auch um die Planungssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern über 2014 hinaus, meinte der Minister.

Die Fragen der Abgeordneten an den Kommissar betrafen den Bereich der Ernährungssicherheit, der Sicherung der Qualität der Nahrungsmittel und der dazu notwendigen natürlichen Ressourcen, den Erhalt lebensfähiger ländlicher Gemeinschaften und die Sicherung der Arbeitsplätze im ländlichen Raum sowie die finanziellen Rahmenbedingungen der europäischen Agrarpolitik. Angeschnitten wurden auch sozial- und frauenpolitische Aspekte der Agrarpolitik. Auch der für Österreich zentrale Gesichtspunkt, wie eine kleinstrukturierte Landwirtschaft unter den besonderen Bedingungen, wie sie im Alpenraum bestehen, aufrecht erhalten werden kann, kam zur Sprache. Die Fragen an den EU-Kommissar wurden von den Nationalratsabgeordneten Kurt Gaßner, Elisabeth Hakel, Michael Schickhofer (alle S), Franz Eßl, Jakob Auer, Anna Höllerer (alle V) Harald Jannach, Maximilian Linder (beide F), Christiane Brunner (G) und Gerhard Huber (B) gestellt. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) vertrat bei dem Treffen den kurzfristig verhinderten Ausschussobmann Fritz Grillitsch (V).

EU-Kommissar Ciolos erläuterte in seiner Beantwortung, dass die anstehenden Reformen sicherlich zu Veränderungen der gegenwärtig bestehenden GAP-Instrumente führen werden. Die GAP solle aber weiterhin auf zwei Säulen aufgebaut sein, wobei die erste die Verwaltung öffentlicher Gelder und ihre effektive und unbürokratische Verteilung umfassen werde. Direktzahlungen müssten weiterhin die erste Säule der gemeinsamem Agrarpolitik bilden, bekräftigte er. Die Aufgabe, die es hier zu lösen gelte, liege in der gerechten Verteilung der Lasten zwischen den Mitgliedsstaaten. Es könne aus seiner Sicht dabei aber nicht angehen, wenn man einerseits eine Kürzung der Budgetmittel für Agrarförderungen fordere, gleichzeitig aber der Landwirtschaft immer mehr an gemeinwirtschaftlichen Leistungen abverlange. Er werde sich dafür einsetzen, dass hier ein entsprechender Ausgleich erfolge. Allerdings könne man über Budgetierungen erst reden, wenn man sich über die Richtlinien und Indikatoren der angestrebten Ziele der Agrarpolitik im Klaren sei. Er sehe es dabei nicht als seine Aufgabe an, populistische Forderungen oder unrealistische "Wunschzettel" zu präsentieren, sagte er.

Die EU habe aber auch die Herausforderungen in Bezug auf grundlegende Änderungen in der zweiten Säule der Agrarpolitik zu bewältigen, stellte Ciolos fest, und zwar im Bereich der marktbezogenen Maßnahmen. Die zentrale Herausforderung sei dabei, wie die LandwirtInnen innerhalb der Lebensmittelversorgungskette ihren Anteil an der Wertschöpfung, der in den letzten Jahren kontinuierlich rückläufig war, steigern können. Integraler Bestandteil der GAP soll daher die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums sein, unterstrich Ciolos. Hier gehe es um die Fragen der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, um die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und eine ausgewogene räumliche Entwicklung der ländlichen Gebiete.

Ciolos vertrat die Auffassung, dass in Zukunft Fragen der Umwelt, des Klimawandels und der Innovation die Richtung der Politik immer mehr bestimmen werden. Was etwa Futtermittelimporte betreffe, so sei es für Europa unrealistisch, Autarkie bei Eiweißfuttermitteln zu erreichen, es gebe aber noch Spielraum zur Verringerung der Importabhängigkeit. Es werde aber auch darum gehen, über die zweite Säule der GAP verstärkt Schritte für einzelne Regionen nach ihren Bedürfnissen setzen zu können. Hier könnten auch Maßnahmen der "positiven Diskriminierung", etwa zur Unterstützung von Betrieben, die von Frauen geführt werden, ihren Platz finden, merkte Ciolos an.

Die Bewusstseinsbildung bei den KonsumentInnen spiele in diesem Zusammenhang eine besonders wichtige Rolle. Daher werde er sich auch um ein größeres Budget für Werbe- und Informationsmaßnahmen bemühen. Die europäische Landwirtschaft müsse auf einem globalem Markt bestehen, weshalb bewussten Konsumentscheidungen zugunsten von regional und ressourcenschonend erzeugten Lebensmitteln große Bedeutung zukomme. Was die Besonderheiten des alpinen Raumes betreffe, so könnte es in Zukunft auch Maßnahmen geben, durch welche grenzüberschreitende Regionen definiert und gefördert werden, meinte EU-Agrarkommissar Ciolos.
     
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