Opposition bekräftigt Kritik an Entwurf
Wien (pk) - Eine Neuregelung der Studieneingangs- und Orientierungsphase soll den Universitäten
eine bessere Planung des Einsatzes ihrer Ressourcen ermöglichen. Kern der diesbezüglichen Novelle zum
Universitätsgesetz 2002 ist die Vorschreibung verbindlicher Prüfungen, deren Ergebnis über die Berechtigung,
das Studium weiterzuführen, entscheiden soll. Die Regierungsvorlage passierte am 23.02. unter Berücksichtigung
eines Abänderungsantrags den Wissenschaftsausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich.
Die Opposition kritisierte den Entwurf scharf. Die Neuerungen würden die konkreten Probleme der Universitäten
in keiner Weise lösen, mit gleichbleibenden Ressourcen werde man auch keine qualitätsvolle Studienberatung
gewährleisten können, so der allgemeine Tenor von FPÖ, Grünen und BZÖ. Vor allem befürchtete
man, dass die so genannten Knock-out-Prüfungen zunehmen werden. Bundesministerin Beatrix Karl bekräftigte
demgegenüber, das Ziel sei, eine qualitätsvolle Studienwahlberatung anzubieten. Dazu werde sie gemeinsam
mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied eine Verordnung herausgeben, worin bestimmte Bedingungen für die
Beratung, die bereits an den Oberstufen beginnen müssen, festgelegt werden. Es gehe darum, sagte die Ministerin,
Studierende zu unterstützen, damit diese aus der Vielzahl der Studienmöglichkeiten die für sie geeignetste
Richtung auswählen können. Die Studierendenströme könnten so besser gelenkt werden, erklärte
sie und bestätigte, dass in weiterer Folge selbstverständlich auch über die Ressourcenfrage gesprochen
werden muss.
Weiters genehmigte der Ausschuss einstimmig das Abkommen zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Serbien. Die
Entschließungsanträge der Grünen Fraktion und des BZÖ wurden vertagt. Beide Anträge illustrierten
die sehr unterschiedliche Herangehensweisen der beiden Parteien an die Probleme der Universitäten: Während
die Grünen einen Ausbau des Stipendiensystems und eine Ausweitung des BezieherInnenkreises fordern, vertritt
das BZÖ die Auffassung, dass eine Begrenzung des Anteils ausländischer Studierender die Studiensituation
an den Universitäten verbessern würde und daher deren Zahl auf den OECD-Durchschnittswert von 8,5 % begrenzt
werden sollte.
Ein Gesetzentwurf – zwei gegensätzliche Interpretationen
Im Mittelpunkt der Novelle zum Universitätsgesetz steht die bessere Planbarkeit der universitären Ressourcen,
eine bessere Lenkung der Studierendenströme und die Frage einer qualitätsorientierten Studienwahlberatung.
Dieses Ziel soll durch ein eigenes Anmeldesystem für Studienwerberinnen und Studienwerber und eine entsprechende
Festlegung der Zulassungsfristen ermöglicht werden. Durch den genannten Abänderungsantrag wird klargestellt,
dass für Bachelor-, Master- oder Diplomstudien, in denen es ein Aufnahmeverfahren gibt, keine Voranmeldung
erforderlich ist. Die Studieneingangs- und Orientierungsphase will man überdies verbindlicher gestalten. Innerhalb
dieser müssen mindestens zwei Prüfungen vorgesehen werden, für die im Semester mindestens zwei Prüfungstermine
anzusetzen sind. Diese Prüfungen dürfen nur einmal wiederholt werden und stellen die Voraussetzung für
die Berechtigung dar, das Studium weiterzuführen. Außerdem sollen StudienwerberInnen anlässlich
der erstmaligen Zulassung zum Studium künftig nachweisen müssen, dass sie eine Studienberatung in Anspruch
genommen haben.
Die Kritik der Opposition konzentrierte sich auf die geplante Studieneingangsphase. Vor allem wurde bezweifelt,
dass die verpflichtende Beratung kostenneutral sein wird, sollte sie, wie beabsichtigt, den erforderlichen Qualitätsansprüchen
genügen und flächendeckend sein. Abgeordneter Rainer Widmann (B) hielt daher die Regierungsvorlage für
wenig schlüssig. Auch Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) meinte, dass die neue Studieneingangsphase eine gesteigerte
Beratungs- und Überprüfungstätigkeit erfordere und damit mehr Ressourcen brauche. Ähnlich argumentierte
der Ausschussvorsitzende und Dritte Präsident des Nationalrats Martin Graf (F). An der derzeitigen schlechten
Beratung werde der Entwurf nichts ändern, konstatierte er. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) meinte, die
Beratung müsste bereits an den Oberstufen beginnen, und wenn sie im tertiären Sektor nun flächendeckend
und verpflichtend eingeführt werde, dann sei das bei gleichbleibendem Budget nur mit maximalen Qualitätseinschnitten
verbunden. Derzeit würden nämlich nur 25 bis 30% der Studierenden eine Beratung in Anspruch nehmen. Eine
gute Studienberatung bedürfe auch eines entsprechenden Zeitaufwands, ergänzte Abgeordneter Alexander
Van der Bellen (G), und auch das sei ein Kostenfaktor.
Die Abgeordneten Rainer Widmann (B), Walter Rosenkranz, Andreas Karlsböck, Martin Graf (alle F) und Kurt Grünewald
(G) befürchteten darüber hinaus ein Ansteigen der Knock-out-Prüfungen. Abgeordneter Rosenkranz kritisierte
vor allem die Reduzierung der Wiederholungsmöglichkeiten und sprach in diesem Zusammenhang von einem Programm
der "Studierendenverhinderung". Abgeordnetem Karlsböck zufolge haben Knock-out-Prüfungen an
Universitäten nichts verloren, wenn man den Anspruch auf Chancengleichheit und Fairness erheben will. Ausschussvorsitzender
Martin Graf machte darauf aufmerksam, dass ab dem Jahr 2014 geburtenschwache Jahrgänge an die Universitäten
kommen und daher die Zahl der StudienanfängerInnen bis zu 25% nachhaltig einbrechen wird. Die Politik könne
nicht hinnehmen, dass in der jetzigen Situation, wo noch geburtenstarke Jahrgänge an den Universitäten
studieren, die Betreffenden einfach das Pech haben, durch Knock-out-Prüfungen vom Studium abgehalten zu werden.
Graf trat daher für eine Studienplatzfinanzierung ein, mit Sockelbeträgen und dynamischen Anpassungen,
um allen Jahrgängen die gleiche Chance zu geben. Er reagierte damit auf Aussagen von Abgeordneter Andrea Kuntzl
(S) sowie von Ministerin Beatrix Karl, wonach es bereits derzeit Knock-out-Prüfungen gebe und diese durch
die Novelle weder gefördert noch verhindert würden. Bundesministerin Karl stellte zudem fest, es werde
nicht eine Prüfung entscheiden, sondern mehrere. Man sei jedenfalls darauf bedacht sicherzustellen, dass jeder
eine faire Chance hat zu studieren.
Was das neue Anmeldesystem betrifft, so vermisste Abgeordneter Rainer Widmann (B) entsprechende Voraussetzungen,
um tatsächlich mehr Qualität zu bieten. Von mehr Planbarkeit habe man wenig, wenn es nicht ausreichend
Studienplätze, eine entsprechende Infrastruktur und ein besseres Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden
gibt, argumentierte er.
Den Vorwurf rein kosmetischer Maßnahmen wollten die Abgeordneten Katharina Cortolezis-Schlager (V) sowie
Andrea Kuntzl (S) nicht gelten lassen. Es gehe keineswegs in Richtung Reduktion der StudienanfängerInnen,
betonte Abgeordnete Kuntzl, sondern um mehr Beratung und Information vor der Studienwahl. Die Studieneingangsphase
stelle kein Aufnahmeverfahren dar, sondern den ersten Teil des Studiums. Ziel sei es, faire Bedingungen zu schaffen,
keineswegs aber Knock-out-Prüfungen zu fördern, wobei man diese auch jetzt nicht ausschließen könne.
Die Regierungsvorlage gehe an die Wurzeln, sagte Abgeordnete Cortolezis-Schlager, denn die Eingangsphase soll das
gesamte Spektrum abdecken. Den jungen Menschen soll ein kurzer und kompakter Überblick über das gesamte
Studium schon zu Beginn vermittelt werden. Dadurch sollen die Betreffenden erkennen, ob das Studium zu ihnen passt
und ob auch die Rahmenbedingungen ihren Erwartungen entsprechen. Sie bekräftigte, dass mittels Verordnung
auch der schulische Bereich im Rahmen der Beratung mitberücksichtigt wird.
Sowohl Kuntzl als auch Cortolezis–Schlager räumten ein, dass mit der Vorlage nicht alle Probleme gelöst
sind. Sie ersetze keinesfalls die Notwendigkeit, die Kapazität im tertiären Sektor zu erhöhen, derzeit
brauche man aber mehr Planbarkeit im Rahmen der Kapazitäten. Durch die Neuregelung der Anmeldung gebe man
den Universitäten aufgrund der eingelangten Zahlen die entsprechende Zeit, notwendige organisatorische Maßnahmen
zu treffen. Im Hinblick auf die Studienplatzfinanzierung sprach sich Cortolezis-Schlager für eine Trennung
der Budgets von Lehre und Forschung aus. Abgeordnete Andrea Kuntzl stellte ihrerseits klar, dass Studienplatzfinanzierung
nicht mit einer Reduzierung des Angebots einhergehen könne.
Abkommen mit Serbien über wissenschaftliche Zusammenarbeit
Des weiteren stimmten die Ausschussmitglieder dem am 13. Juli 2010 zwischen Österreich und Serbien geschlossenen
Abkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit ( 878 d.B.) einstimmig zu. Dieses dient der Vervollkommnung
der bilateralen Beziehungen auf dem Forschungssektor. Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Forcierung wissenschaftlich-technischer
Kooperationen zwischen ihren Forschungsinstitutionen und zur Unterstützung der Teilnahme von WissenschaftlerInnen
an gemeinsamen Forschungsprojekten.
Bundesministerin Beatrix Karl unterstrich aufgrund von Wortmeldungen der Abgeordneten Alexander Van der Bellen,
Ruperta Lichtenecker (beide G), Rainer Widmann (B) und Katharina Cortolezis-Schlager (V) den Mehrwert solcher Abkommen.
Dies hätten die bisherigen Erfahrungen unter Beweis gestellt.
Diskussion über Studienbeihilfe und Studiengebühren
Eine breitere Diskussion entfaltete sich aufgrund des Antrags der Grünen zum Ausbau der Studienbeihilfe sowie
zu Initiativen für ein leistbares Wohnen. Wie Abgeordneter Kurt Grünewald (G) begründete, bezieht
derzeit nicht einmal ein Fünftel der Studierenden Studienbeihilfe, ein Viertel der HochschülerInnen befindet
sich in finanziellen Schwierigkeiten. Er forderte daher die Anhebung des Prozentsatzes der StudienbeihilfenempfängerInnen
auf mindestens 35%, die Erhöhung der Treffsicherheit des Stipendiensystems, die Anhebung der Einkommensgrenzen
auf 9.000 € sowie die Erhöhung der zur Verfügung stehenden Stipendien um jeweils 20%. Es könne auch
nicht angehen, dass die Höchststudienbeihilfe unter dem Existenzminimum bzw. der Mindestsicherung liegt, meinte
Grünewald, und wies darauf hin, dass die heimische Unterstützung für die Studierenden weit unter
dem EU-Durchschnitt liege. Außerdem sei die Zahl jener, die aus existenziellen Gründen studieren müssten,
eklatant gestiegen, was auch zu Studienverzögerungen führen würde. Der richtige Weg für Grünewald
wäre, sich bei der Studienförderung einer Grundsicherung anzunähern.
Dieser Kritik am heimischen Studienförderungssystem schloss sich Abgeordneter Rainer Widmann (B) vollinhaltlich
an und sah einen dringenden Handlungsbedarf. Er meinte jedoch, dass man in diesem Zusammenhang auch über Leistungen
und Studiengebühren reden müsse.
Auch Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) zeigte große Sympathien für die Intention des Antrags. Ein Ausbau
der Studienförderung stelle ein wesentliches Instrument dar, um breiteren Schichten den Zugang zu den Universitäten
zu eröffnen. Sie wandte sich aber mit aller Vehemenz gegen Studiengebühren. Auch Abgeordneter Kurt Grünewald
(G) meinte, Studiengebühren seien kein Anreiz, Studierende an die Universitäten zu holen.
Demgegenüber argumentierte Abgeordnete Anna Franz (V), Studienbeiträge würden die soziale Treffsicherheit
erhöhen. Das zeigten auch Untersuchungen an den Fachhochschulen, wo es Studienbeiträge gibt, und diese
ein wesentliches Element der Umschichtung darstellen. Sie machte auch darauf aufmerksam, dass das Studienförderungssystem
seit dem Jahr 2000 stark ausgeweitet worden ist.
Abgeordnete Karin Hakl (V) konnte der Kritik an der Berufstätigkeit von Studierenden nichts abgewinnen. Eine
solche sei durchaus sinnvoll, wenn sie ein gewisses Ausmaß nicht überschreitet. Hakl forderte aber von
den Universitäten, in vermehrtem Ausmaß berufsbegleitende Studien anzubieten. Dies sollte man auch bei
den Leistungsvereinbarungen berücksichtigen, meinte sie in Richtung der anwesenden Ministerin.
Der Entschließungsantrag der Grünen wurde mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.
Es seien noch zu viele Fragen offen, begründeten die Abgeordneten Katharina Cortolezis-Schlager (V) und Andrea
Kuntzl (S) den Vertagungsantrag.
Karl: Internationalisierung der Universitäten notwendig
Ebenfalls vertagt wurde der Entschließungsantrag der B-Mandatare Rainer Widmann und Stefan Markowitz. Dieser
zielt darauf ab, den Anteil der ausländischen Studierenden auf den OECD-Durchschnittswert von 8,5% zu begrenzen.
SPÖ, ÖVP und Grüne, die der Vertagung zustimmten, kritisierten die Zielrichtung des Antrags. Dieser
erwecke den Eindruck, dass ausländische Studierende an Österreichs Universitäten nicht willkommen
seien. Sowohl die Abgeordneten Kurt Grünewald (G), Andrea Kuntzl (S) und Katharina Cortolezis-Schlager (V)
als auch Bundesministerin Beatrix Karl machten auf die Notwendigkeit der Internationalisierung des tertiären
Sektors aufmerksam. Hier entstünden wichtige Beziehungen, sagten sie, die Internationalität sei ein Qualitätsfaktor.
Man brauche Mobilität und regen Austausch, man müsse aber gewisse Schranken einziehen, damit man nicht
zum Opfer des Numerus Clausus in Deutschland werde. Cortolezis-Schlager verlangte jedoch, dass Studierende aus
Drittländern für ihr Studium zahlen.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) wehrte sich gegen den Vorwurf, die Internationalisierung der Universitäten
drosseln zu wollen. Es gehe lediglich darum, die Quoten ausländischer Studierender an den internationalen
Durchschnitt anzupassen und eine gewisse Verhältnismäßigkeit herzustellen, sagte er. |