Jahresvorschau auf EU-Gesundheitsvorhaben 2011 liegt vor
Wien (pk) - In einem 21seitigen Bericht, der nun dem Parlament vorliegt, informiert Bundesminister
Alois Stöger über wesentliche gesundheitspolitische Vorhaben der Europäischen Union 2011. Als Grundlage
für die Jahresvorschau fungieren das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission sowie das Jahresprogramm
des Rates unter ungarischer Präsidentschaft.
Gesundheitspolitische Initiativen der Europäischen Kommission
Als fünf oberste Prioritäten des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission benennt der Bericht
die Bewältigung der Wirtschaftskrise, die beschleunigte Umsetzung der Reformagenda Europa 2020, die Schaffung
eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die Aufnahme von Verhandlungen über einen modernen
EU-Haushalt sowie die Stärkung der Rolle der Europäischen Union auf dem internationalen Parkett.
Was den gesundheitspolitischen Bereich anbelangt, zählen die Aktualisierung der Gesetzgebung im Bereich Gesundheitsbedrohung
durch Verabschiedung eines sogenannten "Health threat package", die neuerliche Revision der Medizinprodukte-Richtlinie,
die Überarbeitung der Tabakprodukte-Richtlinie sowie die Zusammenfassung zukünftiger EU-Vorhaben auf
dem Gebiet des Tierschutzes im Rahmen eines Strategiepapiers zu den vorrangigen Initiativen der Europäischen
Kommission 2011. Österreich sieht den Vorschlägen mit Interesse entgegen. Vor allem aber der Tierschutz
ist und bleibt ein großes Anliegen: Um die diesbezügliche Vorreiterrolle Österreichs innerhalb
der EU halten zu können, wurde bereits eine Reihe von Initiativen gesetzt, heißt es im Bericht.
Außerdem werde man 2011 mit der Arbeit an einer Neufassung der Grundnormenrichtlinie Strahlenschutz befasst
sein, die u. a. Veränderungen hinsichtlich des Schutzes vor natürlicher Strahlung mit sich bringe. Auch
der Schutz der Umwelt vor ionisierender Strahlung soll dabei festgeschrieben werden. Dieser Schritt wird von Österreich
ebenso begrüßt, wie die angestrebte Zusammenführung veterinär- und hygienerechtlicher Bestimmungen
sowie die Überarbeitung der Reglements für zusammengesetzte Erzeugnisse und Fleischinspektion im Sinne
eines risikobasierten Ansatzes.
Eine weitere Intiative der Europäischen Kommission zielt auf eine Neufassung der Vorschriften für Lebensmittel
für eine besondere Ernährung ab. Österreich unterstütze hier den Ansatz, das System der diätetischen
Lebensmittel aufzugeben und nur die spezifischen Einzelrichtlinien für Säuglingsanfangs- und Folgenahrung
sowie Beikost bestehen zu lassen, heißt es im Bericht.
In den Jahren 2012 bis 2014 sollen die Verbesserung der Richtlinie über klinische Prüfungen, die Revision
der Richtlinie über Veterinärarzneispezialitäten, die Schaffung eines einheitlichen und klaren Regelungsrahmens
im Bereich Tiergesundheitsgesetzgebung sowie die Überarbeitung der Bestimmungen über die Finanzierung
amtlicher Kontrollen zur Gewährleistung von Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz zu den vorrangigen
Initiativen der Europäischen Kommission zählen – Vorhaben, denen Österreich mit großem Interesse
entgegensieht.
Österreichs Haltung zu Vorschlägen und Mitteilungen der Kommission
Was den Vorschlag für eine Verordnung und Richtlinie in Bezug auf die Information der breiten Öffentlichkeit
über verschreibungspflichtige Arzneimittel anbelangt, entspricht der vorgelegte Entwurf nicht den Vorstellungen
Österreichs: Das Werbeverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel müsse beibehalten werden und die
Vollständigkeit der von den Zulassungsinhabern bereit gestellten Informationen gewährleistet sein. Problematisch
erscheint Österreich außerdem die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Überwachung dieser
Informationen, die nur mit zusätzlichem Personal bei den Arzneimittelagenturen bewältigbar sei.
Kritisch äußert sich Österreich auch zum Vorschlag der Kommission zwecks Verhinderung des Eindringens
gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette: Der mit dem Europäischen Parlament ausverhandelte
Kompromiss hinsichtlich der Bewertung fälschungsgefährdeter Arzneispezialitäten trage nicht dem
Wunsch Österreichs nach einer einzigen Liste risikobasierter Produkte Rechnung. Man plädiere außerdem
dafür, Maßnahmen zur Beschränkung von Arzneimittelkriminalität auf Veterinärarzneimittel
und Medizinprodukte auszuweiten, heißt es im Bericht.
Auch den mit dem Europäischen Parlament in Hinblick auf den Richtlinienvorschlag über die Ausübung
der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ausverhandelten Kompromiss halte man
für nicht zielführend: Der nun vorliegende Text entspreche nicht mehr den ursprünglich verfolgten
Zielen der Rechtssicherheit und Klarstellung, merkt der Bericht an. Die Richtlinie selbst stellt darauf ab, einen
Ausgleich zwischen dem Recht der PatientInnen auf Freizügigkeit und der Wahrung der nachhaltigen Planbarkeit
und finanziellen Stabilität der Sozialsysteme der Mitgliedsstaaten zu schaffen.
Das Vorhaben der Kommission, eine Neufassung der Verordnung über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten
vorzunehmen, begrüßt Österreich grundsätzlich. Unterstützt wird auch die Überarbeitung
der Vorschriften über eine allgemeine Lebensmittel- und Nährwertkennzeichnung, die eine EU-weite Vereinheitlichung
der diesbezüglichen Gesetzgebung zum Ziel hat.
Am Vorstoß betreffend mehr Selbstbestimmung der Mitgliedsstaaten über den Anbau gentechnisch veränderter
Organismen, den man selbst mit initiiert habe, halte man auch weiterhin fest, heißt es im Bericht. Zuletzt
wäre dieses Modell auch von Seiten des Kommissionspräsidenten als Lösungsweg angesehen worden.
Gesundheitspolitische Leitlinien des operativen Programms des Rates
PatientInnen und Angehörige von Pflegeberufen stehen im Fokus des operativen Programms unter ungarischer
Ratspräsidentschaft. Neben der Abhaltung einer Konferenz unter dem Titel "Action und Prevention"
wird u. a. den Themen Gesundheitssicherheit und eHealth besonderes Augenmerk geschenkt.
Tierschutz und Tiergesundheit sollen wesentliche Schwerpunkte des Arbeitsprogramms des Rates unter ungarischem
Vorsitz bilden. Die Arbeiten an der Tiergesundheitsstrategie werden dementsprechend zügig voranschreiten,
prognostiziert der Bericht.
Auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit wolle der Rat vor allem Gesetzgebungsvorschläge voranbringen, die
bereits erörtert bzw. vorbereitet wurden. Die Arbeit am 2010 vorgelegten Paket an Dokumenten zur rechtlichen
Verankerung der Selbstbestimmung der Mitgliedsstaaten für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen
ist ebenfalls unter ungarischem Ratsvorsitz fortzuführen.
Zu prüfen gilt es den Bericht zur Wirksamkeit und Kohärenz der sanitären und phytosanitären
Kontrollen bei der Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln, Tieren und Pflanzen. Im Anschluss daran werde man gegebenenfalls
die Arbeit an etwaigen Gesetzgebungsvorschlägen aufnehmen. |