Operationsfreie Methode zur Behandlung der Parkinson-Krankheit im Tierversuch erfolgreich - Internationale
Studie unter Beteiligung der Universität Tübingen
Tübingen (idw) - Mediziner auf der ganzen Welt setzen große Hoffnungen in eine Behandlung
von Parkinsonkranken mit Hilfe von Stammzellen. Dazu werden die Stammzellen in einer Operation ins Gehirn der Patienten
implantiert. Nun hat ein internationales Forscherteam um die Medizinerin Dr. Lusine Danielyan von der Universität
Tübingen erstmals nachgewiesen, dass Stammzellen im Tierversuch auch über die Nase ins Gehirn transportiert
werden und dort ausreichend lange überleben können, so dass eine merkliche Linderung der Parkinson-Symptome
eintritt. Die Forscher hoffen, aus diesem Ansatz eine Therapie entwickeln zu können, die den Patienten den
schwerwiegenden Eingriff einer Gehirnoperation erspart und die, wie bei anderen chronischen Krankheiten auch, über
längere Zeit wiederholt eingesetzt werden kann.
Dr. Danielyan und das Forscherteam aus verschiedenen Instituten der Universität Tübingen, der Universität
Göttingen sowie Forschungsinstituten in den USA, Ägypten, Armenien und der Schweiz verwendeten für
ihre Versuche Ratten, die zwar nicht an Parkinson erkrankt waren, bei denen aber die Versorgung mit dem wichtigen
Botenstoff Dopamin im Gehirn durch einen operativen Eingriff gestört worden war. Eine solche Störung
ist eine Begleiterscheinung der Parkinson-Krankheit. Den Tieren wurden sogenannte mesenchymale Stammzellen - das
sind solche, aus denen normalerweise Bindegewebe entsteht - über die Nase verabreicht. Die Zellen wanderten
bevorzugt und in kurzer Zeit ins Gehirn und dort in die geschädigte Hirnregion. Ein großer Teil überlebte
sechs Monate oder länger. In dieser Zeit kompensierten die Stammzellen die Symptome der Störung der Dopaminversorgung:
Der Dopaminspiegel stieg in der behandelten Region und erreichte höhere Werte als bei unbehandelten Kontrolltieren,
berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Rejuvenation Research". Die Zeitschrift
ist fachübergreifend auf Berichte über Forschungen spezialisiert, die sich mit dem Alterungsprozess und
dessen Beeinflussung beschäftigen.
Auch andere Forscher haben bereits versucht, Stammzellen auf anderem Wege als über eine Operation mit all
ihren Risiken zu verabreichen. Die Forscher weisen darauf hin, dass auch der Weg über Arterien oder Venen,
also die Blutbahn, den operativen Eingriff ersetzen könne. Beide Wege über den Blutkreislauf seien aber
mit gravierenden Nebenwirkungen verbunden.
Schon in früheren Arbeiten hatten die Tübinger Forscher und ihre Kollegen gezeigt, dass der Weg über
die Nase gut geeignet ist, Stammzellen in verschiedene Regionen des Gehirns zu transportieren. Die neueste Arbeit
diente dazu nachzuweisen, dass diese Zellen am Ziel auch überleben und dort therapeutische Wirkung entfalten.
Im Ergebnis stellten sie nicht nur fest, dass der Dopaminmangel ausgeglichen wurde. Zudem entfalteten die Zellen
in den geschädigten Hirnregionen einen stark entzündungshemmenden Effekt und verbesserten die motorische
Funktion der Tiere.
"Diese neue nicht invasive Verabreichungsmethode der Zellen in das Gehirn stellt ein schonenderes und für
mehrmalige Gaben geeignetes Verfahren dar, das in Behandlung sowohl degenerativer als auch Tumorerkrankungen des
zentralen Nervensystems verwendet werden kann. Natürlich ist der Weg bis zur klinischen Anwendung noch sehr
weit, die positive weltweite Resonanz von Patienten und deren Angehörigen sowie in Fachkreisen ermutigen jedoch
das internationale Team, diese Methode weiter zu entwickeln", sagt die Erstautorin Lusine Danielyan.
Dr. Lusine Danielyan hat im Jahr 2010 beim Kongress der Internationalen Vereinigung für Grundlagen- und Klinische
Pharmakologie (The International Union of Basic and Clinical Pharmacology, IUPHAR) in Kopenhagen einen dritten
Preis als Jungforscherin (Young Investigator Award) erhalten. Im Jahr 2009 hat das Ministerium für Ernährung
und Ländlichen Raum Baden-Württemberg sie mit dem Forschungspreis "Ersatz- und Ergänzungsmethoden
zum Tierversuch" ausgezeichnet.
Die Studie: Lusine Danielyan, Richard Schäfer, Andreas von Ameln- Mayerhofer, Felix Bernhard, Stephan Verleysdonk,
Marine Buadze, Ali Lourhmati, Tim Klopfer, Felix Schaumann, Barbara Schmid, Christoph Koehle, Barbara Proksch,
Robert Weissert, Holger M. Reichardt, Jens van den Brandt, Gayane H. Buniatian, Matthias Schwab, Christoph H. Gleiter,
and William H. Frey II: Therapeutic Efficacy of Intranasally Delivered Mesenchymal Stem Cells in a Rat Model of
Parkinson Disease. In: Rejuvenation Research, Volume X, Number X, 2011. DOI: 10.1089/rej.2010.1130 |