Novelle zur Änderung der 1. Tierhaltungsverordnung  

erstellt am
04. 03. 11

 Stöger: Schweinehaltung muss artgerechter werden
Tierschutzminister: "Viel zu lange Fixierung ohne Bewegungsspielraum" - auch die Volksanwaltschaft fordert eine Änderung
Wien (bmg) - "In der Schweinehaltung werden derzeit sogenannte Kastenstände in großem Umfang eingesetzt. Dabei werden die Tiere fast ohne eigenen Bewegungsfreiraum fixiert. Diese Tierhaltung ist nicht tiergerecht und muss daher im Sinne des Tierschutzes geändert werden", so Tierschutzminister Alois Stöger. Auch die Volksanwaltschaft drängt auf eine grundlegende Änderung. Nach der Meinung der Volksanwaltschaft widerspricht die derzeitige Regelung dem Bundestierschutzgesetz.

Am 03.03. ging dazu die Novelle zur Änderung der 1. Tierhaltungsverordnung in Begutachtung. Am Rande des Begutachtungsverfahrens sowie im Anschluss daran soll es weiterführende Gespräche geben. Das Gesundheitsministerium hält es dabei für notwendig, auch Vertreter und Vertreterinnen von NGOs sowie heimische und internationale Experten und Expertinnen auf dem Gebiet des Tierschutzes einzubinden. Ziel müsse es sein, das notwendige Einvernehmen zwischen dem Landwirtschaftsministerium und dem Gesundheitsministerium herzustellen, so Stöger.

Vorbild für Stögers Modell ist die Schweiz. Dort sind schon seit längerem entsprechende Regelungen umgesetzt. Derzeit können Zuchtsäue in Österreich im Schnitt 140 bis zu 365 Tage im Jahr in den Kastenständen, ohne jegliche Bewegungsmöglichkeit gehalten werden. Nach dem neuen Entwurf sollen es nur noch wenige Tage sein, nämlich während der Deckzeit und in Ausnahmefällen in der Geburtsphase. Übergangsfristen sind vorgesehen, damit die betroffenen Landwirte ihre Betriebe entsprechend adaptieren können. "Mit dieser neuen Regelung kann Österreich seine Vorreiterrolle im Tierschutz in Europa ausbauen", so Stöger abschließend.

 

Berlakovich: Stöger muss Verordnung zur Zuchtsauenhaltung mit Branche abklären
Heimische Schweinebranche darf nicht gefährdet werden
Wien (bmlfuw) - Als „inakzeptabel“ bezeichnete Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich am 04.03. die Vorgangsweise von Gesundheitsminister Alois Stöger, die Novelle zur Änderung der 1. Tierhaltungsverordnung in Begutachtung zu schicken, ohne diese mit dem betroffenen Sektor abzuklären. „Stöger stößt die Branche vor den Kopf. Es ist unverständlich, dass der Gesundheitsminister das konstruktive Angebot der Landwirtschaftskammer Österreich und der Schweinezüchter, einen Expertendialog unter Einbindung aller Interessensgruppen zu führen, vor der Begutachtung nicht angenommen hat“, kritisiert Berlakovich.

„Ich kann nur abermals mit Nachdruck betonen: Mein Haus wird keinesfalls einer Regelung zustimmen, die ohne Einbindung der betroffenen Branche entstanden ist“, unterstreicht der Landwirtschaftsminister. „Ich will verhindern, dass heimische Zuchtsauenbetriebe im harten, internationalen Wettbewerb gefährdet werden.“

 

 Brunner: 9-jährige Übergangsfrist völlig inakzeptabel!
Einbeziehung von Tierschutzorganisationen in Verhandlungen unabdingbar
Wien (grüne) - "Die Grünen werden den Verordnungsentwurf von Minister Stöger für die Schweinehaltung genau prüfen und setzen sich dafür ein, dass die grausame Kastenstandhaltung (Haltung in fast körperengen Eisenkäfigen) für Mutterschweine verboten wird. Die im Verordnungs-Entwurf vorgesehene Übergangsfrist bis 2020 ist die 9-jährige Prolongierung einer gesetzeswidrigen Tierquälerei, die wir keinesfalls akzeptieren werden", erklärt die Tierschutzsprecherin der Grünen, Christiane Brunner. "Die Verrohung in Agrarfabriken darf nicht so weit gehen, dass Tiere nur noch als Produktionsfaktoren und nicht als fühlende Lebewesen behandelt werden".

Das Einsperren der Mutterschweine in diese engen Eisenkäfige passiert unter dem Vorwand, dass das Muttertier die Ferkel sonst erdrücken würde. Studien beweisen jedoch, dass die Sterblichkeitsrate der Ferkel genauso gut durch strukturierte Buchten mit genug Platz für die Sauen und Ferkel gesenkt werden kann. Die Grünen fordern daher tiergerechte Stallsysteme und deren Förderung im Rahmen der Agrarsubventionen.

"Durch die vorgesehene Übergangsfrist bis 2020 wird die heutige Aussendung von Minister Stöger, die Schweinehaltung artgerechter machen zu wollen, zur Farce. Ich hoffe, er wird sich gegen die Agro-Industrie-Lobby, deren Interessen auch Minister Berlakovich vertritt, durchsetzen. Die Unterstützung der Grünen und auch der Tierschutzorganisationen ist ihm gewiss, wenn er gute Lösungsvorschläge auf den Tisch legt und verhandlungsbereit ist", erläutert die Tierschutzsprecherin der Grünen. Andernfalls ist damit zu rechnen, dass der Verfassungsgerichtshof den Widerspruch zwischen dem wesentlich strengeren Tierschutzgesetz und der tierquälerischen Verordnung prüft und die gesetzeswidrige Verordnung aufhebt.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
zurück