Anbringen des Kreuzes im Kindergarten ist nicht verfassungswidrig
Antrag gegen religiöse Feiern wie Nikolausfeste unzulässig, da Teilnahme daran
nicht verpflichtend
Wien (vfgh) -Der Verfassungsgerichtshof hat - aufgrund eines Antrages, der sich gegen religiöse
Feiern und das Anbringen des Kreuzes in niederösterreichischen Kindergärten richtete - eine Grundsatzentscheidung
zum Verhältnis von Staat und Kirche getroffen.
Auf das Wesentliche zusammengefasst, brachte das Verfahren vor dem VfGH zwei Ergebnisse:
- Der Antrag, dass religiöse Feiern wie das Nikolausfest gegen die Verfassung verstoßen, wurde als
unzulässig zurückgewiesen. Die Teilnahme an solchen Festen ist nämlich nicht verpflichtend, also
sind die Antragsteller davon auch nicht direkt betroffen. Im Kindergartengesetz gibt es keine Vorschrift, die besagt,
dass eine solche Teilnahme verpflichtend ist.
- In der Sache entschieden hat der VfGH die Kreuz-Frage. Dass ein Kreuz anzubringen ist, wenn die Mehrheit der
Kinder einem christlichen Religionsbekenntnis angehört, verstößt nicht gegen die Verfassung. Vor
dem Hintergrund der grundsätzlichen Trennung zwischen Kirche und Staat ist diese gesetzliche Regelung über
das Anbringen eines Kreuzes nicht als Präferenz des Staates für eine bestimmte Religion zu werten.
Einige Passagen der VfGH-Entscheidung im Wortlaut:
Das Kreuz ist ohne Zweifel zu einem Symbol der abendländischen Geistesgeschichte geworden. Darüber
hinaus war es stets und ist es auch heute noch ein religiöses Symbol christlicher Kirchen. Das bedeutet vor
dem verfassungsrechtlichen Hintergrund, vor dem die angefochtene gesetzliche Regelung insgesamt zu beurteilen ist,
aber nicht, dass dem Gesetzgeber bei systematischer und verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes eine - von
der Ant agstellerin angenommene - staatliche Äußerung einer Präfe enz für eine bestimmte Religion
oder gar einer Glaubensüberzeugung zugesonnen werden könnte.
Das niederösterreichische Kindergartengesetz enthält die Vorgabe, dass die körperliche, seelische
und geistige Entwicklung der Kinde u.a. durch die erzieherische Wirkung, welche die Gemeinschaft bietet, zu förde
n und zu unterstützen, ein grundlegender Beitrag zu einer religiösen und ethischen Bildung zu leisten
und die Erreichung der Schulfähigkeit zu unterstützen ist. Mit dem letzten Halbsatz wird auch deutlich
gemacht, dass der Kindergartengesetzgeber die Voraussetzungen dafür schaffen will, dass im Anschluss an den
Kindergartenbesuch die bundesverfassungsgesetzlich festgelegten Ziele für die schulische Bildung erreicht
werden können, wie sie von Art. 14 Abs. 5a B-VG festgelegt werden. Dieser macht Offenheit und Toleranz sowie
die an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientierte Verantwortung zu Bildungszielen und gibt
staatlichen Bildungseinrichtungen explizit das Ziel vor, Jugendliche gegenüber dem religiösen und weltanschaulichen
Denken anderer aufgeschlossen zu machen.
Angesichts dessen ist im gesetzlichen Gebot der Anbringung eines K euzes in Gruppenräumen von Kindergärten
keine Äußerung des Staates zu erblicken, mit der er eine Präferenz für eine bestimmte Glaubensübe
zeugung zum Ausdruck bringen möchte.
In Hinblick auf die für nächste Zeit zu erwartende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte (EGMR) zum Thema Anbringen des Kreuzes in italienischen Schulen ist noch auf Folgendes hinzuweisen:
An der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ändert sich, gleich wie der EGMR entscheidet, nichts
Die verfassungsrechtliche Situation in Italien zu dieser Frage ist auch nicht mit der in Österreich
vergleichbar. Bei künftigen Verfahren zu Fragen dieser Art wird der Verfassungsgerichtshof, wie schon bisher,
eine möglicherweise neue Rechtsprechung des EGMR berücksichtigen.
Zahl der Entscheidung: G 287/09
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LH Pröll: Klarer Fingerzeig am Weg nach vorn
St. Pölten (nlk) - Als einen "klaren Fingerzeig am Weg nach vorn" bezeichnete Landeshauptmann
Dr. Erwin Pröll das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, nach dem Kreuze in Kindergärten nicht verfassungswidrig
seien.
"Niederösterreich ist ein weltoffenes, tolerantes Land, das sich seiner Wurzeln und Grundwerte bewusst
ist", stellte der Landeshauptmann fest. Mit dem heutigen Erkenntnis sei klargestellt, "dass in Niederösterreich
der christliche Glaube und die christlichen Grundwerte weiter hoch gehalten werden". Das werde auch symbolisiert
durch das Kreuz, "das schon vielen Generationen vor uns Hoffnung gegeben" habe, so der Landeshauptmann. |
Strache begrüßt VfGH-Entscheidung
Kreuz ist wesentlicher Bestandteil unserer europäischen und österreichischen
Identität
Wien (fpd) - Das Kreuz sei ein wesentlicher Bestandteil der europäischen und österreichischen
Identität, die von Christentum und Aufklärung geprägt sei. Aus diesem Grund sei die jüngste
Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, dass Kreuze in Österreichs Kindergärten "zulässig"
seien, mehr als zu begrüßen, so FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache.
Strache erklärte, sich auch weiterhin vehement dafür einzusetzen, "das Kreuz als Symbol unserer
Tradition und damit eines Wertesystems, das Freiheit und Menschenwürde im Zentrum hat, nicht in Vergessenheit
geraten zu lassen". In diesem Sinne sei dem VfGH Respekt zu zollen, der das Symbol des Kreuzes offenbar als
verteidigenswert erachte und Entwicklungen, die genau die damit im Zusammenhang stehenden historisch-kulturellen
Errungenschaften in Frage stellen, eine Absage erteile. "Das Kreuz als Symbol steht für eine abendländische
Tradition, die eine Spannweite vom Humanismus bis hin zur Aufklärung in sich vereint, und für ein Menschen-
und Gesellschaftsbild, das frei, selbstbestimmt und demokratisch ist", so Strache. Ebenso begrüßte
der freiheitliche Bundesparteiobmann auch die Erklärung des VfGH, dass die Abhaltung von traditionellen Feiern
wie etwa der Nikolausfeier nicht gegen die Verfassung verstoßen würde. |