Quantencomputer: Innsbrucker Physiker verschieben Grenze des bislang Möglichen
Innsbruck (universität) - Einen neuen Weltrekord haben Quantenphysiker der Universität
Innsbruck erzielt: Sie konnten 14 Quantenbits kontrolliert miteinander verschränken und realisieren so das
größte bisher gebaute Quantenregister. Das Experiment ist nicht nur ein wichtiger Schritt auf dem Weg
zu einem zukünftigen Quantencomputer, es liefert auch überraschende Erkenntnisse über das quantenmechanische
Phänomen der Verschränkung.
Der Begriff der Verschränkung wurde 1935 vom österreichischen Nobelpreisträger Erwin Schrödinger
geprägt und beschreibt ein quantenmechanisches Phänomen, das im Experiment eindeutig nachgewiesen werden
kann, das aber bis heute nicht gänzlich verstanden wird. Verschränkte Teilchen können nicht als
einzelne Teilchen mit definierten Zuständen beschrieben werden, sondern nur als Gesamtsystem. Die Verschränkung
von einzelnen Quantenbits lässt den Quantencomputer bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen als
klassische Computer. „Besonders schwierig wird es, Verschränkung zu verstehen, wenn zahlreiche Teilchen im
Spiel sind“, sagt Thomas Monz, Nachwuchsforscher im Team von Rainer Blatt am Institut für Experimentalphysik
der Universität Innsbruck. „Unsere Experimente mit vielen Teilchen verschaffen uns hier neue Einblicke“, ergänzt
Blatt.
Weltrekord: 14 Quantenbits
Die Physiker um Rainer Blatt halten seit 2005 den Rekord für die Anzahl von verschränkten Quantenbits,
die in einem Experiment realisiert wurden. Bis heute ist es niemand anderem gelungen, acht Teilchen auf kontrollierte
Art und Weise zu verschränken und damit ein „Quantenbyte“ zu erzeugen. Nun haben die Innsbrucker Wissenschaftler
diesen Rekord noch einmal beinahe verdoppelt. In einer Ionenfalle haben sie 14 Kalziumatome gefangen, welche sie,
einem Quantenprozessor gleich, mit Laserlicht manipulieren. Interne Zustände jedes Atoms bilden dabei einzelne
Quantenbits, zusammen entsteht ein Quantenregister mit 14 Recheneinheiten. Dieses bildet das Herzstück eines
zukünftigen Quantencomputers. Die Physiker der Universität Innsbruck stellten aber auch fest, dass bei
ihnen die Störungsempfindlichkeit nicht wie meist angenommen linear sondern mit der Anzahl der Teilchen quadratisch
zunimmt. Werden mehrere Teilchen verschränkt, steigt die Empfindlichkeit deshalb stark an. „Dies wird als
Superdekohärenz bezeichnet“, sagt Thomas Monz. „In der Quanteninformation wurde dieses Phänomen bisher
kaum wahrgenommen.“ Es hat nicht nur für den Bau von Quantencomputern Bedeutung, sondern auch bei der Konstruktion
sehr genauer Atomuhren oder für Quantensimulationen
Zahl der verschränkten Teilchen ausbauen
Die Experimentalphysiker in den Innsbrucker Labors schaffen es mittlerweile, bis zu 64 Teilchen in Ionenfallen
zu fangen. „Noch können wir diese große Zahl von Ionen nicht verschränken“, sagt Thomas Monz. „Die
aktuellen Ergebnisse ermöglichen nun aber ein besseres Verständnis über das Verhalten von vielen
verschränkten Teilchen.“ So können vielleicht schon bald noch mehr Teilchen miteinander verschränkt
werden.
Vor wenigen Wochen haben die Forscher um Rainer Blatt in der Fachzeitschrift Nature außerdem erstmals gezeigt,
dass Ionen auch mittels elektromagnetischer Kopplung verschränkt werden könnten. So lassen sich viele
kleine Quantenregister auf einem Mikrochip effizient miteinander verknüpfen. „Dies sind alles wichtige Schritte
auf dem Weg zu alltagstauglichen Quantentechnologien für die Informationsverarbeitung“, ist Rainer Blatt überzeugt.
Die aktuellen Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht. Finanziell
unterstützt werden die Innsbrucker Forscher unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF,
der Europäischen Kommission und der Tiroler Industrie.
Publikation: 14-Qubit Entanglement: Creation and Coherence. Thomas Monz, Philipp Schindler, Julio T. Barreiro,
Michael Chwalla, Daniel Nigg, William A. Coish, Maximilian Harlander, Wolfgang Hänsel, Markus Hennrich, Rainer
Blatt. Phys. Rev. Lett. 106, 130506 (2011) DOI: 10.1103/PhysRevLett.106.130506 |