Am 12. April feiert die bemannte Raumfahrt ihren fünfzigsten Geburtstag. Seit 20 Jahren leistet
die Technische Universität (TU) Wien wichtige Beiträge dazu.
Wien (tu) - Genau 50 Jahre ist es her, dass Juri Gagarin als erster Mensch in den Weltraum vordrang
– und auch heute noch sind Reisen ins All eine große technologische Herausforderung. Auf Schwierigkeiten
stößt man dabei im medizinischen Bereich: Die Weltraumreisenden sind im All der kosmischen Strahlung
ausgesetzt, sie können daher nicht unbegrenzt lange im All bleiben, ohne ihre Gesundheit zu gefährden.
Seit der österreichisch-russischen Austromir-Mission vor zwanzig Jahren leistet die TU Wien wichtige Beiträge
zur Strahlensicherheit im Weltraum.
Juri Gagarin – die erste Mensch im Weltraum
Am 12. April 1961 umkreiste der sowjetische Fliegermajor Juri Gagarin an Bord einer Raumkapsel in 108 Minuten
einmal die Erde. Der Flug zählt zu den größten Erfolgen des sowjetischen Raumfahrtprogramms und
gilt als Meilenstein des Wettlaufs ins All zwischen der UdSSR und den USA. Zur damaligen Zeit war man sich der
Bedeutung der Einwirkung kosmischer Strahlung auf den menschlichen Organismus weitestgehend unbewusst. „Heute weiß
man allerdings, dass die Strahlenexposition die Aufenthaltsdauer des Menschen im All begrenzt“, erklärt Michael
Hajek vom Atominstitut der TU Wien. Gerade wenn man an künftige Langzeitmissionen denkt – etwa zum Mars –
stellt die Gesundheitsbelastung durch kosmische Strahlung einen der wichtigsten Aspekte für die zukünftige
Erforschung des Weltraums dar.
20 Jahre Austromir-Mission
Auch das Atominstitut der Technischen Universität Wien feiert in diesem Jahr ein rundes Jubiläum.
Mit der radiologischen Betreuung des bislang einzigen österreichischen Kosmonauten Franz Viehböck im
Rahmen der Austromir-Mission begannen vor zwanzig Jahren die Strahlungsmessungen im Weltraum, die bis heute sehr
erfolgreich fortgesetzt wurden. Viehböck flog von 2. bis 10. Oktober 1991 an Bord eines Sojus-Raumschiffs
zur sowjetischen Orbitalstation Mir. Mit an Bord war eine Vielzahl sogenannter Lumineszenzdetektoren, kleiner Kristalle
zur Erfassung und Bewertung der kosmischen Strahlenexposition. Die Energie dieser Strahlung kann an Defekten im
Kristallgitter über lange Zeiträume gespeichert und bei kontrollierter Erwärmung in Form von sichtbarem
Licht wieder freigesetzt werden. Die Intensität des Lumineszenzleuchtens wird im Labor gemessen und ist ein
Maß für die Strahlendosis.
Seit damals nahmen die Wissenschaftler am Atominstitut der TU Wien unter der Leitung von Norbert Vana und Michael
Hajek an zahlreichen internationalen Experimenten teil. Zusammengearbeitet wird mit der russischen, der amerikanischen
und der europäischen Weltraumbehörde. Zu den Höhepunkten der Forschung zählen Messungen auf
Satelliten, Space Shuttles und in der Raumstation ISS, und auch die Betreuung des mit fast 438 Tagen längsten
ununterbrochenen Raumfluges der Geschichte, in Kooperation mit der Austrian Society for Aerospace Medicine (ASM).
Kunststoffpuppe mit echtem Skelett für die Strahlungsmessung
Derzeit ist die TU Wien am umfangreichsten Programm auf dem Gebiet des Strahlenschutzes beteiligt, das
jemals im Weltraum durchgeführt wurde. Mit der Kunststoffpuppe „Matroshka“, die detailgetreu einem menschlichen
Torso nachempfunden ist, wird die Verteilung der Strahlenexposition im Körperinneren gemessen, insbesondere
in lebenswichtigen Organen. So lässt sich genau bestimmen, welche Strahlenbelastung in den einzelnen Körperregionen
zu erwarten ist.
Verpackt in ein Containment, das einem Raumanzug nachempfunden wurde, war Matroshka zunächst für eineinhalb
Jahre an der Außenseite des russischen Segments der ISS angebracht, danach erfasste sie die Strahlung im
Inneren der Station. Die vorerst letzte Phase des Experiments, an Bord des japanischen Weltraumlabors Kibo, wurde
erst vor wenigen Wochen beendet. Matroshka ist ein internationales Programm der Europäischen Weltraumagentur
(ESA), das unter der Koordination des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführt wird.
Die Ergebnisse dieser Forschung tragen unmittelbar dazu bei, das Strahlenrisiko von Raumfahrern zuverlässig
abzuschätzen – und damit vielleicht eine zukünftige Mars-Mission vorzubereiten.
Das wertvollste Aluminium der Welt
Wie angesehen die Forschungsarbeit der TU Wien ist, zeigt eine ganz besondere Auszeichnung der russischen Weltraumbehörde:
In Würdigung der langjährigen und äußerst erfolgreichen Zusammenarbeit mit der russischen
Raumfahrt wurden Michael Hajek und Norbert Vana mit der Gagarin-Medaille ausgezeichnet. Sie ist aus Aluminium gefertigt
– einem für Medaillen wohl recht ungewöhnlichem Material. Das hat allerdings einen besonderen Grund:
Es ist das Aluminium der Wostok-1-Kapsel, in der Gagarin seinen bahnbrechenden Weltraumflug absolvierte. |