Unterrichtsausschuss weist Oppositionsanträge Unterausschuss zu
Wien (pk) - Der Unterrichtsausschuss hat am 06.04. Regierungsvorlagen plenumsreif gemacht, die im
Sinne beabsichtigter "Kulturveränderungen" an den Schulen den Schulaufsichtsbehörden die Aufgabe
des "Qualitätsmanagements" zuweisen und für SchuldirektorInnen ein neues Anforderungsprofil
als "ManagerInnen" vorsehen. Außerdem werden die schriftlichen Reifeprüfungen auch für
Externisten ab 2016 teilzentralisiert, der Einsatz von Landeslehrern an höheren Schulen ausgeweitet und Lehrenden
an Pädagogischen Hochschulen für ein weiteres Jahr Prüfungstaxen bei der Begutachtung von Bachelorarbeiten
zuerkannt. "Schulbesuch darf nicht an mangelnder Barrierefreiheit scheitern", sagte ÖVP-Abgeordneter
Franz-Joseph Huainigg und forderten die Unterrichtsministerin mit Unterstützung aller Abgeordneten mit einem
V-S-Entschließungsantrag auf, dafür zu sorgen, dass SchülerInnen nicht wegen baulicher Barrieren
vom Besuch einer Bundesschule ausgeschlossen werden, nachdem die Frist zur Schaffung barrierefreier Schulgebäude
aus Budgetgründen verlängert wurde. Ressortberichte zur EU-Bildungspolitik wurden enderledigt und eine
Reihe schulpolitischer Anträge der Opposition sowie eine Petition zur Gleichstellung aller Privatschulen dem
bestehenden Unterausschuss "Nationaler Bildungsbericht Österreich 2009" zugewiesen.
Eingangs der Sitzung äußerte die Opposition Kritik an der Art und Weise, wie die Tagesordnung dieses
Ausschusses zustande gekommen sei. Ausschussobmann Walter Rosenkranz (F) hielt fest, es sei bis gestern Nachmittag
nicht möglich gewesen, eine Tagesordnung zu erstellen, weshalb er nahe dran gewesen sei, den Ausschuss platzen
zu lassen. Sein Fraktionskollege Martin Graf bezeichnete solche Zustände als nicht haltbar und appellierte
an die Regierungsfraktionen, dieses Verhalten zu ändern. Auch innerhalb des BZÖ habe es diesbezüglich
großen Unmut gegeben, berichtete Abgeordnete Ursula Haubner, die eine solche Vorgangsweise als nicht förderlich
für eine konstruktive Zusammenarbeit ansah. Abgeordneter Harald Walser (G) wies darauf hin, dass derartige
Verzögerungen seitens der Regierungsfraktionen eine seriöse Vorbereitung auf den Ausschuss verunmöglichten.
Die Abgeordneten Elmar Mayer (S) und Werner Amon (V) entschuldigten sich für die entstandenen Kalamitäten
und versicherten, dies werde eine Ausnahme bleiben.
Sodann befasste sich der Ausschuss mit den Berichten des Ministeriums betreffend die Jahresvorschauen 2010
und 2011 der Kommission.
Abgeordnete Ursula Haubner (B) bezeichnete es ebenso wie Abgeordnete Christine Muttonen (S) als erfreulich, dass
Bildung Kernbereich der Strategie 2020 der EU sei. Haubner wollte zudem wissen, wie es mit der sprachlichen Frühförderung
aussehe, während Abgeordneter Harald Walser (G) sich nach den Maßnahmen zur Erhöhung der Akademikerquote
erkundigte.
Bundesministerin Claudia Schmied erklärte, es gehe generell um eine Betonung der Frühförderung,
die vom verpflichtenden Kindergartenjahr über die Aufwertung des polytechnischen Lehrgangs bis zu einer entsprechenden
Berufsberatung reiche. Generell gehe es darum, vermehrt auf die Interessen, Neigungen und Begabungen der Schülerinnen
und Schüler einzugehen, darauf solle das Bildungssystem abgestellt sein.
Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.
Pädagogische Hochschulen - Prüfungsprämiensystem verlängert
Eine Novelle zum "Prüfungstaxengesetz - Schulen/Pädagogische Hochschulen" räumt
Lehrenden für die Begutachtung einer Bachelorarbeit oder für besondere Leistungen als PrüferInnen
weiterhin spezielle Prüfungsprämien ein. Diese Vorlage stand als nächstes zur Verhandlung.
Abgeordnete Anna Franz (V) erläuterte die Inhalte der Vorlage und empfahl deren Annahme. Dem schloss sich
Abgeordneter Elmar Mayer (S) an, wobei dieser zudem einen Abänderungsantrag einbrachte, gemäß dem
die Befristung auf zwei Jahre verlängert werden sollte, damit die Vorlage bis zum Inkrafttreten des neuen
PH-Dienstrechten in Geltung bleiben könne.
Die Vorlage wurde einstimmig in der Fassung des Abänderungsantrages angenommen.
Auch Berufsreifeprüfung künftig teilzentral und standardisiert
Ebenso einstimmig passierte die geplante Änderung des Reifeprüfungsgesetzes den Ausschuss. Eine Novelle
zum Berufsreifeprüfungsgesetz sieht in Anlehnung an die letzte Novelle zum Schulunterrichtsgesetz, die teilzentrale
standardisierte Reifeprüfungen an AHS, BHS und höheren Anstalten der Lehrer- und Erziehungsbildung ab
2014/2015 bringt, standardisierte schriftliche Reifeprüfungen ab 2016 auch für ExternistInnen vor. Darüber
hinaus öffnet die Novelle AbsolventInnen von Musik(hoch)schulen und Ausbildungen zum Heilmasseur den Zugang
zur Berufsreifeprüfung. Weitere Änderungen betreffen die Qualifikationserfordernisse von Vortragenden
und die Anerkennung erfolgreich absolvierter Teilprüfungen.
Einsatz von Landeslehrern an höheren Schulen wird ausgeweitet
Sodann befasste sich der Ausschuss mit dem Einsatz von Landeslehrern an höheren Schulen. Änderungen im
Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und Landesvertragslehrpersonengesetz ermöglichen künftig den unbeschränkten
Einsatz von PflichtschullehrerInnen im Bereich der mittleren und höheren Schulen im Rahmen einer Mitverwendung.
Eine solche Mitverwendung ist derzeit auf Fälle der Betreuung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf
sowie der Betreuung von körper- und sinnesbehinderten SchülerInnen begrenzt.
Hier zeigte sich die Opposition skeptisch. Sie bekundete Verständnis für die Position der Gewerkschaften,
wies darauf hin, dass die Besoldungsfragen offen seien und meinte, wie etwa der Abgeordnete Harald Walser (G) ausführte,
es fehlten in zu vielen Bereichen substanzielle Antworten, um den Entwurf gutheißen zu können. Abgeordnete
Ursula Haubner (B) plädierte zudem für ein bundeseinheitliches Lehrerdienstrecht. Ein System, das nicht
mehr zeitgemäß sei, solle man nicht unnötig verlängern. Abgeordneter Martin Graf (F) mahnte
vertrauensbildende Maßnahmen und einen konkreten Zeithorizont ein. Man müsse wissen, wohin die Reise
gehe, sonst stelle man nur Schecks auf die Zukunft aus.
Abgeordneter Franz Riepl (S) und Abgeordneter Werner Amon (V) wiesen hingegen auf das deutliche Mehr an Flexibilität
hin, das diese Vorlage mit sich bringen werde. Die Gefahr eines Niveauverlusts sahen die beiden Regierungsmandatare
nicht, vielmehr ermögliche eine derartige Lösung die effiziente Bekämpfung eines Lehrermangels.
Überdies hielten beide fest, dass die Verhandlungen über ein neues Dienst- und Besoldungsrecht im Laufen
seien.
Bundesministerin Claudia Schmied meinte, es gehe primär darum, Standesdenken zu überwinden und Befürchtungen
vor Neuerungen zu zerstreuen. Die Vorlage sei ein kleiner Schritt, Grenzen und Schranken zu überwinden. Man
konzentriere sich darauf, österreichweit ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht zu schaffen, das die
nötige Durchlässigkeit gewährleiste und leistungsbezogene Entlohnungen garantiere. Man wolle die
Verhandlungen noch in dieser Legislaturperiode abschließen, sagte die Ministerin, welche dies als Chance
für eine neue Generation von Lehrern ansah, eine leistungs- und wettbewerbsorientierte Lösung zu finden.
Derzeit seien die Engpässe beim Lehrpersonal regional stark schwankend, dem stünde aber eine steigende
Zahl von Studierenden an den pädagogischen Akademien gegenüber. Nun werde es darum gehen, diese auch
in die Schulen zu bringen. Die Vorlage wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.
Qualitätsmanagement und Managerqualitäten für die Schule
Ein Änderung des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes zielt auf die schrittweise Einführung eines umfassendes
Qualitätsmanagements für alle Schulen. Kernstück ist der Nationale Qualitätsrahmen mit Zielvereinbarungen,
Selbstevaluationen und einem schlanken Planungs- und Berichtswesen. Für die Umsetzung ist ein partizipativer
Prozess unter Einbindung des Ressorts, des Qualitätsmanagements, der Schulpartner, SchulleiterInnen und der
Personalvertreter der LehrerInnen vorgesehen. Den künftig als "QualitätsmanagerInnen" positionierten
Organen der Schulaufsicht kommen als neue Aufgaben die strategische Beratung der SchulleiterInnen, die Kontrolle
der Rechtskonformität an den Schulen, die Veranlassung externer Evaluationen und die Mediation bei an den
Schulen nicht zu regelnden Konflikten zu. Die Gesetzesänderung soll mit 1.9.2012 in Kraft treten und ab 1.9.2013
an allen Schulen zur Anwendung kommen. – Die Zustimmung erfolgte mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP.
Der unter dem Titel Qualitätsmanagement angestrebte Kulturwandel an den Schulen sieht auch ein neues Anforderungsprofil
für SchuldirektorInnen vor – sie sollen sich künftig stärker als "Manager" verstehen.
Eine ebenfalls mit SPÖ- und ÖVP-Mehrheit plenumsreif gemachte Novelle des Schulunterrichtsgesetzes betont
die Führungsverantwortung von SchulleiterInnen auf dem Weg zu einer steuerungs- und wirkungsorientierten Schule
und definiert die Kernaufgaben der SchulleiterInnen wie folgt: "Leitung und Schulmanagement", "Qualitätsmanagement",
"Schul- und Unterrichtsentwicklung", "Führung und Personalentwicklung" sowie "Außenbeziehung
und Öffnung von Schule".
In der Debatte begrüßte Abgeordneter Elmar Mayer (S), der auch einen S-V-Abänderungsantrag mit
sprachlichen Präzisierungen zur Änderung des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes vorlegte, übereinstimmend
mit seiner Fraktionskollegin Christine Muttonen die Einführung des Qualitätsmanagements im Schulwesen
und die Stärkung der Schulstandorte.
Abgeordneter Stefan Petzner (B) äußerte sich grundsätzlich positiv zum Qualitätsmanagement
in der Schule, warnte aber davor, die PädagogInnen durch eine neue Papierflut und zusätzliche Berichtspflichten
mit weiteren bürokratischen Aufgaben zu belasten. Die Schule brauche nicht Qualitätssicherung, sondern
Qualitätssteigerung, sagte Petzner und plädierte dafür, statt der bestehenden Bezirks- und Landesschulräte
Bildungsdirektionen einzurichten. Direktoren im Sinne der Schulautonomie zu stärken sei ein richtiger Ansatz,
könnte aber problematische Folgen haben, wenn "starke" Direktoren Personalentscheidungen "mit
der Parteibrille" treffen. Das BZÖ wendet sich gegen jede Parteipolitik in der Schule und lehne die beiden
Gesetzesänderungen ab.
Abgeordneter Harald Walser (G) drängte auf eine Verwaltungsreform im Schulwesen und fürchtete um die
gut gemeinte Absicht eines Qualitätsmanagements, wenn es im Rahmen der bestehenden Behördenstruktur umgesetzt
werden soll. Auch Walser befürchtete das Weiterbestehen parteipolitischen Einflusses in der Schulverwaltung.
Die Botschaft der Ministerin, eine schlanke Verwaltung herbeiführen zu wollen, höre er wohl, es fehle
ihm aber der Glaube.
Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) hielt es für unbefriedigend, die Kompetenzen im Schulwesen nicht zu verändern,
obwohl das IHS und der Rechnungshof dazu Vorschläge unterbreitet haben. Auch Rosenkranz befürchtete,
dass neue Berichtspflichten Zeit kosten und letztlich zu Lasten des Unterrichts gehen werden. Das grundsätzliche
Problem bestehe darin, dass zwar viel Geld in das Schulsystem fließe, es aber nicht in den Klassenzimmern
ankomme. Mit den vorliegenden Änderungen werde das Pferd falsch aufgezäumt, statt endlich einen Neuwagen
anzuschaffen werde ein altes Vehikel mit Leukoplast repariert, um noch einmal ein Pickerl dafür zu bekommen,
sagte Rosenkranz pointiert.
Abgeordneter Werner Amon (V) wies darauf hin, dass derzeit sinnvollerweise über ein neues Dienstrecht verhandelt
werde, weil sich die Altersstruktur in den nächsten zehn Jahren aus demographischen Gründen an den Schulen
völlig verändern werde.
Amon trat gegen jede Parteipolitik in der Schule ein und wandte sich gegen Konfrontationen zwischen Bund und Bundesländern.
Er hielt Qualitätssicherung im Rahmen der bestehenden Struktur für möglich und plädierte für
eine Entwicklung weg von einem josephinischen Inspektionswesen hin zu einer Feed back-Kultur.
Abgeordneter Martin Graf (F) hielt es für einen Widerspruch in sich, eine Verwaltung mit Aufsichtsaufgaben
und zugleich mit Qualitätsmanagement zu beauftragen. Qualitätsmanagement setze finanzielle, organisatorische,
funktionelle und intellektuelle Unabhängigkeit voraus, führte Graf aus.
Unterrichtsministerin Claudia Schmied hielt zum Thema Kompetenzverteilung im Schulwesen fest, dass derzeit kein
Kompromiss mit den Ländern zu erzielen wäre, der nicht zu Lasten des Bundes gehen würde. Kritik
an hohen Verwaltungskosten in ihrem Bereich wies die Ressortleiterin vehement zurück und wies darauf hin,
dass im österreichischen Schulwesen den "Produktionskosten" von 7,3 Mrd. € lediglich Verwaltungskosten
von 118 Mio. € gegenüberstehen. Hohe Kosten verursache allerdings die Aufrechterhaltung kleiner Volksschulen
mit oft nur drei Klassen.
Damit der Bund sein Qualitätsmanagement im Schulwesen wahrnehmen könne, brauche er Berichte aus allen
Schulen, hielt Schmied fest und betonte ihre Absicht, die Schulaufsicht in das Qualitätsmanagement zu führen
sowie eine Feed back- und Vereinbarungs-Kultur zu entwickeln. Dafür sei es notwendig, das Schulleiterprofil
klarer zu definieren.
Schulbesuch darf nicht an mangelnder Barrierefreiheit scheitern
Nachdem die Frist für die Schaffung barrierefreier Schulgebäude aus Budgetgründen verlängert
wurde, verlangte ÖVP-Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg in einem V-S-Entschließungsantrag von der Bundesministerin,
Sorge dafür zu tragen, dass SchülerInnen nicht wegen baulicher Barrieren vom Besuch einer Bundesschule
ausgeschlossen werden.
Abgeordnete Ursula Haubner (B) erinnerte an ihre Kritik an der Verlängerung der Frist für die Herstellung
der Barrierefreiheit in den Schulen, wertete den Entschließungsantrag als eine Notwehraktion und war mit
Abgeordneter Helene Jarmer (G) darin einig, dass die Kontrolle der beabsichtigten Maßnahmen wichtig sei.
Abgeordneter Martin Graf (F) wies darauf hin, dass der SPÖ einst die Frist bis 2015 zu lange war, sie zuletzt
aber einer Fristverlängerung bis 2019 zugestimmt habe. Der vorliegende Antrag könnte von der FPÖ
sein, meinte Graf und kündigte seine Zustimmung an.
Abgeordneter Elmar Mayer (S) betonte die Absicht des Antrages, Kindern zu helfen, die barrierefreien Zugang zu
Schulgebäuden brauchen.
Der Entschließungsantrag wurde einstimmig verabschiedet. |