Brüssel (europarl) - Nach Ansicht der Abgeordneten soll Parteien und Stiftungen, die auf gesamteuropäischer
Ebene tätig sind, Rechtspersönlichkeit zugestanden werden, die unmittelbar auf EU-Recht fußt. Mehr
Flexibilität bei der Finanzierung, höhere Obergrenzen von Parteispenden und das Recht auf Teilnahme an
Kampagnen bei Referenden sind Teil der Vorschläge, die die Abgeordneten am 06.04. verabschiedet haben.
Das Parlament hat diese Vorschläge im Rahmen des Berichts von Marietta Giannakou (EVP, Griechenland) über
die derzeitige EU-Rechtslage für europäische Parteien angenommen. Die nicht bindende Resolution könnte
zu einem späteren Zeitpunkt in Novellierungsvorschläge münden.
Am Dienstag meinte die Berichterstatterin während der Debatte: "Bislang konnten politische Parteien keinen
Status in Anspruch nehmen, der ihrer Arbeit gemäß dem Lissabonvertrag gerecht würde. Eine europäische
Partei kann nicht in gleicher Weise funktionieren wie Nichtregierungsorganisationen."
Gemeinsamer rechtlicher und steuerlicher Status
Derzeit sind die meisten europäischen politischen Parteien, die EU-Unterstützung erhalten, in Belgien
als NGOs (Nichtregierungsorganisationen) registriert, manche sind in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen. Die
Abgeordneten plädieren für mehr organisatorische Konvergenz und meinen, dass "dies nur durch die
Schaffung eines auf EU-Recht basierenden, gemeinsamen rechtlichen und steuerlichen Status für die europäischen
politischen Parteien" erreicht werden kann.
Ein authentischer rechtlicher Status würde "die Europäischen politischen Parteien und ihren Stiftungen
in die Lage versetzen, als Vertreter des europäischen öffentlichen Interesses zu agieren", meinten
die Abgeordneten. Daher fordern sie die Kommission auf, einen Entwurf für einen rechtlichen Status vorzulegen.
Finanzierungskriterien und Kampagnen bei Referenden
Das Parlament empfiehlt eine Reform der Finanzierungsregeln von politischen Parteien. Derzeit können EU-Subventionen
bis zu 85 % der Ausgaben einer Partei abdecken, die verbleibenden 15 % sind von der Partei selbst bereit zu stellen.
Die Abgeordneten meinen, dass dieser Anteil am Gesamtbudget auf 10 % gesenkt werden könnte.
Weiters schlagen sie vor, die derzeitige Spendenobergrenze pro Jahr und pro Spender von 12 000 auf 25 000 Euro
zu erhöhen und den Zeitpunkt der Auszahlung der jährlichen Budgetmittel vorzuziehen. Die Lockerung der
Finanzierungsregelung soll durch Einführung entsprechender Sanktionen ausgeglichen werden.
Die Anerkennung einer Partei als Europäische politische Partei ginge nicht automatisch mit der Zuerkennung
von EU-Finanzierungsmitteln einher, halten die Abgeordneten fest. Nur Parteien, die mindestens einen Abgeordneten
des Europäischen Parlaments stellen, sollen EU-Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Sie schlagen zudem vor, dass sich EU-weit tätige politische Parteien an Kampagnen bei Referenden beteiligen
dürfen, solange das Thema "in direktem Zusammenhang mit Fragen der Europäischen Union" steht.
Hintergrund
Politische Parteien auf EU-Ebene sind Dachorganisationen, die sich aus verschiedenen nationalen Parteien
der Mitgliedstaaten zusammensetzen. Eine Verordnung aus dem Jahre 2003 legt sowohl die Kriterien fest, denen sie
zu genügen haben, als auch die Finanzierungsregeln. Das Parlament war aufgerufen, einen Berichtsentwurf zur
derzeitigen Funktionsweise vorzulegen.
Der Bericht wurde mit 560 Ja-Stimmen gegen 93 Nein-Stimmen bei 22 Enthaltungen angenommen. |