Der Telefonabzocke älterer Menschen wird ein Riegel vorgeschoben
Wien (pk) - Nach der Aktuellen Stunde und vor Eingang in die Tagesordnung seiner 795. Sitzung erhob
sich der Bundesrat am 14.04. zu einer Gedenkminute für den ehemaligen Wiener Spitzenpolitiker Johann Hatzl.
Überdies wurde einstimmig beschlossen, den Antrag der drei Fraktionen auf Abhaltung einer Enquete in Sachen
Nominierung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs als 18. Tagesordnungspunkt zusätzlich auf die Tagesordnung
zu setzen.
An der Spitze der Tagesordnung der Länderkammer standen jüngst gefasste Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats
gegen unerwünschte Werbeanrufe, die oft zu ungewollten "Cold Calling-Verträgen" führen.
Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes wurde auch vom Bundesrat einstimmig, die Änderung des Konsumentenschutzgesetzes
mehrheitlich verabschiedet. Den Bericht der Verkehrsministerin über Vorhaben von EU-Kommission und EU-Rat
auf den Gebieten Verkehr, Innovation und Technologie nahm die Länderkammer mit Mehrheit zur Kenntnis.
Bundesrat Ewald LINDINGER (S/O) meinte, es sei an der Zeit, dem Spuk von unerbetenen Werbeanrufen endlich ein Ende
zu bereiten. Besonders betroffen sei vor allem die ältere Generation gewesen, und nicht wenige Menschen seien
zu Schaden gekommen. Mit der vorliegenden Novelle schiebe man solchen Machinationen einen Riegel vor, sie sei daher
zu begrüßen.
Bundesrätin Elisabeth GREIDERER (V/T) schloss an ihren Vorredner an und meinte, es gehe um den Datenschutz,
um den Schutz der Privatsphäre und um den Schutz vor illegaler Abzocke. Die Vorlage diene diesem Zweck und
sei daher zu begrüßen, zumal dadurch der Bürger geschützt, aber nicht entmündigt werde.
Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (oK/N) meinte, der Erstredner habe bereits gut erklärt, worum es gehe.
Die Vorlage sei begrüßenswert, ihre Fraktion werde ihr gerne zustimmen, zumal die meisten Menschen ja
gar nicht wüssten, dass sie in solchen Fällen über den Tisch gezogen würden, weshalb entsprechende
Maßnahmen gesetzt werden müssten, wofür dieser Entwurf Sorge trage.
Bundesrat Stefan ZANGERL (oK/T) begrüßte die Vorlage gleichfalls, da sie einen Schritt in die richtige
Richtung bedeute. Auf diesem Gebiet gebe es einiges an Handlungsbedarf, der Entwurf sei hier eine erste wichtige
Maßnahme, der jedoch noch weitere folgen sollten, denn man dürfe dieses Feld nicht internationalen Betrügern
überlassen, weshalb es auch auf europäischer Ebene endlich konkrete Initiativen brauche, schloss der
Redner.
Bundesministerin Doris BURES erklärte, mit der Vorlage solle eine solide Grundlage und ein entsprechender
Rahmen geschaffen werden, Geschäftemacherei und Betrügereien wirkungsvoll einen Riegel vorzuschieben.
Es würden konkrete Verbesserungen im Konsumentenschutz vorgenommen, womit man adäquat auf die vorliegende
Problemlage reagiere. Es gelte, die Konsumentenschutzrechte zu stärken, wobei man schnell reagieren müsse,
da sich die entsprechenden Technologien ja auch immer schneller änderten. Die Ministerin kündigte an,
dass man auf diesem Gebiet auch weiterhin die erforderlichen Maßnahmen setzen werde. - Kein Einspruch.
Was plant die EU 2011 bei Verkehr, Innovation und Technologie?
Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) vermisste im Bericht nicht nur ein Inhaltsverzeichnis, sondern auch Hinweise auf
erledigte und unerledigte Maßnahmen auf nationaler Ebene sowie eine Auflistung konkreter Maßnahmen
und Vorschläge. Der Bericht enthalte viele hohle Phrasen, konstatierte er. Konkret setzte sich Krusche mit
dem Galileo-System auseinander, das sehr kostspielig sei und weit über den ursprünglich gesetzten Rahmen
hinaus gehe. Unklar sei auch, um welche Haftungen es sich im Zusammenhang mit dem Projekt handelt. Kritisch äußerte
er sich weiters zu den Body-Scannern auf Flughäfen. Selbstverständlich habe Sicherheit Vorrang, es seien
aber gleichzeitig die Persönlichkeitsrechte zu berücksichtigen und gesundheitliche Gefahrenpotentiale
zu vermeiden. Was den Flugverkehr betrifft, wünschte sich Krusche die verantwortliche Einbindung der Flughafenbetreiber
in kritischen Situationen, wie es etwa bei der Vulkanasche der Fall gewesen ist. Man könne die Menschen nicht
tagelang am Flughafen warten lassen, bemerkte Krusche.
Weniger kritisch sah Bundesrat Karl BODEN (S/N) den Bericht. Er setzte sich aber insbesondere mit dem Weißbuch
der Kommission über die Zukunft des Verkehrs auseinander. Bei der Erzeugung neuer Automobiltechniken gebe
es gute Fortschritte, meinte Boden, und man müsse in diesem Bereich noch mehr in die Forschung investieren,
vor allem mit dem Ziel, Autos ohne Erdöl betreiben zu können. Die Zukunft liege ganz klar bei den Elektroautos,
meinte er. Boden sprach ferner das Problem der Mautflüchtlinge an und kritisierte die Schließung von
Nebenbahnen in Niederösterreich. Nach seiner Auffassung gibt es auch zu wenig Polizeikontrollen auf der Straße.
Boden nahm die ÖBB-Bediensteten in Schutz und meinte, diese könnten nur so gut wie die Rahmenbedingungen
sein, und in den Jahren 2000 bis 2006 seien diese Rahmenbedingungen massiv verschlechtert worden.
Bundesrat Georg KEUSCHNIGG (V/T) konzentrierte sich auf den Brenner-Basistunnel, bei dem man nun in die Realisierungsphase
eingetreten sei. Der Tunnel werde zur Entlastung der Tiroler Bevölkerung beitragen, zeigte sich Keuschnigg
überzeugt und wies auf die bereits getätigten finanziellen Vorleistungen in der Höhe von 2 Mrd.
€ hin. Der Tunnel werde das Herzstück der Transversale von Berlin nach Palermo darstellen. Wesentlich sei
nun, das volle Augenmerk der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu schenken. Vorrang
müsse die Gesundheit der Menschen und die Natur vor einem überbordenden Verkehr haben, forderte Keuschnigg.
Auch Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) befasste sich mit dem Weißbuch über die Zukunft des
Verkehrs, das sie kritisch kommentierte. Die Probleme würden in die Zukunft verschoben, stellte sie fest,
und teilweise würden im Weißbuch auch falsche Ziele festgeschrieben. So sei Mobilität zwar begrüßenswert,
falsch sei aber, Mobilität mit Verkehr gleichzusetzen und ein Verkehrswachstum anzustreben. Dieses Ziel sei
auch dann falsch, wenn man gleichzeitig die Emissionen reduzieren wolle, konstatierte Kerschbaum. Das Bekenntnis,
den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern zu wollen, sei ein reines Lippenbekenntnis und auch
die Maßnahmen für den Flugverkehr sind ihrer Meinung nach zu kurz gegriffen. So werde man die Reduktion
der Treibhausgase um 60% nicht erreichen, stellte die Bundesrätin fest und verlangte einen Systemwandel. Auf
technische Lösungen und Verkehrswachstum zu setzen, gehe in die falsche Richtung.
Bundesministerin Doris BURES wies darauf hin, dass es sich beim vorliegenden Bericht um eine Vorlage der Kommission
handelt. Ihr Ansprechpartner sei der österreichische Kommissar Johannes Hahn, der ein echter Verbündeter
im Hinblick auf die speziellen Anforderungen Österreichs sei und auch positive Änderungen in den Vorhaben
der Kommission habe durchsetzen können. Die Verkehrsministerin unterstrich die Wichtigkeit der Verkehrspolitik
der EU für Österreich aufgrund seiner topographischen Lage, denn die europäischen Entscheidungen
hätten große Auswirkungen auf die inländische Situation. Bures zeigte sich zufrieden darüber,
dass es in Österreich einen verkehrspolitischen Konsens hinsichtlich der Verlagerung des Verkehrs von der
Straße auf die Schiene gibt, sie räumte aber kritisch ein, dass dieser Konsens dann bei Einzelprojekten
zu wünschen übrig lasse.
Auf EU-Ebene habe sie sich vehement gegen die Gleichbehandlung aller Verkehrsträger und für den Vorrang
ökologischer Verkehrssysteme eingesetzt, informierte Bures die Länderkammer. Was die geplante Emissionsreduktion
von 60% betrifft, so gab sie jenen Recht, die gemeint hatten, es müssten nun Taten folgen. Auch in ihren Augen
ist die Kommission in einigen Bereichen zu wenig ambitioniert. Sie werde sich jedoch weiter gegen die Giga-Liner
aussprechen, versicherte Bures, sowie für die Erhöhung des Anteils der Schiene. Die Bevorzugung ökologischer
Verkehrsteilnehmer, wie die Bahn, sei ihr ein Anliegen, dennoch müsse man dafür auch die entsprechenden
wirtschaftlichen Voraussetzungen schaffen, sagte Bures, und verteidigte damit die Schließung von Verladestellen
und den Transport von Schulkindern im Bus statt in der Bahn.
Die Ministerin unterstützte weiters das Projekt Galileo, weil Europa ein unabhängiges Navigationssystem
braucht, und teilte die Skepsis hinsichtlich des Einsatzes von Body-Scannern.
Der Bericht wurde von den BundesrätInnen schließlich mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Novelle zum Konsumentenschutzgesetz
Bundesrat Hermann BRÜCKL (F/O) hielt den Schutz der KonsumentInnen gegen Cold Calling für notwendig,
der nun vorliegende Gesetzesentwurf geht ihm aber nicht weit genug. Die ursprüngliche Fassung sei wesentlich
besser gewesen, sagte er, der nun zu beschließende Text konzentriere sich aber nunmehr auf Wette- und Lotteriegeschäfte
sowie auf Gewinnzusagen, womit nur 80% der Fälle abgedeckt seien. Brückl sprach sich auch für einen
höheren Strafrahmen aus.
Bundesrat Edgar MAYER (V/V) hingegen begrüßte die Vorlage als einen überfälligen ersten Schritt,
um die "Telefonzocke" einzudämmen. Damit werde vor allem auch die ältere Bevölkerung geschützt,
sagte er. Der Bundesrat thematisierte sodann grundsätzlich die Kostenfallen im Bereich der Handyrechnungen
und kritisierte, dass das Missbrauchsrisiko von den Handyanbietern an die KonsumentInnen abgewälzt werde.
Diese Fälle seien inakzeptabel, weshalb auch die Arbeiterkammer in Vorarlberg sowie das Landeskriminalamt
dagegen vorgehe.
Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) stimmte ihrem Vorredner zu und sah in all diesen Fragen großen
Handlungsbedarf. Die Änderung zum Konsumentenschutzgesetz lehnte sie ab, weil damit in ihren Augen ein falsches
System festgeschrieben wird. Der Vertrag dürfe gar nicht erst zustande kommen, forderte Kerschbaum. Die Erhöhung
des Strafrahmens werde nicht viel bringen, da es kaum Strafanzeigen gibt.
Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) verwies zunächst auf die dazugehörigen Änderungen im Telekommunikationsgesetz
und unterstrich die Notwendigkeit, die VerbraucherInnen vertragsrechtlich zu schützen, vor allem im Zusammenhang
mit übereilt abgeschlossenen Verträgen. Die bisherigen Regelungen, etwa im Fernabsatzgesetz, hätten
zu kurz gegriffen, weshalb die nunmehrigen Änderungen einen großen Fortschritt darstellten.
Bundesministerin Claudia BANDION-ORTNER hielt es für notwendig, Verträge mit Gewinnzusage oder wo die
Spielsucht ausgenutzt wird, für nichtig zu erklären. Die KonsumentInnen sollten wissen, mit wem sie es
zu tun haben und was der Inhalt der Verträge ist. Sie hätten nun die Möglichkeit des Rücktrittrechts,
des Schadenersatzes und der Anzeige wegen Betrugs. Es würden auch Verwaltungsstrafen angedroht. Das Gesetz
stelle auf alle Fälle einen Fortschritt dar, führe nicht zur Entmündigung, erhöhe aber den
Schutz, stellte die Ministerin fest. Zugleich wies sie auf Bestrebungen der EU hin, ein neues Verbraucherschutzregime
zu etablieren. Dies würde von ihr außerordentlich unterstützt, da unlautere Geschäftspraktiken
nicht vor der Grenze Halt machten. Solchen könne nur durch einheitliche Regelungen begegnet werden. - Kein
Einspruch. |