Haushaltsentwurf 2012 für 500 Millionen Bürger in Zeiten knapper Haushaltskassen
Brüssel (ec.europe) - „Für 500 Millionen EU-Bürger gleichzeitig eine strenge Haushaltspolitik
und wachstumsfördernde Maßnahmen zu verfolgen, ist ein schwieriges Unterfangen.“ So beschreibt Janusz
Lewandowski, Kommissar für Finanzplanung und Haushalt, den von der Europäischen Kommission am 20.04.
angenommenen Haushaltsentwurf 2012, der mit 132,7 Mrd. EUR an Mitteln für Zahlungen (+ 4,9 % gegenüber
2011) und 147,4 Mrd. EUR an Mitteln für Verpflichtungen (+ 3,7 %) dotiert ist. Mit dem Haushaltsentwurf 2012
sollen vor allem die europäische Wirtschaft und die EU-Bürger uneingeschränkt unterstützt werden.
Einsparungen
Der Haushaltsentwurf 2012 folgt dem derzeitigen Sparkurs der Mitgliedstaaten. Die Kommission hat besondere Anstrengungen
unternommen und wird ihre Verwaltungsausgaben für 2012 einfrieren, d.h. keine Mehrausgaben gegenüber
dem Haushaltsplan 2011 tätigen. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Ausgaben für Gebäude,
Informations- und Kommunikationstechnologien, Studien, Veröffentlichungen, Dienstreisen, Konferenzen und Sitzungen
deutlich gesenkt. Ferner beantragt sie im dritten Jahr in Folge keine neuen Stellen.
Die Kommission hat bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr auch darauf geachtet, diejenigen
Programme und Maßnahmen zu ermitteln, die nicht die erwarteten Ergebnisse erzielen. So wurden dem Finanzierungsinstrument
für die Entwicklungszusammenarbeit nach einer Leistungsbewertung um 70,7 Mio. EUR weniger Mittel zugewiesen.
Das Instrument für die Zusammenarbeit mit Industrieländern wurde aufgrund des großen Umfangs an
freigegebenen Mitteln im Haushaltsjahr 2007, schwacher Ergebnisse sowie aufgrund der Verzögerung bei der Verabschiedung
der neuen Rechtsgrundlage mit 14,5 Mio. EUR weniger ausgestattet. Zudem wurden die Mittel für Verpflichtungen
für das Programm GALILEO um 24,9 Mio. EUR verringert. „Das sind wir dem europäischen Steuerzahler schuldig“,
erklärt Kommissar Lewandowski. „Wenn wir Einsparungen vornehmen, müssen wir genau überprüfen,
was wir tun und ob alles, was wir tun, ganz Europa zugute kommt!“
„Verpflichtungen müssen eingehalten werden“
Die Kommission muss ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Die 2007 eingeleiteten EU-Förderprogramme
sind mittlerweile voll angelaufen, d.h. 2012 muss mehr Geld aufgebracht werden, um regionalen Behörden oder
KMU ihre Ausgaben im Rahmen dieser Programme zu erstatten. Mithilfe der zusätzlichen Mittel für Zahlungen
für Forschungsprogramme (+ 13,3 % auf 7,6 Mrd. EUR) sowie für Struktur- und Kohäsionsfonds (+ 8,4
% auf 45,1 Mrd. EUR) soll der EU-Beitrag zu Wirtschaftswachstum und Kohäsion optimiert werden.
Die vorgeschlagene Aufstockung der Haushaltsmittel für das kommende Jahr ist erforderlich, damit die Kommission
zumindest ihren Verpflichtungen nachkommen kann. Stünden weniger Haushaltsmittel zur Verfügung, könnten
die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament die Verpflichtungen aus bestehenden Verträgen nicht
erfüllen.
„Wir werden häufig gefragt, warum wir die EU-Haushaltsmittel aufstocken, obwohl die einzelnen Mitgliedstaaten
Einsparungen vornehmen müssen“, erklärt Janusz Lewandowski. „Diese Frage ist durchaus berechtigt. Die
Aufstockung erfolgt vor allem deshalb, weil wir die Kosten für europaweite Projekte tragen müssen. Solche
Projekte, die der Bevölkerung und den Unternehmen vor Ort zugute kommen, wären 2007 ohne die Zusage von
EU-Mitteln wohl niemals eingeleitet worden. Eine Streichung der Förderung zum jetzigen Zeitpunkt wäre
undenkbar. Zum einen könnten wir wegen Nichteinhaltung der vertraglichen Bestimmungen verklagt werden. Zum
anderen hätte dies weitaus schwerwiegendere Auswirkungen auf die nationalen Haushalte, da die Mitgliedstaaten
davon ausgehen, dass wir den EU-Beitrag übernehmen, den sie bereits an die Empfänger ausbezahlt haben.
Ferner wäre der Stopp solcher Vorhaben auf halber Strecke für ganze Bevölkerungsgruppen von Nachteil.
Wir dürfen unsere Bürger, Unternehmen, Kommunal- und Regionalbehörden, die ein Anrecht auf Unterstützung
haben, nicht im Stich lassen. Denken Sie nur an den Stromverbund zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland.
Der EU-Beitrag zu diesem Projekt beläuft sich auf mehr als 100 Mio. EUR! Mit diesem Projekt soll die Stromversorgungssicherheit
der irischen und britischen Bevölkerung gewährleistet werden. 2012 wird die EU für dieses Projekt
rund 24 Mio. EUR aufbringen müssen, also mehr als das Doppelte als im Haushaltsjahr 2011.“
Nachhaltiges Wirtschaftswachstum
Wirtschaftswachstum und sozialer Zusammenhalt in einer Union mit 27 Mitgliedstaaten können nur durch gemeinsame
Anstrengungen und Investitionen aller Beteiligten erreicht werden. Im Haushaltsentwurf sind rund 57,7 Mrd. EUR
für nachhaltiges Wachstum veranschlagt, damit die Mitgliedstaaten ihre Investitionen in diesen Bereichen erhöhen
können. Für prioritäre Maßnahmen im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ sind etwa 62,6 Mrd.
EUR vorgesehen (+ 5,1 % gegenüber dem Vorjahr).
Im Mittelpunkt der EU-Politik stehen die Bürger. Die Gewährleistung ihrer Sicherheit hat absoluten Vorrang.
Im Haushaltsentwurf 2012 sind daher zusätzliche Mittel für Maßnahmen im Bereich Freiheit, Sicherheit
und Recht, die auf die Interessen und Bedürfnisse der Bürger ausgerichtet sind, vorgesehen (+ 6,8 %).
Ferner werden für die im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ geplanten Maßnahmen zur Förderung von
Jugendlichen 1,9 Mrd. EUR bereitgestellt (+ 15,0 % gegenüber 2011). Maßnahmen zur Bekämpfung des
Klimawandels wird ebenfalls ein hoher Stellenwert beigemessen. Hierfür werden Mittel in Höhe von insgesamt
8,1 Mrd. EUR veranschlagt (+ 6,1 %).
500 Millionen EU-Bürger
Lediglich 6 % des EU-Haushalts werden für Verwaltungsausgaben der EU-Organe aufgewendet. 94 % der jährlichen
Mittel fließen in die Regionen und Städte zurück bzw. kommen den Unternehmen, Forschern und dem
einzelnen EU-Bürger zugute. Die Hälfte dieser Mittel wird zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung
eingesetzt.
„Im Mittelpunkt des heute angenommenen Haushaltsentwurfs stehen die EU und ihre Bürger. Zum einen schlagen
wir Einsparungen in Verwaltungsbereichen wie Fortbildung, Veröffentlichungen sowie Reise- und Bürokosten
vor, um den Anteil der internen Kosten möglichst gering zu halten. Zum anderen haben wir mit großer
Sorgfalt festgestellt, in welchen Bereichen die erwarteten Ergebnisse ausblieben. Die hierdurch frei gewordenen
Mittel werden auf Programme und Maßnahmen übertragen, mit denen konkrete Ergebnisse vor Ort erzielt
werden. Ferner werden wir in diejenigen Bereiche investieren, die für Wirtschaftswachstum und Entwicklung
stehen. Mit diesem EU-Haushaltsplan können wir die Krise überwinden", erklärt Janusz Lewandowski. |