Parlamentsdebatte über Datenschutz  

erstellt am
28. 04. 11

Westenthaler: BZÖ erzwingt Einwendungsdebatte zu Vorratsdatenspeicherung
Regierung beschließt heute Anschlag auf die Grund- und Freiheitsrechte von acht Millionen Österreichern
Wien (bzö) - Der stellvertretende Klubobmann des BZÖ, Sicherheitssprecher Abg. Peter Westenthaler, hat am 28.04. gleich zu Beginn der Nationalratssitzung eine Einwendungsdebatte zur Vorratsdatenspeicherung erzwungen. "Rot und Schwarz wollen heute Nachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen Anschlag auf die Grund- und Freiheitsrechte beschließen. Es gibt massive Einwände von allen Experten und auch von der SPÖ gegen den Beschluss der Vorratsdatenspeicherung. Daher ist es notwendig, die Diskussion darüber vor einer breiten Öffentlichkeit zu führen", begründete Westenthaler.

Westenthaler erklärte, dass die rot-schwarze Bundesregierung heute vorhabe, eine EU-Richtline umzusetzen, welche die Speicherung von Kommunikationsdaten wie Telefonnummern, IP-Adressen, Email-Daten usw. zur Bekämpfung von internationalem Terrorismus und organisierter Kriminalität für sechs Monate zu speichern. "Die Regierung veranstaltet aber einen Großangriff auf die Grund- und Freiheitsrechte und das lehnen wir massiv ab! Mit dem heutigen Beschluss von SPÖ und ÖVP wird möglich, dass bei jeglichem Verdacht oder der Vernaderung durch einen Dritten sofort ohne richterliche Genehmigung auf Kommunikationsdaten aller Bürger zugegriffen werden kann. Dies betrifft insbesondere die Medien und Journalisten, denn dieser Beschluss ist das Ende des Redaktionsgeheimnisses. Denn zukünftig können die Behörden jederzeit ohne richterliche Genehmigung eruieren, wer sich mit wem abgesprochen hat", kritisierte der stellvertretende BZÖ-Klubchef.

Ohne richterliche Genehmigung dürfe künftig nur in Österreich und Italien ermittelt werden. "In allen anderen Ländern ist eine richterliche Genehmigung notwendig. Rot und Schwarz stellen damit in Österreich das Justizsystem auf ein Bunga-Bunga System um. SPÖ-Abgeordneter Johann Maier ist immer gegen diese Vorratsdatenspeicherung aufgetreten, heute hat er die Chance dagegen zu stimmen oder als Vorsitzender des Datenschutzrates abzutreten", sagte Westenthaler.

Die rot-schwarze Regierung betreibe eine Pervertierung des Rechtsstaates, denn im Dezember soll laut gestern übermitteltem Entschließungsantrag diese Vorratsdatenregelung wieder vollständig geändert werden. "Auch die EU hat erkannt, dass diese Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie obsolet ist, weil sie schwerwiegende Mängel hat und der Schutz der Bevölkerung nicht gewährleistet ist. Diese Richtlinie wird völlig erneuert im Dezember herauskommen und anstatt bis dahin abzuwarten wird sie heute von Rot und Schwarz ruckzuck beschlossen", so Westenthaler.

"Mit der heutigen Entscheidung von Rot und Schwarz werden die Menschen bespitzelt wie in schlimmsten Stasizeiten. Acht Millionen Österreicher werden unter Generalverdacht gestellt. Daher sofort die Stopp-Taste drücken und runter mit der Vorratsdatenspeicherung", appellierte Westenthaler.

 

 Maier: Vorratsdatenspeicherung kann nur auf europäischer Ebene verhindert werden
Nur Europäischer Gerichtshof kann Grundrechtskompatibilität prüfen - Verfahren Ende des Jahres abgeschlossen
Wien (sk) - Der Ministerrat der schwarz-blau-orangen Regierung hat der Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2006 zugestimmt. Jetzt fordert die Europäische Kommission von den Mitgliedstaaten die Umsetzung dieses geltenden Europäischen Rechts. Daher kann die Vorratsdatenspeicherung nur auf europäischer Ebene verhindert werden. Das stellte Johann Maier, SPÖ-Konsumentenschutzsprecher und Vorsitzender des Österreichischen Datenschutzrates am 28.04. in einer Sitzung des Nationalrats klar. Die Kritik des BZÖ bezeichnete der SPÖ-Abgeordnete als "Luftblase", da die damalige BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger den Beschluss zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung verhindern hätte können, ihm aber stattdessen bereits im November 2005 zugestimmt hat.

Der Österreichische Datenschutzrat habe, im Gegensatz zum BZÖ, immer deutliche Kritik an der Vorratsdatenspeicherung geäußert und von Anfang an klargestellt, dass es hier ein europäisches Vorgehen brauche. Mit der Zustimmung der schwarz-blau-orangen Regierung wurde die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung aber geltendes europäisches Recht. "Jetzt gibt es nur noch eine Institution, nämlich den Europäischen Gerichtshof, die die Grundrechtskompatibilität der Vorratsdatenspeicherung prüfen und sie für nichtig erklären kann", so Maier. Irland hat ein derartiges Verfahren an den Europäischen Gerichtshof herangetragen und mit einem Beschluss wird für Ende dieses Jahres gerechnet.

 

Donnerbauer kritisiert durchsichtiges BZÖ-Manöver
ÖVP-Justizsprecher: Vorratsdatenspeicherung dient Sicherheit der Bevölkerung
Wien (övp-pk) - Als durchsichtiges Manöver und Missbrauch der Geschäftsordnung kritisierte ÖVP-Justizsprecher Abg. Mag. Heribert Donnerbauer zu Beginn der Plenarsitzung des Nationalrates den Versuch des BZÖ, durch eine Einwändungsdebatte das Thema Vorratsdatenspeicherung zu fernsehtauglicher Zeit diskutieren zu können. "Dieses Thema ist wichtig und zu diskutieren, und wir scheuen die Debatte natürlich nicht. Aber wir haben mit den Stimmen aller fünf Fraktionen für heute eine Tagesordnung erstellt, und an diese sollen wir uns auch halten", so Donnerbauer.

Das heute auf der Tagesordnung stehende Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde über ein Jahr lang intensiv diskutiert. "Wir haben in Verhandlungen, Diskussionen und einem Hearing des Justizausschusses Argumente ausgetauscht und schließlich auch Einwände berücksichtigt, die in einem Abänderungsantrag mit flankierenden Maßnahmen münden. Die Opposition hatte ausreichend Zeit, diese Abänderungen, die aus drei Punkten bestehen, zu prüfen", sagte der ÖVP-Justizsprecher.

Die Speicherung und Kontrolle von Daten, "die bereits jetzt von Telekommunikationsunternehmen gespeichert werden", diene der Sicherheit der Bevölkerung, "etwa im Falle von Kinderpornographie oder Stalking", führte Donnerbauer aus. "Unter genau geregelten Voraussetzungen und bei Verdacht schwerwiegender Kriminalität kann die unabhängige Justiz zugreifen, kontrollieren und ermitteln. Dazu stehen wir, das werden wir mit diesem Gesetz umsetzen", schloss der Abgeordnete.

 

Deimek: Vorratsdatenspeicherung hat nichts mit Sicherheit zu tun
Eingriff in die Menschenrechte setzt Bürger der staatsanwaltlichen Willkür aus
Wien (fpd) - Der freiheitliche Technologiesprecher NAbg. Gerhard Deimek übte scharfe Kritik an der von den Regierungsparteien geplanten Vorratsdatenspeicherung: "Das ist ein frecher Eingriff in die Menschenrechte, der nichts mit irgendwelchen Rahmenbedingungen zu tun hat, sondern ausschließlich mit konkreter Überwachung der Bürger", so Deimek in Anspielung auf den ÖVP-Justizsprecher Donnerbauer, der das Gesetz in seinen Auswirkungen herunterspielen wollte. Donnerbauers Beschwerde, dass man auf Initiative der Opposition zur Fernsehzeit inhaltliche Debatten führen müsse, anstatt die Selbstbeweihräucherung des neuen ÖVP-Regierungsteams zu zelebrieren, spreche Bände über dessen Verständnis von Politik und Parlamentarismus.

In Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung von einer Maßnahme zur Sicherheit zu sprechen, sei angesichts der EU-Politik ein Hohn, so Deimek: "Die EU ist nicht in der Lage die Außengrenzen zu schützen vor Millionen illegalen Einwanderern. Die EU sammelt Fluggastdaten und Bankdaten und gibt sie in vorauseilendem Gehorsam an die USA weiter. Diese EU sollte das Wort Sicherheit gänzlich vermeiden." Die Bevölkerung wisse, wer beim Thema Sicherheit kompetent ist, nämlich die FPÖ, aber sicher nicht die ÖVP mit ihrer EU-Hörigkeit.

Jeder Bürger - vor allem jener, der nicht kriminell ist - müsse nun Angst vor Verfolgung haben. "Nicht einmal die Polizei will mit diesem Gesetz zum Handlanger staatsanwaltlicher Spitzel werden. Denn eine Staatsanwaltschaft, die Akten verjähren lässt und politisch motivierte Verfolgung betreibt, ist nicht vertrauenswürdig", stellt Deimek fest.

 

 Steinhauser: Spitzelgesetz soll trotz Protesten beschlossen werden
Grüne haben gegen Präventivüberwachung gestimmt
Wien (grüne) - "Die Vorratsdatenspeicherung ist der Einstieg in eine Spitzelgesetzgebung. Deshalb haben wir heute früh im Parlament für die Absetzung der Vorratsdatenspeicherung von der Tagesordnung plädiert," so Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen. Die Vorratsdatenspeicherung ist eine Präventivüberwachung: jedes Telefonat, jedes SMS, jede Ortsveränderung von allen NutzerInnen moderner Kommunikationsmittel werden gespeichert ohne dass sie sich etwas zu Schulden kommen lassen haben.

"Wer für die Vorratsdatenspeicherung ist, müsste auch dafür eintreten, dass die Post künftig bei jedem Poststück dokumentiert, wer Absender und Adressat ist und diese Information dann Behörden zur Verfügung stellt. Das würde als totalitär empfunden und klar abgelehnt werden," so Steinhauser.

Steinhauser macht darauf aufmerksam, dass die vermeintlichen Adressaten der Vorratsdatenspeicherung "die Kriminellen" sich vor einer Überwachaung zu schützen wissen. Die Speicherung lässt sich nämlich leicht durch verschlüsselte Netzwerke, Wertkartentelefone, öffentliche Internetzugänge oder Provider in Drittstaaten umgehen. "Auf der Strecke aber bleiben die unbescholtenen überwachten BürgerInnen und deren Grundrechte", schließt Steinhauser.
 
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