Zahlreiche Gläubige beim Osterhochamt mit
Kardinal Schönborn im Wiener Stephansdom – In der Osternacht wurde eine 23-jährige im Stephansdom
getauft
Wien (pew) - Die persönliche Begegnung des gekreuzigten und auferstandenen Christus mit den
Menschen ist das „Erfolgsgeheimnis des Christentums“: Dies betonte Kardinal Christoph Schönborn in seiner
Osterpredigt im überfüllten Wiener Stephansdom. In dieser Begegnung verwirkliche sich das Jesus-Wort
„Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen“. Das Erfolgsgeheimnis des Christentums liege
eben nicht in seiner Organisation, seiner Kunst, seinen sozialen Leistungen, obwohl das alles „wichtig und schön“
sei. Ausschlaggebend sei die Begegnung mit Christus. Wörtlich sagte der Wiener Erzbischof: „Christus lebt,
er begegnet uns, deswegen hat die Kirche Zukunft“. Die Begegnung mit Christus sei zugleich ein Auftrag, wie er
im Bericht des Evangeliums formuliert ist: Christus sage den Menschen, die ihm begegnen, dass sie auch den anderen
von ihrer Erfahrung berichten sollen („Geh und sage meinen Brüdern und Schwestern, dass ich lebe“). Dieser
Auftrag werde seit fast 2.000 Jahren von ungezählten Menschen erfüllt, das mache die „Mission“ der Kirche
aus.
Kardinal Schönborn erinnerte in seiner Osterpredigt an das Gespräch mit Schwester Elvira Petrozzi, der
Gründerin der Gemeinschaft „Cenacolo“, bei der „Großen Stadtmission“ 2003 im Stephansdom (durch die
Gemeinschaft „Cenacolo“ werden viele drogensüchtige Jugendliche gerettet). Der Wiener Erzbischof hatte damals
die piemontesische Ordensfrau gefragt, wie man das Kreuz lieben könne – und sie hatte geantwortet, dass es
nicht darum gehe, das Kreuz zu lieben, sondern den Gekreuzigten. „Leid schreckt ab, aber man darf nicht wegschauen
von den Leidenden“, so Schönborn. Auch heute gebe es unzählige Menschen – unter ihnen viele, die wenig
oder gar nichts von Jesus wissen - , die nicht „wegschauen“.
In der Bibel werde berichtet, wie fast alle Jünger Jesu vor dem Kreuz davonliefen, weil sie Angst hatten und
sich selbst retten wollten. Aber es seien vor allem Frauen gewesen, die „nicht weggelaufen sind“ – mit der Mutter
Jesu an der Spitze - , auch einige Männer wie der Apostel Johannes, Nikodemus, ein Mitglied des Hohen Rates,
und Josef von Arimathäa. Sie alle hätten die Menschlichkeit nicht vergessen und seien beim leidenden
Jesus geblieben: „Sie haben nicht weggeschaut“.
Im Hinblick auf den Bericht vom Ostermorgen sei immer wieder neu berührend, dass die erste Begegnung des auferstandenen
Jesus am Ostermorgen eine „Einzelbegegnung“ war – nicht mit den „Großen“ von damals, sondern mit einer weinenden
Frau, Maria von Magdala. Solche unverwechselbare Begegnungen mit Jesus seien das „innere Feuer, die lebendige Quelle“
der Kirche bis heute.
Weil am Sonntag auch des 6. Jahrestages des Amtsantrittes von Benedikt XVI. gedacht wurde, widmete Kardinal Schönborn
die erste Fürbitte dem Papst.
Ebenso wie beim Hochamt am Ostersonntag waren auch beim Auferstehungsgottesdienst in der Osternacht im Stephansdom
wesentlich mehr Gläubige versammelt als in früheren Jahren. Bei der Osternachtfeier wurde auch die 23-jährige
Anna Helena G. von Kardinal Schönborn getauft und gefirmt. Die junge Frau war als Kind nicht getauft worden,
ihre Großmutter hatte ihr aber viel vom Glauben vermittelt. Nach Berufstätigkeit bereitet sich Anna
Helena G. auf das Jus-Studium vor; in einer Studentinnenverbindung wurde sie auf ihrem Weg zur Taufe begleitet.
Kardinal Schönborn erinnerte daran, dass heuer in der Osternacht in aller Welt Kinder und Erwachsene beim
Auferstehungsgottesdienst getauft wurden: „Es ist die Nacht der Befreiung, die Nacht der Auferstehung Jesu – und
deshalb auch Ort der Taufe, des neuen Lebens“. Im frühen Christentum fand die Taufe immer in der Osternacht
statt; in den letzten Jahren ist diese Tradition wieder aufgenommen worden. So wie in der Antike die neuen Christen
weiße Gewänder – als Sinnbild ihrer neuen Existenz – erhielten, wurde Anna Helena G. im Stephansdom
ein weißer Schal überreicht. |