Faymann:
"Unsere Sorge gilt den Lebensbedingungen der Menschen"
Arbeitsmarktdaten erfreulich - Stresstests für Atomkraftwerke mit Konsequenzen - Besuch
von Präsident Gül
Wien (sk) - "Die jüngsten Arbeitsmarktdaten sind sehr erfreulich", stellte Bundeskanzler
Werner Faymann am 03.05. zu Beginn des Pressefoyers nach dem Ministerrat fest. "Wir haben derzeit mit über
3,3 Millionen Menschen in Arbeit den höchsten Beschäftigungsstand seit Beginn der Wirtschaftskrise. Das
belegt, dass die von der Regierung geschaffenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Aufschwung gut
waren." Man dürfe diese Erfolge aber noch nicht zu früh feiern, denn diese positive Entwicklung
stehe erst am Anfang. "Der beginnende Aufschwung ist aber weiter zu unterstützen", so Faymann.
Der Bundeskanzler berichtete auch über ein informelles Treffen der EU-Energieminister. Gemeinsam mit anderen
atomkritischen Mitgliedsstaaten seien Österreich ernsthafte Stresstests ein wichtiges Anliegen: "Diese
Tests müssen den Sinn haben, dass Kraftwerke auch abgedreht werden, wenn sie den Sicherheitsanforderungen
nicht entsprechen", so der Bundeskanzler. "Unsere Sorge gilt nicht den Kraftwerksbetreibern, die es schade
finden, wenn ein abgeschriebenes Kraftwerk, das zwei Millionen Euro täglich einbringt, abgeschaltet werden
muss. Unsere Sorge gilt somit nicht den wirtschaftlichen Berechnungen der Betreiber, sondern einzig und allein
den Lebensbedingungen der Menschen in Europa und in der ganzen Welt", so der Bundeskanzler.
Faymann kündigte auch an, dass er heute mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül zu einem
Arbeitsgespräch zusammentreffe. Dabei würde auch die Beziehung der europäischen Union zur Türkei
zur Sprache kommen. "Wir haben von Seiten der Regierung immer betont, dass wir die Verhandlungen über
einen EU-Beitritt der Türkei ergebnisoffen führen werden." Ebenso klar sei es aber, dass nach einem
möglichen Abschluss der Verhandlungen und einem eventuellen Beitrittsansuchen eine Volksabstimmung in Österreich
verpflichtend stattfinden müsse. "Österreich war, etwa in der Energiepolitik, schon immer Anhänger
einer speziellen Partnerschaft mit der Türkei anstelle eines Beitritts. Diese Idee der Partnerschaft mit der
EU werde ich auch in meinem Vieraugengespräch mit dem türkischen Präsidenten in aller Klarheit ansprechen",
sagte der Kanzler. Auf Nachfrage zu dem von Gül angeregten verstärkten Türkisch-Unterricht in den
Schulen, sagte Faymann: "Unterrichtssprache ist in Österreich selbstverständlich Deutsch, aber die
Unterrichtsministerin prüft derzeit, welche zusätzlichen Fremdsprachenangebote es in den Schulen geben
sollte."
Bundeskanzler Faymann kündigte weiters an, dass er sich bei seiner bevorstehenden Reise nach China in dieser
Woche für die Freilassung des Künstlers Ai Wei Wei einsetzen und was Menschenrechte und Demokratisierung
betrifft auch generell den Standpunkt der EU in die Gespräche mit der Staatsspitze einbringen werde.
Angesprochen auf die heutige Reise des Verteidigungsministers nach Syrien, sagten Faymann und Spindelegger übereinstimmend,
dass es wichtig und richtig sei, dass Norbert Darabos den österreichischen Soldaten der UN-Friedensmission
am Golan gerade jetzt einen Besuch abstatte. Es wurde betont, dass Darabos nicht mit dem syrischen Präsidenten
Baschar Al-Assad zusammentreffen werde. Beide sagten auf Nachfrage, dass nach dem Tod Osama Bin Ladens kein erhöhtes
Sicherheitsrisiko für Österreich bestünde, "aber wir werden wachsam bleiben", so der Bundeskanzler
abschließend. |
Spindelegger: Österreichische Tradition bei Einsatz für Menschenrechte im UNO-Menschenrechtsrat
fortsetzen
Besuch des türkischen Staatspräsidenten: Österreich für maßgeschneiderte
EU-Partnerschaft mit Türkei
Wien (övp-pd) - "Österreich hat eine gute Tradition beim Einsatz für Menschenrechte,
die wir auch gerne im UNO- Menschrechtsrat fortsetzen wollen. Wir haben die Staatenprüfung im Hinblick auf
die Mitgliedschaft erfolgreich absolviert. Nun gilt es die Empfehlungen bezüglich Fortentwicklung der Menschenrechte
in Österreich rasch umzusetzen", so Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger im Rahmen
des Ministerrates. Am 20. Mai erfolgt die Abstimmung, ob Österreich für die nächsten drei Jahre
zum Mitglied des Menschenrechtsrates berufen wird. "Ich gehe davon aus, dass uns das gelingen wird",
zeigte sich Spindelegger überzeugt und hob die Themenfelder hervor, auf die sich Österreich in diesem
Fall konzentrieren wird: "Kinderrechte sind uns ein großes Anliegen, für das wir uns auch international
verstärkt einsetzen, ebenso werden wir die Religionsfreiheit und den Schutz religiöser Minderheiten besonders
thematisieren. Und auch die weltweite Freiheit der Medien und den Schutz von Journalisten haben wir auf unserer
Agenda, wo wir insbesondere mit dem 'Internationalen Presseinstitut' in Wien kooperieren wollen."
Angesichts des derzeitigen Staatsbesuchs des türkischen Staatspräsidenten Gül verwies der Vizekanzler
auch auf die gemeinsame Position der Bundesregierung hinsichtlich eines möglichen EU-Beitritts der Türkei:
"Wir sind für eine maßgeschneiderte Partnerschaft zwischen der EU und der Türkei. Daran hat
sich nichts geändert und daran wird sich auch nichts ändern." Derzeit befinde man sich aber in einem
Verhandlungsprozess, in dem es vor allem Initiativen seitens der Türkei brauche. "Acht Verhandlungskapitel
liegen momentan auf Eis, leider sehe ich da momentan auch keine Bewegung", so Spindelegger, und abschließend:
"Dennoch gibt es sehr gute bilaterale Beziehungen zwischen unseren Ländern, die wir auch gerne beibehalten
wollen. Umso wichtiger ist es daher, dass man unter Freunden auch verschiedene Standpunkte offen auf den Tisch
legen kann. Das haben wir in der Vergangenheit immer getan und das wollen wir auch in Zukunft so fortsetzen."
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