Tierschützer nach 14 Monaten freigesprochen  

erstellt am
03. 05. 11

"Mafia-Paragraf" wird "geprüft"
Justizministerin nach Tierschützer-Freisprüchen
Wien (ö1.orf.at) -
Nach den Freisprüchen im umstrittenen Wiener Neustädter Tierschützerprozess wird der Mafia-Paragraf "überprüft". Das hat Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) am Rande des heutigen Ministerrates angekündigt. Konkrete Ankündigungen gab es aber nicht, wie Eva Haslinger im der Sendung "Mittagsjournal" im ORF-Radio Ö1 berichtete..

"Keine Husch-Pfusch-Aktion"
Der Paragraf 278a Strafgesetzbuch soll an sich zum Kampf gegen terroristische Gruppen dienen. Dass er, wie zuletzt in Wiener Neustadt, gegen Tierschützer angewendet wurde, hat vielerorts für laute Kritik gesorgt. Ob zu Recht oder zu Unrecht, das soll jetzt überprüft werden. Die Justizministerin wollte sich beim Ministerrat jedoch nicht darauf festlegen, ob das Gesetz geändert wird. Sie wollte auch keinen genauen Zeitrahmen für die Evaluierung nennen. Man wolle das "verantwortungsvoll prüfen und keine Husch-Pfusch-Aktion". Sie kommentiere die Entscheidung eines unabhängigen Gerichts jedenfalls nicht, so Karl.

Zur Kritik an den Ermittlungsmethoden meinte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sobald das Urteil rechtskräftig sei, werde man die notwendigen Schritte einleiten.

 

 Jarolim begrüßt Freisprüche im Tierschützerprozess
Paragraph 278a StGB muss präzisiert werden - Jarolim für Entschädigung der Justizopfer
Wien (sk) - SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim begrüßte das am 02.05. verkündete Urteil im Tierschützerprozess. "Es ist erfreulich, dass die Angeklagten freigesprochen wurden. Damit ist nun auch eine Basis vorhanden, um den Paragraph 278a StGB endlich zu präzisieren", betonte Jarolim gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Es dürfe aber nicht vergessen werden, dass durch die lange Verfahrensdauer von über einem Jahr einige der Beschuldigten "massiv in ihrer Existenz bedroht wurden oder diese sogar - zumindest vorübergehend - vernichtet wurde", so Jarolim. Es sei Aufgabe der Justiz, durch eine präzise Auslegung von Bestimmungen, die für einen funktionierenden Rechtstaat selbstverständlich sein muss, dafür zu sorgen, dass sich derartige Fälle nicht wiederholen können.

Dass eine Gruppe von Menschen, die sich für staatlich anerkannte und geschützte Ziele wie den Tierschutz einsetzt, als kriminelle Organisation verfolgt wird, dürfe "schlicht und einfach nicht möglich sein", sagte Jarolim. Der Justizsprecher erinnerte daran, dass die Bestimmung des Paragraph 278a StGB zur Bekämpfung von Großkriminalität im Stil der Mafia geschaffen wurde, um gerichtlich auch dann einschreiten zu können, wenn der Organisation noch keine konkreten Straftaten nachgewiesen werden können. Beispielhaft werden im Gesetz die Bekämpfung von Menschenhandel, unerlaubter Verkehr von Kampfmitteln oder radioaktiven Stoffen genannt, "niemals aber das Eintreten für staatlich anerkannte Werte wie den Tierschutz", betonte Jarolim.

Dass die Auslegung im Sinne der Staatsanwaltschaft von Beginn an von Experten heftig kritisiert wurde und das Verfahren mehr als ein Jahr dauerte, zeige, wie wichtig eine präzise gesetzliche Bestimmung einer "kriminellen Organisation" ist. Jarolim erinnerte auch daran, dass die ehemalige Justizministerin Maria Berger am Ende ihrer Amtszeit noch vorgeschlagen hatte, eine ergänzende Bestimmung des Paragraph 278a StGB aufzunehmen, wonach das Eintreten für staatlich anerkannte Werte, wie eben auch den Tierschutz, ausdrücklich von der Anwendbarkeit des Paragraphen ausgenommen ist.

"Ich freue mich, dass das Gericht sich der Expertenmeinung angeschlossen hat", so Jarolim nach der Urteilsverkündung. Es sei jedoch wichtig, klar zu definieren, was im Zusammenhang mit einer kriminellen Organisation strafbar sei und was nicht. "Zu derartigen Missdeutungen gesetzlicher Normen darf es in Zukunft nicht mehr kommen", mahnte der Justizsprecher.

Es sei ein großer Unterschied, ob jemandem wegen Sachbeschädigung bis zu sechs Monate Freiheitsentzug bzw. Geldstrafe drohen oder ob mit der "Mafia-Keule" wegen Gründung einer kriminellen Organisation - die man den Tierschützern offenbar zu Unrecht vorgeworfen hat - vorgegangen wird, wo bis 5 Jahre Strafe drohen.

"Eine Lehre aus diesem Prozess sollte sein, dass die Opfer einer so grob fehlerhaften Anwendung von Gesetzen eine angemessene Entschädigung erhalten", so Jarolim.

 


 

Hofer: Tierschutzprozess zeigt Unsinnigkeit des Antiterrorparagrafen
Reform notwendig - Auch im Sinne der Väter-Aktivisten
Wien (fpd) - Anlässlich des heutigen Prozessendes gegen Tierschutz-Aktivisten, die nach § 278 a - dem sogenannten Mafia-Paragrafen angeklagt waren und freigesprochen worden sind, fordert FPÖ-Vizebundesparteiobmann NAbg. Norbert Hofer diesen "desaströsen Paragrafen" auch "im Sinne der Väter" zu reparieren.

Nicht nur Tierschützer, sondern auch Exponenten jener Vereine, die sich für eine gemeinsame Obsorge nach einer Trennung einsetzen, seien in den vergangenen Monaten und Wochen als Terroristen verfolgt worden, erinnerte Hofer. Er selbst habe daher, um die Absurdität dieses missglückten Terrorparagraphen aufzuzeigen, Selbstanzeige erstattet. Nur wenige Tage nach dieser Selbstanzeige sei das Verfahren umgehend eingestellt worden, so Hofer.

"Väter, die um das Menschenrecht ihrer Kinder kämpfen, auch nach einer Scheidung zwei Elternteile haben zu können, sind keine Terroristen", kritisierte Hofer die Unsinnigkeiten des sogenannten Terrorismusparagraphen. Dabei gehe es nämlich um Schutzgeld, Mord und Erpressung, was weder bei den nun freigesprochenen Tierschutz-Aktivisten, noch bei Väter-Aktivisten der Fall sei, so Hofer. Abschließend hält Hofer ausdrücklich fest, dass man weder verzweifelte Väter, noch Tierschützer durch missbräuchliches Heranziehen dieses Mafia-Paragrafen unter Terrorverdacht stellen dürfe. "Dieses Gesetz muss dringend reformiert werden", so Hofer.

 

Stadler: Karl muss Amoklauf der Staatsanwaltschaft stoppen
Mafia-Paragraph konkretisieren – Blamierte Staatsanwälte führen Vernichtungsfeldzug gegen Tierschützer weiter
Wien (bzö) - "Justizminister Beatrix Karl muss mittels Weisung den juristischen Amoklauf der Staatsanwaltschaft im Tierschützerprozess sofort stoppen. Hier führt mittlerweile die Staatsanwaltschaft offensichtlich einen Vernichtungsfeldzug gegen unliebsame Personen", so der stellvertretende Klubobmann und Justizsprecher des BZÖ, Ewald Stadler, angesichts der Berufung der Staatsanwaltschaft am 03.05. gegen die Freisprüche im so genannten Tierschützerprozess.

Die Staatsanwaltschaft agiere hier auch bewusst und ganz gezielt gegen Neo-Justizministerin Beatrix Karl. Dieser Machtkampf werde aber auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen. Das BZÖ verlangt eine Justizreform mit den Schwerpunkten einer Wiedereinführung der Untersuchungsrichter und parlamentarischer Kontrolle der Staatsanwaltschaft.

Der BZÖ-Justizsprecher sieht im Tierschützerprozess ein Beispiel für die derzeitigen Missstände in der Justiz. "Dieses Verfahren ist ein Ermittlungs- und Staatsanwaltschaftsskandal. Alle Ermittlungen wurden einfach in das Hauptverfahren verlegt, wo die Beschuldigten ihre Unschuld beweisen mussten. Das Rechtsstaatsprinzip wurde hier bewusst umgedreht und Beschuldigte wurden durch die Verfahrenskosten systematisch finanziell ruiniert. Mit solchen Methoden muss Schluss gemacht werden!"

 

 Steinhauser: Mafiaparagraph sofort reparieren
Grüne: Große Erleichterung über Freisprüche
Wien (grüne) - "Eine traurige Polizei- und Justizposse hat ein Ende gefunden. Jetzt muss die Aufarbeitung der Instrumentalisierung von Polizei und Staatsanwaltschaft beginnen", reagiert der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser auf den Freispruch der 13 angeklagten TierschützerInnen in allen Punkten. "Der Mafiaparagraph § 278a muss sofort repariert werden. Die entsprechenden Anträge der Grünen liegen im Parlament", so Steinhauser.

Das Verfahren hat dem Ansehen der Justiz schweren Schaden zugefügt. Für Steinhauser hat der gesamte Prozess den fatalen Eindruck erweckt, dass sich die Beschuldigten entgegen der Unschuldsvermutung "frei beweisen" müssten. "So absurd das klingt, aber im Nachhinein hat es sich fast als Glück herausgestellt, dass die Polizei den Betroffenen einen Spitzel nachgeschickt hat. Mit den vertuschten Berichten ist die konstruierte kriminelle Organisation in sich zusammengebrochen", sagt Steinhauser weiter. Mit dem Urteil ist für den Grünen Justizsprecher die Causa aber alles andere als zu Ende. "Wir werden für Aufarbeitung sorgen", kündigt Steinhauser an.
     

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