IV-Präsident Sorger in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
16. 05. 11

 Sorger: Industrie treibt starkes Wachstum in Österreich
Neue Wachstumsprognose: 3,0 Prozent - Industrie trägt drei Viertel des Aufschwungs - Nachhaltige Strukturreformen angehen
Wien (pdi) - "Wir erwarten nun ein Wachstum von 3,0 Prozent für das heurige Jahr, da insbesondere die exportorientierte Industrie ihr Wachstum deutlich beschleunigen kann", sagte Dr. Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), in der ORF-"Pressestunde" am 15.05. Das deutliche Wachstum der österreichischen Wirtschaft von 1,0 Prozent alleine im ersten Quartal und der hohe Optimismus der heimischen Industriebetriebe machen diese Revision der Wachstumserwartung für 2011 möglich. "Die österreichische Industrie ist der Motor der konjunkturellen Erholung", betonte Sorger: Drei Viertel der konjunkturellen Erholung seit 2009 gehen auf das Konto der Industrie und des industrienahen Dienstleistungssektors. "Die Industrie hat in der Krise ihre Kostenstrukturen, ihre Verwaltung angepasst und profitiert nun vom Aufschwung. Die Maßnahmen, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Krise mitgetragen haben, kann man auch von anderen Sektoren - auch dem geschützten Bereich - erwarten." Um den Standort Österreich weiter erfolgreich zu halten brauche es aber auch den politischen Mut zu nachhaltigen Strukturreformen. Sorger verwies hier insbesondere auf die Bereiche Verwaltung, Pensionen und Gesundheit.

Die Krise und ihre Nachwirkungen hätten klar gezeigt: "Länder mit starker industrieller Basis wie Österreich oder Deutschland haben das Tal viel schneller durchschritten. Griechenland etwa hat diese Stärke nicht - die Auswirkungen sind uns bekannt", so der IV-Präsident. "Hier muss man aber auch die Leistung der Regierung in der Krise anerkennen, die mit den Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft eine gute Arbeit gemacht hat."

Zur aktuellen wirtschaftlichen Diskrepanz zwischen den wachstumsstarken Staaten der Euro-Zone - neben Österreich und Deutschland zählen dazu insbesondere auch die Niederlande und Frankreich - und Sorgenkindern wie Griechenland meinte Sorger: "Es ist eine Frage der europäischen Solidarität, dass wir Griechenland bei seinen Anstrengungen unterstützen. Die griechische Budgetdisziplin ist bisher gegeben und unsere Hoffnung daher ungebrochen, dass Griechenland zu einem globalen Vorbild für die Sanierung eines Staatshaushaltes werden könnte."

Auch Österreich wäre gut beraten, seine Staatsfinanzen rasch wieder in Ordnung zu bringen und die Verschuldung in Richtung der Maastricht-Grenze von 60 % des BIP zu drücken, meinte der IV-Präsident. "Wenn wir nicht bald strukturell gegensteuern verlieren wir an Produktivität und damit an Wohlstand", sagte Sorger. Produktivität müsse hart erarbeitet werden. Für eine Steigerung der Produktivität bedürfe es Anreizen zu Arbeit, Leistung und Mitverantwortung. Das beginne unmittelbar und kurzfristig bei einer geringen Steuer- und Abgabenbelastung und einer hohen Arbeitsflexibilität, mittelfristig bei einer guten Bildungs- und Forschungslandschaft und langfristig bei dem Vermeiden von negativen Anreizen wie das Subventionieren eines frühen Pensionsantritts oder einer ineffizienten öffentlichen Verwaltung.

Die Industriellenvereinigung verstehe sich als Anwältin der Industrie, des Standortes und der Leistungsträger in diesem Land. "Österreich IST bereits ein extrem stark umverteiltes Hochsteuerland mit der vierthöchsten Steuer- und Abgabenquote in der EU und über 50 Prozent Staatsquote", erteilte Sorger dem Ruf nach neuen und höheren Steuern eine Absage.

Industrie ist der Sachpolitik verpflichtet
"Der Bundeshaushalt ist viel zu stark durch vergangenheitsbezogene Ausgaben geprägt. Wenn ich mir das Budget ansehe, wandern über 40 Prozent der Ausgaben wandern in die Fehler der Vergangenheit, nur ein Viertel geben wir für die Zukunft (Bildung, Forschung, Infrastruktur) aus", kritisierte Sorger. Er forderte eine sofortige Abschaffung der "Hackler"-Regelung sowie eine Schließung von weiteren Frühpensions-Schlupflöchern. "Die beste Dividende, die ich kenne, ist die Zukunftsdividende", betonte der IV-Präsident. Der aktuelle Budgetplan sehe das Gegenteil vor: Die vergangenheitsbezogenen Ausgaben für Pensionen und Zinsen steigen weiter an, während die zukunftsbezogenen Ausgaben für Forschung, Bildung etc. abnehmen.

Die weiteren notwendigen Maßnahmen zur Sanierung des Haushaltes seien klar, sagte Sorger: "Unbedingte Fortsetzung der Budgetdisziplin. Keine Tabus bei Gesundheits- und Verwaltungskosteneinsparungen - etwa auch durch Gemeindezusammenlegungen. Keine Denkverbote bei Privatisierungen. Keine standortschädigenden neuen Steuern. Österreichs Industrie wird auch in Zukunft der Sachpolitik verpflichtet bleiben und ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nachkommen", so der IV-Präsident abschließend.

 

 Kräuter: Keine weitere Verschiebung von Staatsvermögen in private Taschen
Sorger ist Lobbyist für Vermögende, Banken und Intransparenz
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter weist den versuchten Anlauf von IV-Präsident Veit Sorger im Rahmen der heutigen ORF-Pressestunde zu weiteren Verschiebungen von Staatsvermögen in private Taschen strikt zurück. "Geht es nach Herrn Sorger soll nun verstärkt nach dem öffentlichen Eigentum der Länder und Gemeinden gegriffen werden. Diese Absichten werden seitens der SPÖ entschieden zurückgewiesen. Letzte Vermögenswerte der Bevölkerung von der Energieerzeugung in den Ländern bis zu den Wasserrechten in den Gemeinden werden nicht der Profitgier von Privatinvestoren ausgeliefert", stellte Kräuter gegenüber dem SPÖ-Pressedienst klar.

Wie erwartet zeigte sich Veit Sorger auch als Verteidiger der Politikerbeschimpfung und Gagenverdoppelung von Bankenboss Treichl. Kräuter: "Wenn Veit Sorger darüber hinaus zu den Managergehältern über 500.000 Euro feststellt, dass die Besteuerung mit 50 Prozent ohnehin sehr hoch sei, verweise ich ihn an die Statisik Austria, die aufgrund von Gestaltungsmöglichkeiten bei Gehältern über 500.000 Euro eine tatsächliche Steuerleistung von unter 39 Prozent ausweist."

Eine blamable Blöße gab sich der IV-Präsident im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Homepagefinanzierung von Karl-Heinz Grasser durch die Industrie. "Die Erstellung einer Homepage war vor 7 Jahren bekanntlich kein technisches Neuland, die dafür angegebenen 283.000 Euro waren dagegen Neuland an Dreistigkeit", sagte Kräuter.

Abschließend kritisiert Kräuter die Haltung Sorgers zu seiner Beteiligung am dubiosen Hypo-Zwischendeal: "Derzeit ist nicht einmal bekannt, wie viel der Fimbag-Aufsichtsratschef Veit Sorger profitieren wird. Die Schätzungen pendeln zwischen 300.000 und 700.000 Euro. Sich bei fragwürdigen Geschäften mit dem Zwischenparken auf einem Treuhandkonto zu begnügen und abzuwarten, bis Gras über die Sache wächst, ist kein gutes Beispiel an öffentlicher Moral und Anstand."

 

Themessl: Sorger spricht wirkliche Probleme nicht an
FPÖ-Wirtschaftssprecher forderte Chancengleichheit zwischen Industrie und KMU
Wien (fpd) - Ausgesprochen kritisch äußerte sich FPÖ-Wirtschaftssprecher NAbg. Bernhard Themessl zur ORF-"Pressestunde" mit IV-Präsident Veit Sorger. Dieser habe sich als ausgesprochen regierungsfreundlich erwiesen und die Maßnahmen zur Krisenbewältigung ausdrücklich gelobt, obwohl diese praktisch ausschließlich der Industrie und dem Bankenbereich zugute gekommen seien, während man die KMU sträflich vernachlässigt habe. Themessl forderte in diesem Zusammenhang, dass es endlich zu einer Chancengleichheit zwischen Industrie und kleinen und mittleren Unternehmen kommen müsse.

In der Pressestunde seien sehr viele Fragen offen geblieben, kritisierte Themessl. Das Problem der fehlenden Fachkräfte werde man auch durch mehr Zuwanderung und schon gar nicht durch die Rot-Weiß-Rot-Card lösen können. Themessl verwies darauf, dass es auch in den an Österreich angrenzenden Ländern einen eklatanten Mangel an Fachkräften gebe.

Sorger habe zwar auch das Problem angesprochen, dass es zuwenig Kinder in Österreich gebe, glaube aber wiederum, dies durch mehr Zuwanderung beheben zu können. Aber stattdessen müssen man in der Familienpolitik endlich umdenken, forderte Themessl. Man müsse auch mehr Augenmerk auf die Betriebe legen, um eigene Facharbeiter ausbilden zu können.

Ebenso müsse auch das AMS endlich umdenken und Kurse anbieten, um den Mangel an Facharbeitern abzulindern. "Einen arbeitslosen Fünfzigjährigen in einen Strickkurs zu schicken, kann ja wohl nicht der Sinn der Sache sein, wenn gleichzeitig Fachkräfte in der Metallbranche fehlen", meinte Themessl. Das AMS müsse hier endlich gezielt arbeiten und nicht wie bisher Beschäftigungstherapie anbieten.

Insgesamt habe Sorger versucht, die rot-schwarze Koalition schönzureden. Zu den wirklichen Problemen habe er sich verschwiegen, so Themessl.

 

Bucher: Teilen Sorgers Ansichten zur Griechenlandhilfe nicht
Wien (bzö) - "Das BZÖ versteht Sorgers Ansichten zur Griechenlandhilfe, teilt sie aber nicht" kommentierte BZÖ-Bündnis- und Klubobmann Josef Bucher die Aussagen des Chefs der Industriellenvereinigung in der ORF-"Pressestunde", denn es zeige sich, dass der Rettungsschirm wenig durchdacht sei. Dem drohenden Facharbeitermangel in Österreich müsse natürlich entgegengewirkt werden, so Bucher. Die von Sorger gelobte Rot-Weiß-Rot-Card sei aber der falsche Weg, weil sie dem unkontrollierten Zuzug Tür und Tor öffne. Bucher plädierte für die Umsetzung des BZÖ-Auchländerchecks.

 

 Kogler: Schluss mit dem Leistungsträger-Gerede á la IV und ÖVP!
Grüne: Wir lassen uns den Begriff Leistungsgerechtigkeit nicht länger verhunzen!
Wien (grüne) - "Viel Neues war heute nicht dabei", so der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, zur ORF-"Pressestunde" mit IV-Präsident Sorger. "Aber dieses aufgesetzte und abgedroschene Leistungsträger-Gerede von IV und ÖVP ist mittlerweile unerträglich -vor allem wenn es um Millionenerbschaften geht."

Denn: "Leistungsgerecht wäre eben, wenn die Einkommen aus Arbeit, gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit, steuerlich entlastet werden könnten, wenn endlich leistungslose Einkommen in die Ziehung kommen würden. Und das sind nun eben große Erbschaften und Schenkungen", so Kogler weiter.

"Sorger muss - genauso wie die ÖVP -zur Kenntnis nehmen, dass es viele Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in der Gesellschaft gibt - nicht nur Industrielle, Vermögende und Millionenerben. Wir Grüne werden uns den Begriff Leistungsgerechtigkeit nicht länger verhunzen lassen!"

 

 Oberhauser: ArbeitnehmerInnen sind die wahren Leistungsträger
Vermögende müssen mehr Beiträge zum Gemeinwohl leisten
Wien (ögb) - "Dass die Leistungsträger frustriert sind, wie Industriellenpräsident Veit Sorger in der ORF-"Pressestunde" berichtet, kann ich bestätigen" sagt ÖGB-Vizepräsidentin Dr. Sabine Oberhauser. "Wir meinen allerdings andere, wenn wir von Leistungsträgern sprechen: Wir reden von Krankenschwestern, IndustriearbeiterInnen, Angestellten im Handel, Lehrerinnen - von den ArbeitnehmerInnen im Land, die den Großteil der Steuerlast tragen. Sie sind zu Recht frustriert, weil sie sich ständig anhören müssen, dass Vermögende nicht bereit sind, größere Beiträge zum Gemeinwohl zu leisten."

"Dass Herr Sorger erneut gegen Vermögenssteuern auftritt, ist keine Überraschung", sagt Oberhauser. "Es lässt allerdings berechtigte Zweifel an seiner Aussage in der Pressestunde, die Industriellenvereinigung wäre kein "Hort der neoliberalen Schule" zu." Sorger argumentiere damit, dass Österreich bereits ein sehr hohe Abgabenquote und eine sehr hohe Sozialquote habe, und dass es genüge, Vermögenserträge zu versteuern. "Man soll keine Belastungen für die Leistungsträger und für das, was sie sich erarbeitet haben, einführen, sagt Herr Sorger auch zum Thema Erbschaftssteuer, was besonders unlogisch ist", so Oberhauser. "Erben ist überhaupt keine Leistung, und die meisten großen Erbschaften gibt es im reichsten Zehntel der Bevölkerung. Dass sie nicht bereit sind, zum Gemeinwohl beizutragen, dass erzeugt berechtigten Unmut bei den Leistungsträgern, die wir meinen."

Zum Thema Privatisierung widerspricht der ÖGB den Aussagen der Industrie. "Es ist sehr kurzsichtig, mit einmaligen Privatisierungserlösen die Zukunft planen zu wollen", sagt Oberhauser. "Was ich als Staat ein Mal verkaufe und wofür ich ein Mal Geld bekomme, das kann nicht eine jährliche, langfristige und sichere Einnahme aus Dividenden ersetzen. Der Erlös für wichtige Zukunftsprojekte, den sich Herr Sorger aus Privatisierungen verspricht, der wird sehr schnell verpufft sein. Sinnvoller ist es, strategisches Eigentum zu halten, wichtige Unternehmen der Grundversorgung in öffentlicher Hand zu halten und so die Versorgung der Bevölkerung zu garantieren. Dadurch kann langfristig mit jährlichen Einnahmen aus Dividenden geplant werden, das ist sinnvoller zur Finanzierung wichtiger Zukunftsprojekte." Der Verkauf der Austria Tabak sei sehr wohl ein Beispiel für eine fehlgeschlagene Privatisierung und nicht Resultat eines Strukturwandels, wie Sorger meinte, so Oberhauser. "Am Ende stehen nun die Beschäftigten ohne Jobs da, und die Gewinne sind irgendwo in Japan."

Oberhauser begrüßt Sorgers Aussagen zum Thema Solidarität mit Griechenland. "Auch für uns gibt es keine Alternative zur Solidarität der EU mit Griechenland, denn das würde am Ende der gesamten EU schaden, und auch wir lehnen ein Kaputtsparen in Griechenland ab." Nun gehe es darum, solidarisch zu sein und die Griechen dabei zu unterstützen, ihren Weg aus der Krise durch Wachstum und Beschäftigung zu meistern. "In Athen wird sich der Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes ab morgen mit genau diesem Thema befassen", sagt Oberhauser abschließend. "Wie kommen wir aus der Krise, wie schaffen wir in Europa Wachstum und Beschäftigung, wie beenden wir den Sparzwang zu Lasten der Menschen und was brauchen wir, um endlich den Weg in Richtung eines sozialen Europa zu gehen."
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
zurück