Zwischen Wachstumsoptimismus und Schuldensorgen
Wien (pk) - Der Budgetausschuss nahm am 11.05. unter der Leitung seines Obmanns Jakob Auer die Regierungsvorlage
zur Aktualisierung des Bundesfinanzrahmengesetzes 2012 bis 2015 in Verhandlung und bat zunächst die folgende
Ökonomen um ihre Expertenmeinungen zu den Plänen der Bundesregierung bei der Konsolidierung des Staatshaushalts:
Dr. Barbara Kolm (Friedrich August von Hayek Institut), Prof. Dr. Gerhard Lehner (WIFO), Dr. Markus Marterbauer
(WIFO), Univ.-Prof. Dr. Paolo Rondo-Brovetto (Universität Klagenfurt) und Mag. Bruno Rossmann (Arbeiterkammer).
Bei diesem mehrstündigen Hearing war die Bundesregierung durch Finanzministerin Maria Fekter und Staatssekretär
Andreas Schieder vertreten.
Andreas Schieder: Konsolidierung verbunden mit Zukunftssignalen
Finanzstaatssekretär Andreas Schieder leitete das Experten-Hearing mit einem Überblick zur mittelfristigen
Haushaltspolitik der Bundesregierung ein. Der Bundesfinanzrahmen bis 2015 soll mit Budgetdisziplin die Nachhaltigkeit
des Staatshaushalts sichern, zugleich aber Spielraum für Zukunftsinvestitionen schaffen. Schon die höhere
Flexibilität für die Budgetverantwortlichen in den Ressorts habe es ermöglicht, das Dezemberfieber
zu beseitigen, die finanzielle Effizienz zu erhöhen und zugleich die Planungs- und Entscheidungsspielräume
in den Ressorts zu erweitern. Bis 2015 soll das Defizit des Bundes auf 1,6 % BIP und des Gesamtstaates auf 2 %
zurückgeführt werden. Die Schuldenquote soll ab 2013 sinken. Das Offensivprogramm zugunsten von Bildung,
Forschung und Entwicklung wird bis 2015 verlängert, zusätzliche Ausgaben sind für den Pflegefonds
und die neue Mittelschule vorgesehen. Der Bundesfinanzrahmen enthält Vorsorgen für steigende Zinsen und
verbindet eine Politik schrittweiser Haushaltskonsolidierung mit Zukunftssignalen, sagte Staatssekretär Andreas
Schieder.
Barbara Kolm: Budgets können nur durch Einsparungen saniert werden
Die Expertin begrüßte die vorliegenden Ansätze, insofern sie rückläufige Defizite ab
2013, eine sinkende Schuldenquote ab 2014, eine Rückführung des Bundespersonals, thermische Sanierung
und mehr Forschungsförderung vorsehen. All das reiche aber zur Konsolidierung nicht aus, sagte Barbara Kolm
und plädierte für die Einführung einer Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild. Steigende Ausgabenobergrenzen
werfen nämlich die Frage auf, ob der angepeilte ausgeglichene Haushalt über den Konjunkturzyklus hin
erreichbar sein werde, vor allem wenn man die Risiken im Zinsenbereich, mangelnde Konsolidierungsbeiträge
der Länder und die Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf die Pflege- und Gesundheitsausgaben in
Rechnung stell. Um weitere Anleihen auf Kosten der Zukunft zu vermeiden, schlug Barbara Kolm vor, die Hackler-Regelung
zu streichen, Studiengebühren wieder einzuführen, eine rasche Verwaltungsreform zu beschließen,
kleine Gemeinden zusammenzulegen und Reformen in den Bereichen Wohnbauförderung und Gesundheitswesen anzugehen.
Auf Fragen der Abgeordneten präzisierte die Ökonomin ihre grundsätzliche Auffassung mit der Aussage:
"Staaten konsolidieren ihre Haushalte nie durch Einnahmen, sondern immer durch die Senkung von Ausgaben".
Wo einzusparen sei, habe der Rechnungshof in ausführlicher Weise bereits dargestellt.
Durch den europäischen Stabilitätsmechanismus werde die europäische Union zu einer Transferunion,
führte Kolm weiter aus, was Kosten für die Mitgliedsländer und auch Österreich mit sich bringen
werde. Um die Ziele im Bereich von Wissenschaft und Forschung zu erreichen, sei die Politik aufgerufen, Anreize
zu mehr Drittmittelfinanzierung zu geben. Wünschenswert sei auch eine Steuerreform, sagte Kolm, die sich aber
kritisch zu Vorschlägen einer Vermögensbesteuerung aussprach, da die Abgabenquote in Österreich
deutlich höher sei als in Deutschland, was hinsichtlich des Standortwettbewerbs für Österreich problematisch
sei.
Gerhard Lehner: Eine realistische Grundlage zur Budgetkonsolidierung
Der Budgetexperte qualifizierte den Entwurf zum neuen Bundesfinanzrahmen als eine realistische Grundlage, die hinsichtlich
Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt auf soliden Annahmen basiere. Die Ausgabenentwicklung sei schwach und daher
das Ziel erreichbar, das gesamtstaatliche Defizit bis 2015 auf 2 % zu senken. Realistische Annahmen registrierte
Lehner auch beim Pensionszuschuss und beim Zuschuss zur Arbeitslosenversicherung. Das angepeilte Konsolidierungsziel
sei aber nur erreichbar, wenn keine zusätzlichen Ausgaben beschlossen und die Einnahmen nicht reduziert werden.
Wichtig sei der Stabilitätspakt mit den Bundesländern, dies insbesondere auch deshalb, weil sich der
IWF und die Rating-Agenturen in jüngster Zeit stark für die finanzielle Lage der Regionen interessieren.
2015 werde die Konsolidierung aber nicht zu Ende sein, sagte Gerhard Lehner und plädierte dafür, weitere
Schritte zu setzen, da Deutschland rasch konsolidiere und im Jahr 2016 ein Defizit von 0,35% erreichen könne.
In seinen Antworten auf Fragen der Abgeordneten beurteilte Gerhard Lehner die Verlängerung des Finanzausgleichs
positiv und plädierte für Verhandlungen zwischen den Gemeinden und ihren jeweiligen Bundesländern
über finanzielle Entlastungsmöglichkeiten der Gemeinden. Denn Lehner warnte vor einer Einschränkung
der Gemeindeinvestitionen, dies würde die Lebensqualität der BürgerInnen und die Standortqualität
beeinträchtigen. "Die Symbiose zwischen Gemeinden und KMU ist für die österreichische Volkswirtschaft
wichtig", hielt Gerhard Lehner fest.
Die Zinsen sah der Ökonom im Finanzrahmengesetzentwurf nicht als unterbudgetiert an, weil ein großer
Teil der Finanzschuld fix verzinst sei. Zur Diskussion um eine Steuerreform hielt Lehner fest, er sehe keinen Spielraum
für Steuersenkungen; man stehe vor der Entscheidung: Konsolidierung oder Steuersenkung. Vereinfachungen im
Steuersystem hielt Lehner aber für möglich. Skeptisch äußerte er sich gegenüber vermögensbezogenen
Steuern, hielt aber den Entfall von Befreiungen im Bereich der Grundsteuer für diskutabel.
Im Pensionssystem seien wegen der langen Vorlaufzeiten bald Maßnahmen notwendig, um das faktische Pensionsantrittsalter
zu erhöhen.
Die optimistische Aussage seines Kollegen Markus Marterbauer, das gesamtstaatliche Defizit könnte 2015 bereits
gegen 1 % sinken, wollte Gerhard Lehner nicht teilen, hielt es aber für möglich, bei guter Konjunktur
unter 2 % des BIP zu kommen.
Markus Marterbauer: Haushaltssanierung braucht Wachstum
Der WIFO-Experte Markus Marterbauer fand zunächst lobende Wort für die Vorzüge des österreichischen
Systems der mittelfristigen Finanzplanung, das den "Schuldenbremsen" in Deutschland und der Schweiz klar
überlegen sei. Den vorliegenden Entwurf beurteilte Marterbauer als angemessene Grundlage für einen Konsolidierungspfad
bis 2015, wobei er es als besonders positiv darstellte, dass die vorgeschlagene Politik keine allzu negativen Auswirkungen
auf die Konjunktur und die Arbeitsmärkte haben werde. Die Wachstumsannahmen seien seiner Meinung nach eher
an der Untergrenze, er hielt daher schon 2011 ein gesamtstaatliches Defizit von 3 % des BIP für möglich.
Marterbauer sah keine Möglichkeiten für Steuersenkungen und empfahl wie sein Vorredner, der Konsolidierungspolitik
Vorrang einzuräumen. Für dringend hielt es der Experte, den Faktor Arbeit zu entlasten und Arbeitsloseeinkommen
und vermögen zu belasten.
Positiv beurteilte der Ökonom Investitionen in Bildung Wissenschaft und Forschung sowie in die Pflege. Das
seien Ausgaben, die nicht nur unter Kostenaspekten zu beurteilen seien, sondern hinsichtlich ihrer Bedeutung für
die Menschen und für die Volkswirtschaft insgesamt. Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen habe enormen
volkswirtschaftlichen Nutzen betonte Markus Marterbauer.
Problematisch sah der Experte die zunehmend engen finanziellen Spielräume der Gemeinden und empfahl dem Bund,
sich für eine Verbesserung der Gemeinde- und Städtefinanzen einzusetzen, etwa durch eine Erhöhung
des Grundsteueraufkommens.
In seinen Antworten auf Detailfragen der Ausschussmitglieder machte Markus Marterbauer darauf aufmerksam, dass
die Erhöhung des Defizits nicht Folge der Verschwendungssucht des Staates, sondern der von Banken ausgehenden
Finanz- und Wirtschaftskrise gewesen sei, einer Krise, die die Finanzierung von Sozialkosten erschwert habe und
deren Auswirkungen auf den Staatshaushalt nun durch eine Konsolidierungspolitik überwunden werden müsse.
Bis 2012 hielt Marterbauer den Bedarf der Universitäten für finanzierbar, sah dort ab 2013 aber Probleme
entstehen, die rasch gelöst werden sollen, weil von Forschung und Entwicklung sehr positive Auswirkungen auf
die Volkswirtschaft ausgehen. Angesichts einer nach wie vor hohen Jugendarbeitslosigkeit sprach sich der Experte
für Investitionen in Ausbildungsplätze, insbesondere auch im tertiären Sektor aus.
Beim Thema Privatisierungen räumte Marterbauer ein, im Bereich der Staatsunternehmen gelte es Effizienzziele
zu verfolgen, meinte aber, man sollte bei der Haushaltssanierung nicht auf Privatisierungen setzen, weil dies zu
Dividendenausfällen führe.
Der Europäische Stabilitätsmechanismus sei die richtige Antwort auf Probleme im Euroraum, sagte Marterbauer,
der im Falle Griechenlands einen Staatsbankrott oder ein Ausscheiden des Landes aus der Währungsunion als
"Worst Case" bezeichnete. Die Auflagen für Griechenland seien zu streng, man sollte das Wirtschaftswachstum
durch eine expansive Politik anregen, die Jugendbeschäftigung fördern und den betroffenen Menschen dort
helfen, empfahl der Wifo-Experte.
Vermögen werden in Österreich zu niedrig, Arbeit zu hoch besteuert, sagte Marterbauer. Mit einer geringen
Besteuerung der Vermögen jener 10 % der Haushalte, die von Vermögenserträgen leben können,
wären 8 Mrd. an jährlichen Erträgen möglich, rechnete Marterbauer vor und plädierte
zudem dafür, die Erbschaftssteuer wieder einzuführen und Lücken bei der Grunderwerbsbesteuerung
zu schließen.
Paolo Rondo-Brovetto: Produktivität der Verwaltung erhöhen
Der Universitätsprofessor stellte fest, dass sich die Struktur der Ausgaben gegenüber dem letzten Finanzrahmen
nicht wesentlich ändert habe und die Richtung der Konsolidierungspolitik richtig gewählt wurde. Kritik
übte der Ökonom aber an der Methode, die bei der Berechnung der Zinsenbelastung angewandt wurde, und
befürchte eine Zunahme der Inflation oder der Zinsen oder beides. Die dem Finanzrahmen zugrunde liegenden
Annahmen für die Einnahmen seien einerseits sehr optimistisch und zeigten andererseits, dass von einer Entlastung
des Faktors Arbeit in der näheren Zukunft keine Rede sein könne. Was fehle, seien Produktivitätssteigerungen
in der Bundesverwaltung. Positiv sah der Wirtschaftsfachmann die Entwicklung des Zinsen-Spreads gegenüber
Deutschland, der zuletzt stark abgenommen hat. Deshalb seien Ausgabeneinschränkungen sehr wichtig, weil die
Finanzmärkte wegen der immer transparenteren Staatsschulden den Zinsen-Spread erhöhen könnten, warnte
Paolo Rondo-Brovetto.
Produktivitätsreserven in der Verwaltung, nach denen der Experte von Abgeordneten gefragt wurde, sah Rondo-Brovetto
sowohl in der Verwaltung des Bildungswesens als auch bei den Gemeinden, wo größere Einheiten professionellere
Methoden in der Verwaltung nützen könnten. Optimale Größen wären auch im Spitalsbereich
wünschenswert, meinte der Ökonom. Bei den Pensionen sprach sich auch Rondo-Brovetto für ein höheres
faktisches Antrittsalter aus und meinte, dass in manchen Bereichen des Sozialwissens Überversorgung herrsche.
Viele Menschen wollen im Alter nicht in ein teures Heim gehen, sondern zu Hause gepflegt werden können.
Bruno Rossmann: Universitäten brauchen mehr Geld
Der Arbeiterkammer-Experte sah den neuen mittelfristigen Budgetpfad durch konjunkturelle Verbesserungen geprägt
und besprach die zusätzlichen Mittel im Bereich Bildung und Pflege sowie die Vorsorge für die höheren
Zinsen positiv. Überschätzt hielt Rossmann die zu erwartenden Umsatz- und Einkommenssteuereinnahmen und
unterschätzt die zu erwartenden Zuschüsse zur Arbeitslosenversicherung. Außerdem würden der
zunehmende Bedarf im Pflegebereich sowie der Universitäten Adaptierungen in den kommenden Jahren notwendig
machen. Die Vorlage lasse nicht erwarten, dass die geltenden Ziele in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und
Bildung erreicht werden. Bei den Universitäten müsse mit real weniger Mitteln gerechnet werden, auch
den Pflegesektor hielt Rossmann für unterdotiert und die Umweltpolitik für sträflich vernachlässigt.
Rossmanns Kritik richtete sich auch auf fehlende Strukturreformen, insbesondere auf die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten
im föderalen System; auch schlug der Experte einen bedarfsorientierten Finanzausgleich vor. Ideen für
Steuersenkungen erteilte Rossmann eine Absage: "Das wäre Leichtsinn", warnte er.
In seinen Antworten auf die Fragen der Mandatare teilte der Budgetexperte mit, dass Österreichs Beitrag zum
ESM nicht in den Finanzrahmen eingepreist sei. Griechenland könne seine Probleme nicht selbst lösen,
der Stabilitätsmechanismus sei unverzichtbar, reiche aber nicht aus, um das Wettbewerbsproblem der griechischen
Wirtschaft zu lösen. Griechenland braucht Umschuldungen samt Gläubigerbeteiligung und ein besseres Krisenmanagement
als bisher.
Strukturreformen bei den Gemeinden sollte man durch die Zusammenlegung von Verwaltungen erreichen und deren finanzielle
Situation durch die Erhöhung der Grundsteuer verbessern.
Beim Thema Zukunftsorientierung sprach sich Rossmann für mehr Geld für die Universitäten sowie für
ein leistungsgerechteres Steuersystem mit einer stärkeren Besteuerung leistungsloser Einkommen aus; das würde
den Mittelstand nicht treffen, zeigte sich Bruno Rossmann überzeugt.
Andreas Schieder: Produktivität der öffentlichen Verwaltung steigt
Staatssekretär Andreas Schieder ging in der Diskussion auf Fragen der Ausschussmitglieder ein und erklärte
rückläufige Ansätze im Umweltbereich mit dem Auslaufen konkreter Programme. Die Schätzung der
Zinsenbelastung basiere auf Einschätzungen der Bundesfinanzierungsagentur. Teilte der Staatssekretär
mit.
Die Produktivität in der öffentlichen Verwaltung sei in den letzten Jahren wesentlich gesteigert worden,
hielt der Staatssekretär fest. Es wurden 10.000 Planstellen eingespart, obwohl teilweise zusätzliche
Aufgaben zu bewältigen waren. "Österreich hat eine gut funktionierende Verwaltung", sagte der
Staatssekretär.
Jan Krainer für stärkere Besteuerung leistungsloser Einkommen
Abgeordneter Jan Krainer (S) konzentrierte sich in seinen Ausführungen auf die Diskussion über
eine Strukturreform im Steuersystem und erbat Auskunft von den Experten über Möglichkeiten, leistungslose
Einkommen stärker, den Faktor Arbeit aber geringer als bisher zu besteuern.
Abgeordneter Kurt Gassner (S) konzentrierte sich auf die Budgetprobleme der Gemeinden, die finanziell schon lange
an die Wand gefahren wurden, wobei die meisten von ihnen keine Schuld daran tragen. Man müsse verhindern,
dass die Gemeinden im föderalen Staat finanziell auf der Strecke bleiben.
Günter Stummvoll besorgt wegen hoher Sozialausgaben
Abgeordneter Günter Stummvoll (V) stellte fest, dass die globale Finanzkrise auch in den Budgets der kommenden
Jahre noch sichtbare Spuren hinterlasse. Österreich könne aber stolz auf seine erfolgreiche Krisenbekämpfung
und den bei der Haushaltskonsolidierung eingeschlagenen Pfad sein. Besorgt zeigte sich der Mandatar allerdings
wegen der hohen Ausgaben in den Bereichen Sozialversicherung, Pensionen, Soziales und Zinsen diese Untergliederungen
verbrauchen 62% der Netto-Steuereinnahmen, klagte Stummvoll.
Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) wies darauf hin, dass die Einsparung von 1 Mrd. in der Verwaltung 20.000 Arbeitsplätze
kostet und wandte sich gegen eine Erhöhung der Grundsteuer, weil dies auch die Mieten und die Lebenshaltungskosen
erhöhen würde.
Alois Gradauer warnt vor massiver Steigerung der Staatsverschuldung
Abgeordneter Alois Gradauer (F) zeigte sich besorgt wegen der Entwicklung der Staatsfinanzen und einer
Schuldenentwicklung, die unter Einbeziehung aller außerbudgetären Verbindungen auf über 90% des
BIP steige. Gradauer plädierte vehement dafür, dem Vorbild Deutschlands bei der Rückführung
der Schuldenquote zu folgen.
Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) regte an, Privatisierungen ins Auge zu fassen, um den Stand der Staatsschulden
zu reduzieren.
Abgeordneter Werner Königshofer (F) machte darauf aufmerksam, dass die Zahlungen, die Österreich künftig
unter dem Titel "EU Finanzkrise" zu leisten haben wird, im Finanzrahmengesetz nicht ausreichend berücksichtigt
seien.
Werner Kogler für mehr Leistungsgerechtigkeit im Steuersystem
Abgeordneter Werner Kogler (G) kritisierte die geringe Transparenz des Finanzrahmengesetzentwurfs, klagte über
weniger Geld für Bildung und Wissenschaft als behauptet werde und machte darauf aufmerksam, dass laut Aussage
des Vorsitzenden der Rektorenkonferenz die Universitäten im Jahr 2012 um 300 Mio. mehr brauchen werden,
wenn sie ihre Qualität halten sollen. Auch Kogler plädierte für eine Föderalismusreform, für
die Besteuerung leistungsloser Einkommen und sprach sich für mehr Leistungsgerechtigkeit im Steuersystem aus.
Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) meinte ebenfalls, dass angesichts von Einnahmenzuwächsen im Gesamtumfang
von 10,5 Mrd. bis 2015 mehr Geld für die Universitäten vorgesehen sein müsste, als der Finanzrahmen
ausweise. Es sei besorgniserregend, dass dieser Zuwachs zu zwei Dritteln für Zinsen und Pensionszuschüsse
aufgewendet werden sollen.
Josef Bucher: Mehr Ehrlichkeit in der Budgetpolitik
Abgeordneter Josef Bucher (B) konnte keinerlei Zukunftssignale in dem vorliegenden Entwurf zum Bundesfinanzrahmen
bis 2015 erkennen. Die enorme Verschuldungsentwicklung werde in unvertretbarer Weise auch in den kommenden Jahren
fortgesetzt, kritisierte Bucher. Der BZÖ-Klubobmann forderte mehr Ehrlichkeit in der Budgetpolitik und unterstrich
die Notwendigkeit von Reformen.
Abgeordneter Rainer Widmann (B) bezweifelte, dass der vorgelegte Konsolidierungspfad angesichts der steigenden
Zinsen eingehalten werden könne.
In einer abschließenden Verhandlungsrunde stellten die Abgeordneten Roman Haider (F), Elmar Podgorschek (F),
Werner Königshofer (F), Jan Krainer (S), Franz Kirchgatterer (S), Ruperta Lichtenecker (G), Heidrun Silhavy
(S), Dorothea Schittenhelm (V) und Rainer Widmann (B) weitere Zusatzfragen an die Experten.
Barbara Kolm nannte Irland, Tschechien, Neuseeland, Kanada und Schweden als Beispiele für Länder, die
in der Vergangenheit ihre Haushalte durch rasche Ausgabensenkungen erfolgreich konsolidiert haben.
Gerhard Lehner hielt es für möglich, bei der Arbeitgeberabgabe über eine Erhöhung oder Aufhebung
der Höchstbeitragsgrundlage und über eine gleichzeitige Senkung des Steuersatzes zu diskutieren.
Markus Marterbauer hielt fest, dass die verlangten Sparmaßnahmen in Griechenland die Konsolidierung des griechischen
Staatshaushalts erschweren. Bei der Erreichung der Kyoto-Ziele plädierte Marterbauer für reale Investitionen
statt des Ankaufs von Verschmutzungsrechten und trat beim Thema "Gender Budgeting" für den Ausbau
sozialer Dienstleistungen zugunsten der Frauen ein.
Paolo Rondo-Brovetto beklagte, dass der Finanzrahmen keine zusätzlichen finanziellen Ressourcen für den
im Parlament geplanten Budgetdienst vorsehe.
Bruno Rossmann mahnte die Verantwortung der öffentlichen Hand bei der Förderung von Forschung und Entwicklung
ein, weil Innovation ein wesentlicher Faktor für das Wirtschaftswachstum darstellt.
Finanzstaatssekretär Andreas Schieder listete eine Fülle von Maßnahmen und Beispielen für
erfolgreiche Projekte im Rahmen der Verwaltungsreform auf. |