EU-Ausschuss beschließt Stellungnahme
Wien (pk) - "Die Schutzstandards für öffentliche Dienstleistungen dürfen nicht
angegriffen werden". Dieses Postulat des Vorsitzenden des EU-Ausschusses des Bundesrats, Georg Keuschnigg
(V/T), wurde am 10.05. von sämtlichen Mitgliedern des Ausschusses geteilt. Untermauert wurde dies durch einen
einstimmig angenommen Antrag auf Stellungnahme, in dem der Wirtschaftsminister aufgefordert wird, den Schutz der
öffentlichen Dienstleistungen gegenüber den europäischen Handelspartnern auch auf europäischer
Ebene weiterhin offensiv einzufordern.
Grundlage für die Diskussion und die vorgenommene Klarstellung boten der Bericht der EU-Kommission und des
Europäischen Rats über Handels- und Investitionshindernisse 2011 sowie die Verhandlungen über ein
Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada, das über die derzeitigen WTO-Verpflichtungen hinausgehen
soll. Die Debatte darüber war vom Ausschuss am 13. April vertagt worden.
Hinsichtlich der Verhandlungen über das Abkommen mit Kanada, das die schrittweise beiderseitige Liberalisierung
des Waren- und Dienstleistungshandels anstrebt, standen die Befürchtungen der Bundesländer im Mittelpunkt
der Diskussion, das Recht der Mitgliedsstaaten, über Definition, Organisation und Anforderungen an öffentliche
Dienstleistungen selbst zu entscheiden, könnte seitens der Kommission in Frage gestellt werden. Die Bundesländer
haben daher im Vorfeld eine einheitliche Stellungnahme formuliert und darauf hingewiesen, dass der Vertrag von
Lissabon die Souveränität der Mitgliedsstaaten in diesem Punkt festschreibt, was vom Bundesratsausschuss
aufgenommen wurde.
Im Antrag auf Stellungnahme legen sich die Bundesrätinnen und Bundesräte fest, dass es zu keiner weiteren
Liberalisierung bzw. Deregulierung von geschützten öffentlichen Dienstleistungen kommen darf. Sie fordern
auch, am Schutzniveau der bisherigen horizontalen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen grundsätzlich
festzuhalten. Es müsse den Mitgliedsstaaten weiterhin offen stehen, abhängig von den jeweiligen nationalen
Gegebenheiten, ihre sensiblen öffentlichen Dienstleistungen in künftigen Verhandlungen abzusichern, meinen
die Mitglieder der Länderkammer. Die Verhandlungen dürften keineswegs so geführt werden, dass damit
die besondere Rolle der öffentlichen Dienstleistungen, wie im Vertrag von Lissabon festgelegt, ausgehöhlt
wird.
Bundesrat Stefan Schennach (S/W) wies darauf hin, dass die Bundesländer seit mehr als zehn Jahren die Bedeutung
der Daseinsvorsorge unterstrichen haben und nun die Kommission im Zuge eines Reflexionspapiers die umfassende horizontale
Ausnahme für öffentliche Dienstleistungen abschwächen möchte. Er erinnerte daran, dass sowohl
auf Grund der europäischen Sozialcharta als auch des EU-Vertrag selbst der Zugang zu den sozialen Dienstleistungen
gewährleistet sein muss, denn diese hätten eine enorme Bedeutung für die soziale Sicherheit. Weiters
berichtete Schennach, dass auch das europäische Parlament einen Bericht darüber erarbeitet, was unter
öffentlichen und kommunalen Dienstleistungen zu verstehen ist.
Nach weiteren Wortmeldungen der BundesrätInnen Elisabeth Kerschbaum (G/N), Monika Mühlwerth (F/W), Cornelia
Michalke (F/V), Franz Perhab (V/St) und Edgar Mayer (V/V) erläuterte der Vertreter des Wirtschaftsministeriums,
die Ausnahmen seien sehr allgemein gehalten und unpräzise formuliert. Der Kommission gehe es daher ausschließlich
um eine Präzisierung und nicht um eine Deregulierung bzw. Liberalisierung der Dienstleistungen. Ein endgültiger
Vorschlag liege aber noch nicht vor, man sei aber übereingekommen, das zu schützen, was schützenwert
ist. Das gelte nicht für den Mobilfunk und auch nicht für die Post, sagte er. Auch die Energieversorgung
sei bereits teilweise dereguliert. Dezidiert stellte er fest, dass das Recht der Nationalstaaten durch die Handelspolitik
nicht ausgehöhlt werden kann. |