Kirche ist Zeichen und Werkzeug für Einheit der Menschheitsfamilie   

erstellt am
23. 05. 11

Kardinal Schönborn beim „Fest der Begegnung“ mit nahezu 35 anderssprachigen katholischen Gemeinden in Wien
Wien (pew) - Die Kirche ist „Zeichen und Werkzeug“ für die Einheit mit Gott und für die Verbundenheit der ganzen Menschheitsfamilie, betonte Kardinal Christoph Schönborn am Abend des 22.05. bei einer Marienfeier im Sigmund-Freud-Park gegenüber der Votivkirche. Die Marienfeier war Höhepunkt und Abschluss eines „Festes der Begegnung“ unter dem Titel „Ich bin Christ in Wien“, bei dem die nahezu 35 anderssprachigen Gemeinden in Wien ihre Situation und ihr kulturelles Erbe präsentierten. Rund 25 Prozent der Katholiken in der Bundeshauptstadt haben Migrationshintergrund. Kardinal Schönborn sagte, es sei eine Freude, „im Herzen von Wien die Weltkirche zu erleben“. In der Bibel werde der bescheidene „Anfang der Kirche“ aus den Aposteln und einer kleinen Gruppe von Frauen und Männern geschildert. Heute sei die Kirche in allen Völkern und Kulturen präsent, niemand sei ausgegrenzt. In der Kirche dürfe es keine Nationalitätenkonflikte geben: „Als Christen sind wir alle Brüder und Schwestern“.

Bei der Marienfeier wurden vor einer Kopie der berühmten vietnamesischen Gnadenstatue der Madonna von La Vang von Repräsentanten aus Afrika, Asien, Amerika, Ozeanien und Europa je eine Kerze entzündet. Im Hinblick auf die Situation Europas erinnerte der Wiener Erzbischof daran, dass der Kontinent „die Gnade hatte, das Evangelium aufzunehmen“. Heute sei der Kontinent in Gefahr, das Evangelium zu verlieren und seine Wurzeln zu vergessen. Es sei ein Geschenk, dass jetzt Christen aus den anderen Kontinenten mit ihrer Glaubensvitalität nach Europa kommen.

In allen Völkern werde Maria geliebt, betonte Kardinal Schönborn: „Sie ist das Zeichen der innigsten Verbundenheit mit Gott“. Wie am Anfang der Kirche bete Maria auch heute „mit den Christen und für sie“.

Nach der Predigt des Kardinals zeigten Mädchen aus der vietnamesischen Gemeinde, die in klassische „Ao dais“ gekleidet waren, einen liturgischen Tanz zu Ehren Marias. Das Magnificat wurde zunächst von einer Lektorin aus der persischen Gemeinde auf deutsch verlesen und anschließend durch den Chor der assyrischen Gemeinde auf aramäisch – in der Muttersprache Marias – gesungen. Auch der Wiener Seelsorger der Apostolischen Kirche des Ostens, wie der offizielle Name der assyrischen Kirche lautet, nahm teil.

Vom ersten Pfingsten an
Auftakt des „Festes der Begegnung“ war die Messfeier mit Weihbischof Franz Scharl und Bischofsvikar Prälat Karl Rühringer in der Votivkirche. Ebenso wie die Maiandacht war die Messfeier von der bunten Vielfalt der Sprachen und musikalischen Ausdrucksformen gekennzeichnet. Bischofsvikar Rühringer, der seit vielen Jahren besonders mit Nairobi verbunden ist, begrüßte die in der Votivkirche versammelten „Altwiener“ und „Neuwiener“ Katholiken auch auf Kisuaheli, in der Umgangssprache Ostafrikas.

In seiner Predigt verwies Rühringer auf den biblischen Bericht über das erste Pfingstfest in Jerusalem, bei dem 17 Völker vertreten waren. Seit dieser „Geburtsstunde der Kirche“ bedeuteten die verschiedenen Sprachen, Hautfarben und Kulturen keine Grenzen mehr. Schon bei diesem ersten Pfingstfest hätten die Menschen einander verstanden, weil die „Muttersprache der Getauften“ die „Sprache der Wertschätzung, der Liebe, der Hilfsbereitschaft“ ist. Das „Fest der Begegnung“ solle für Wien ein Zeichen sein, dass der „Reichtum der Völker, der Reichtum der Kulturen“ ein Geschenk für diese Stadt sei.

Auch Weihbischof Scharl betonte, dass es darum gehe, im Glauben an Gott Brücken zwischen den Menschen zu bauen. Bischof Scharl hatte als zuständiger Bischofsvikar für die anderssprachigen Gemeinden gemeinsam mit Prälat Rühringer als Bischofsvikar für Wien-Stadt zu dem „Fest der Begegnung“ eingeladen.

Nach der Messfeier berichteten Seelsorger und Gläubige aus den anderssprachigen Gemeinden im Gespräch mit der Pastoraltheologin Regina Polak auf einer Bühne im Sigmund Freud-Park über ihre Situation. Jugendgruppen aus den Gemeinden zeigten Proben ihres musikalischen und tänzerischen Könnens: Ein Fest der Buntheit und der Vielfalt. Besonderen Eindruck machten ein Mädchen und ein Bursche aus der philippinischen Gemeinde (rund 20.000 Katholiken in Wien), die berichteten, wie selbstverständlich es bei den Filipinos sei, „immer zu beten“, beim Aufstehen, beim Essen, bei der Arbeit, beim Studium, beim Schlafengehen. Kirche sei für die Filipinos wie „eine zweite Familie“.

Der für die Seelsorge in den anderssprachigen Gemeinden zuständige Rektor Johannes Gönner betonte, dass vor allem die Gemeinden aus Afrika, Asien und Lateinamerika in Zukunft durch ihre Jugendlichkeit und Lebendigkeit das Leben der Kirche in Wien mitprägen werden. Zweifellos werde in diesen Gemeinden in der nächsten Generation die deutsche Sprache vorherrschen, „aber sie werden ihre Kultur und ihre Traditionen nicht vergessen“. Die Begegnung mit diesen Gemeinden sei auch für die bodenständigen Wiener Katholiken spannend. Das gelte etwa für die Sonntagskultur; für die Katholiken aus dem „Süden“ sei es ganz selbstverständlich, am Sonntag ausgiebig miteinander zu beten, zu feiern, zu leben.

Auch Regina Polak unterstrich, dass es einen ungeheuren Vorteil bedeute, wenn man „in zwei Kulturen lebt und betet“. Das bedeute auch viele „Zusatzkompetenzen“, vor allem im Hinblick auf das Miteinander. Nach dem „Fest der Begegnung“ gehe es darum, die anderssprachigen Gemeinden noch viel stärker „sichtbar“ zu machen und ihre Erfahrungen zur Sprache zu bringen.
     
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